von Gastbeitrag
Kundenmagazine sind ein wichtiges Instrument in der Unternehmenskommunikation. Aber immer wieder müssen sie sich den Fragen stellen, ob sie auch tatsächlich einen relevanten Beitrag zum Kommunikationsziel der Unternehmen leisten. Die repräsentative Studie "CP 360 Grad Handel" liefert für die Handelsbranche neue Erkenntnisse zur Wirkung von Kundenmagazinen an sich und im Zusammenspiel mit anderen Kommunikationsinstrumenten.
Märkte sind Gespräche (...) Wenn ihr wollt, dass wir uns mit euch unterhalten, dann erzählt uns was. Zur Abwechslung mal etwas Interessantes." Mit einem Paukenschlag hielten 1999 vier Autoren im "Cluetrain Manifesto" der herkömmlichen Werbeindustrie den Spiegel vor - und brandmarkten die übliche Top-down-Kommunikation der Unternehmen als "künstlich und aufgesetzt, wie die Sprache am französischen Hof im 18. Jahrhundert". Das Internet erlaube erstmals "richtige" Gespräche zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zwinge die Unternehmen, ehrlich und mit einer menschlichen Stimme zu kommunizieren. Die rapide Entwicklung von Social Media, ihren Anhängern und Themen, aber auch den nicht immer geglückten Versuchen der Unternehmen, diese neue Art der Kommunikation zu nutzen, zeigt heute, wie richtig die Thesen des "Cluetrain Manifesto" sind.
Allerdings: Authentische Kommunikation ist nicht vom Internet abhängig, sondern lässt sich in allen Formaten führen. Es kommt auf die Einstellung des Unternehmens genauso an wie auf das geeignete Medium. Ein 30-Sekunden-Werbespot kann eben nur eine sehr begrenzte Information transportieren. Wer aber ein Thema oder eine Botschaft nicht nur in "Soundbites" oder Überschriften kommunizieren will, braucht Platz für die Darstellung und die Zeit seiner Gesprächspartner - und beide sind im heutigen Medienbetrieb äußerst rare Ressourcen und laufen der herrschenden Logik des "schneller - kürzer - einfacher" eigentlich entgegen. Trotzdem gibt es sie noch, die Kommunikationsformen, die Empfänger ernst nehmen, ihnen etwas anbieten, aber auch Zeit verlangen. Das klassischste Format hierbei ist zweifelsohne die Kundenzeitschrift.
Eigentlich eines der ältesten Instrumente der Unternehmenskommunikation - die Briefe der Fugger an ihre Kunden aus dem 16. Jahrhundert gelten als eine der ersten Formen dieser Unternehmenskommunikation -, bietet die Kundenzeitschrift wie kaum ein anderes Medium doch die Möglichkeit, Themen und Botschaften relativ ausführlich, in journalistischer Qualität und auch diskursiv darzustellen. So nutzt fast jedes 13. Unternehmen diese Möglichkeit der Kommunikation mit seinen Kunden und investiert in eine Kundenzeitschrift - angefangen beim Mittelstand bis hin zu den Großunternehmen (DP-DHL Dialogmarketing-Monitor 2005-2011). Insgesamt rund 12.000 Titel sollen sich Schätzungen zufolge derzeit auf dem deutschsprachigen Markt befinden. Ob aufwändig gestaltet oder günstig produziert, nur einem exklusiven Adressatenkreis postalisch zugestellt oder direkt am Point of Sale ausgelegt, ausgerichtet auf Business-to-Business-Kommunikation oder auf Business-to-Consumer - das Feld der Kundenzeitschriften weist ein hohes Maß an Heterogenität auf und ist deshalb auch kaum über einen Kamm zu scheren.
12.000 Titel auf dem deutschen Markt
Eines der am häufigsten verwendeten Unterscheidungskriterien in diesem Bereich ist die von Claudia Mast (2005) entwickelte Taxonomie zwischen qualitativen und quantitativen Kundenzeitschriften. Quantitative Kundenzeitschriften werden in hoher Auflage hergestellt und unspezifisch in Geschäften ausgelegt oder über Postwurfsendungen gestreut. Die Themen sind stark produktfokussiert und sollen den Leser zum Kauf aktivieren. Diese Art der Kundenzeitschrift ist überwiegend im Konsumgüterbereich zu finden. Im Gegensatz dazu werden qualitative Kundenzeitschriften an einen eng abgrenzbaren Adressatenkreis geschickt. Sie ähneln in Aufmachung, Erscheinungsweise, Themenauswahl und Sprache journalistischen Medien und erhalten dadurch eine hohe Glaubwürdigkeit. Die Inhalte dienen nicht unmittelbar dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen, sondern wollen mit neutraler Berichterstattung rund um das Marktumfeld des Unternehmens Glaubwürdigkeit und Kompetenz vermitteln. Sie bieten die Möglichkeit, zentrale Kernaussagen und Botschaften mit informativen Berichten über Aktivitäten des Unternehmens zu belegen. Für die Unternehmen bietet diese Bandbreite an Ausprägungen vielfältige Möglichkeiten, mit ihren Lesern zielgruppengerecht zu kommunizieren und dadurch letztlich auch die Kunden enger und langfristiger an das Unternehmen zu binden. Gerade in Branchen, die einem hohen Verdrängungswettbewerb ausgesetzt sind, oder in Branchen, bei denen zwar nur selten Transaktionen vorgenommen werden, diese dann aber - wie in der Finanz- und Versicherungswirtschaft - sehr langfristig und umsatzträchtig sind, ist es notwendig, kontinuierlich mit den Kunden in Kontakt zu bleiben.
