Datenschutz

Weichert verschickt erste Abmahnungen wegen Facebook

07.10.2011 - Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) Dr. Thilo Weichert hat seine Ankündigung wahr gemacht und Abmahnungen an Behörden und Unternehmen aus dem nördlichen Bundesland verschickt, die Facebook-Seiten betreiben oder den "Gefällt mir"-Knopf auf ihrer Website eingebunden haben. Neben zehn schleswig-holsteinischen Firmen erhielt auch die Staatskanzlei von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen einen "blauen Brief".

Das Land Schleswig-Holstein erklärte auf der eigenen Facebook-Seite, dass diese vorerst bestehen bleibe. Die Seite verzeichnet aktuell mehr als 13.000 "Fans". Regierungssprecher Knut Peters sagte gegenüber den "Lübecker Nachrichten", dass sich die Seite für das Land gerade in Krisenzeiten bewährt habe und erinnerte an "gute Erfahrungen" bei der Bekanntmachung von Schulausfällen im Winter und ersten Informationen zur Ehec-Krise.

Staatssekretär Dr. Arno Wulff, Chef der Staatskanzlei des Landes, hat am 6. Oktober ein erstes Gespräch mit Weichert geführt. "Wir sind hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit der Informationsangebote der Landesregierung weiter unterschiedlicher Auffassung. Ein Brief des Datenschutzbeauftragten ist in der Staatskanzlei erst heute eingegangen. Daher können die von ihm angesprochenen Bedenken heute auch noch nicht abschließend bewertet werden", sagte Wulff am selben Tag. Die Landesregierung wolle die Ergebnisse der Innenministerkonferenz abwarten. Auf Vorschlag von Schleswig-Holstein hätten die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder die jeweiligen Innenminister um deren datenschutzrechtliche Bewertung gebeten. Die nächste Innenminister-Konferenz ist für den 9. Dezember terminiert. "Danach wird die Landesregierung entscheiden, wie die vom Datenschutzbeauftragten vorgetragenen Bedenken mit den Grundsätzen der Informationspflicht und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen sind", so Wulff weiter.

"Keine Bußgelder im ersten Schritt"

Weichert fordert die Abschaltung der Facebook-Seiten bzw. die Entfernung des "Gefällt mir"-Buttons. Er bestätigte gegenüber ONEtoONE die Abmahnungen. Offenbar sind damit jedoch noch keine Bußgeldforderungen verbunden: "Das ULD hat nie angedroht, dass es Bußgelder in Höhe von 50.000 Euro verhängen werde - schon gar nicht als ersten Schritt oder gar gegen Betreiber kleiner privater Webseiten. Das ULD sicherte von Anfang an zu, dass die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Opportunität strikt beachtet werden", heißt es in einer Pressemitteilung des ULD. In einer älteren Mitteilung heißt es: "Ziel ist die Verwirklichung des Datenschutzes, uns geht es nicht um Wettbewerbsverzerrungen oder das Drangsalieren kleiner Betreiber."

Weichert vertritt die Position, dass Facebook durch die Speicherung und Verarbeitung von Daten von Usern, die bei der Nutzung von Facebook-Seiten und des "Gefällt mir"-Buttons anfallen, gegen europäisches und deutsches Datenschutzrecht verstößt. Er stört sich ebenfalls an die Weitergabe der Daten in die USA. Facebook weist die Kritik des ULD zurück. Nach Weicherts Vorstoß vor wenigen Wochen hat das Unternehmen den Dialog mit dem schleswig-holsteinischen Datenschützer sowie dem Bundesinnenminister Friedrich aufgenommen. Dem ULD ließ das Unternehmen eine schriftliche Stellungnahme zukommen, die die Behörde auch auf ihrer Website als PDF zum Download anbietet. Richard Allen, europäischer Cheflobbyist von Facebook, erklärte bei einer gemeinsamen Anhörung mit Weichert vor dem Rechts- und Innenausschuss des Landtags von Schleswig-Holstein, dass die Betreiber des sozialen Netzwerks künftig die IP-Adressen von Nutzern aus Deutschland nicht speichern wollten, wenn die Nutzer den "Gefällt mir"-Button drücken. Weichert forderte eine schriftliche Erklärung sowie die Möglichkeit der Überprüfung.

Kritik von Branchenverband

Mit seinem Vorgehen erntete Weichert teilweise deutliche Kritik. "Dr. Weicherts Kampf gegen Unternehmen und die Bevormundung von Internetnutzern ist sinnlos und gefährlich. Nach außen entsteht der Eindruck, dass Datenschützer die Kommunikation ins 20. Jahrhundert zurückführen wollen", sagte beispielsweise Oliver Süme, Vorstand für Recht, Regulierung und Politik beim Verband der deutschen Internetwirtschaft Eco. "Wir wollen alle einen hochwertigen Datenschutz, und die deutsche Internetwirtschaft arbeitet hier im internationalen Vergleich vorbildlich. Mit seinem Alleingang schadet Dr. Weichert diesem Anliegen massiv und erweckt einen völlig falschen Eindruck."

Weichert wies die Kritik heute in einer Pressemitteilung zurück. Das ULD wisse, was es tue, es gehe ihm nicht um Skandalüberschriften in der Presse, sondern um eine fachliche Klärung. "Bisher wurde nur von Facebook selbst bestritten, dass sein Angebot gegen deutsches und europäisches Datenschutzrecht verstößt; dies ist das Thema des ULD. Alle Beteiligten sollten auf dem Boden bleiben, sowohl was die technischen Fakten als auch die rechtlichen Bewertungen betrifft. Alle sollten ein Interesse an einer schnellstmöglichen Klärung auf einer sachlichen Ebene haben. Wir stehen hierfür bereit", so Weichert. (re)

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