Vielfältige Möglichkeiten für Unternehmen
Doch trotz der Chancen für einen authentischen Dialog zwischen Unternehmen und Empfänger scheinen Kundenzeitschriften - so hat es den Anschein - in den letzten Jahren unter Druck gekommen zu sein, und zwar paradoxerweise gerade durch das Internet, das doch erst der Forderung nach Authentizität Nachdruck verleiht. Denn die Explosion elektronischer Medien stellt die Frage, ob die Zielgruppen denn überhaupt noch Gedrucktes lesen und sich nicht eh schon auf Facebook, Twitter oder Xing informieren. Wäre denn ein direkter Dialog zwischen Unternehmen und Kunden über Produkte, Dienstleistungen, Erwartungen und Kritik nicht ungleich wertvoller und nachhaltiger als eine "klassische" Top-down-Kommunikation wie in einem Kundenmagazin? Mit Themen und Inhalten, die die Leser bestimmen und die nicht das Unternehmen vorgibt. Ist eine solche "Ein-Weg-Kommunikation", abgemildert durch ein paar Responselemente und Coupons, nicht furchtbar altmodisch? Und lassen sich die ganzen Inhalte nicht viel kostengünstiger online darstellen? Sie lassen sich schneller ändern, billiger produzieren, es gibt keine Distributionswege, und umweltfreundlicher ist das auch - kein einziger Baum würde abgeholzt für auch nur ein Blatt Papier.
Steigende Ausgaben für Corporate-Publishing-Medien erwartet
Diesen Argumenten gegenüber haben sich die Verteidiger von Corporate-Publishing-Medien aber offensichtlich gut geschlagen. Denn zwischen 2004 und 2007 stiegen die Ausgaben der Unternehmen für Kundenzeitschriften auf insgesamt rund 2,9 Mrd. Euro an, gingen seitdem auf immer noch 2,5 Mrd. Euro zurück (DP-DHL Dialogmarketing-Monitor 2005-2011). Und sowohl Dienstleister wie Unternehmen erwarten fast einhellig, dass der Bereich Corporate Publishing in Zukunft wachsen wird: Vier von fünf befragten Unternehmen und fast alle Dienstleister waren im Frühjahr 2011 dieser Auffassung (CP-Barometer 2011). Von einer Krise kann im CP also keine Rede sein, betrachtet man die nüchternen Fakten. Trotzdem bleibt aber die Frage: Wie gut wirken Kundenzeitschriften? Wie sehr sind sie ihr Geld wert? Wo kann man gegebenenfalls einsparen, ohne die Wirkung zu beeinträchtigen? Wie wirken sie in Zusammenhang mit anderen Kommunikationsmedien? Interessanterweise liegen aber genau zu diesen Fragen bislang nur wenige aussagekräftige Studien vor (z. B. TNS 2009). Und auch von der akademischen Forschung her gibt es nur vereinzelte empirische Forschungsergebnisse (z. B. Engelmann 2009). Die Forschung für dieses Feld entspricht bei Weitem nicht der Bedeutung dieser Gattung für das Marketing, oder dem Stand, wie sie für andere Kommunikationsformen (z. B. Anzeigen-, TV-, Radio- oder auch Online-Werbung) bereits seit langem besteht. Ein Grund für diesen Mangel ist sicherlich auch die oben beschriebene Heterogenität des Feldes.
Kaum akademische Forschungen
Was also können CP-Medien leisten, was müssen sie leisten? Folgt man den aktuellen Auffassungen über Anforderungen, die an Medien gestellt werden (Pfannenberg / Zerfaß 2004), so müssen sie auf der Output-Dimension (Leistung) effizient sein, d. h., die Botschaften der Kommunikation müssen den Zielgruppen zugänglich (Reichweite, Aktualität und Umfang der Information) sein; Gestaltung und Aufbereitung der Botschaften müssen die Nutzbarkeit des Mediums für die Rezipienten (Usability) fördern; auf der Outcome-Dimension (direkte Zielgruppenwirkung) wirksam sein, die Zielgruppen müssen die Medien nutzen und die Botschaften wahrnehmen, und idealer weise soll diese Wahrnehmung auch Verhaltensänderungen in der Zielgruppe bewirken; auf der Outflow-Dimension (betriebswirtschaftliche Wirkung) einen Beitrag zur Erreichung strategischer Ziele (Leistungsführerschaft/Excellence, Marktposition, Innovation) wie auch finanzieller Ziele (Ertragsentwicklung, Ergebnisentwicklung, Cashflow) erbringen. Offensichtlich gelingt es Kundenmagazinen, eine Reihe dieser Postulate sehr gut zu erfüllen, wie eine aktuelle und umfassende Studie zum Corporate Publishing des Siegfried-Vögele-Instituts und TNS Emnid aufzeigt. Gerade deshalb werden Kundenmagazine auch in Zukunft für Unternehmen ein wichtiges Kommunikationsinstrument bleiben. Dazu wurden in einer repräsentativen Studie vom Siegfried-Vögele-Institut Königstein zusammen mit TNS Emnid und der Deutschen Post 19 Kundenmagazine aus den Branchen Lebensmittel-Einzelhandel, Drogerien/Parfümerien und sonstiger Handel untersucht. Die Studie ist repräsentativ für 13,77 Mio. Haushaltsentscheider in Deutschland. Über 2.000 Online-Interviews zeigen auf der Output-Dimension, welche Reichweite, Nutzung und Akzeptanz die wichtigsten und auflagenstärksten Magazine des Handels haben. Für jedes Kundenmagazin wurden zudem die Kontakt-quantifizierenden (Nutzungsintensität, Leserdauer) und die Kontakt-qualifizierenden (Leser-Blatt-Bindung, Titelprofil) Daten erfragt.
Dabei zeigt sich, dass die abgefragten Magazine mit einer Brutto-Reichweite von rund 25 Mio. Lesern eine außerordentlich hohe Wahrnehmung erzielen - und damit eine außerordentlich gute Kontaktchance für Unternehmen bieten, sich ihren Kunden zu präsentieren; intensiv und lange gelesen werden - mit durchschnittlich knapp 25 Minuten Aufmerksamkeit sticht dieses Kommunikationsmittel aus jeder anderen Form der Kommunikation deutlich hervor; und eine solch hohe Akzeptanz genießen, dass rund zwei Drittel der Befragten diese auch weiterempfehlen würden. Dies gilt vor allem für direkt zugestellte Kundenmagazine. Im Gegensatz zu Magazinen, die am Point of Sale zur Mitnahme ausliegen, werden sie nicht nur regelmäßiger, intensiver und länger genutzt, sondern auch häufiger weiterempfohlen. Sie haben eine höhere Leser-Blatt-Bindung und wirken exklusiver. Das bedeutet: Kundenmagazine finden zunächst einmal ihre Leserschaft, und diese Leserschaft schätzt sie durchaus.
Das Angebot, mit guten Inhalten beim Leser auch Zeit einzufordern, wird von den Lesern auf jeden Fall angenommen. Der Vorteil von Kundenmagazinen ist dabei eben auch die Möglichkeit, über ihren Gebrauch frei verfügen zu können: Ich lese das Magazin, wann ich es möchte, und kann ihm dann aber auch meine volle Aufmerksamkeit zuwenden - im Idealfall wird das Kundenmagazin zur entspannenden Nachmittagslektüre, zumindest aber zum nachgefragten Informationsmedium. Auf der Outcome-Dimension wurden die relevanten Performance-Parameter aller Handelsunternehmen, die eines der getesteten Kundenmagazine herausgeben, bewertet. Für jedes Unternehmen wurden der Sales-Funnel (Bekanntheit, Relevant Set, Einkaufsverhalten/-häufigkeit), die relevanten Image-Dimensionen und die Kundenbindung erhoben. Dieses Studiendesign erlaubt es, für jedes Unternehmen eine Analyse seiner Kunden durchzuführen: Welches Image hat das Unternehmen im Vergleich zu den Wettbewerbern? Wie stark ist die Kundenbindung? Wo sind die "Bottlenecks" im Sales-Funnel?
Kundenmagazine positiv fürs Unternehmensimage
Auch hier zeigt sich: Generell erhöhen Kundenmagazine die Bindung an ein Unternehmen und wirken sich positiv auf das Unternehmensimage aus. So liegen die Zufriedenheit mit dem Unternehmen und die Bereitschaft, dieses Unternehmen weiterzuempfehlen, bei Lesern höher als bei Nichtlesern. Leser haben über alle Dimensionen der Kundenbindung hinweg positivere Werte als die Nichtleser. Solch positiven Effekte müssen sich die Herausgeber jedoch hart erarbeiten: Die Leser sind anspruchsvoll und erwarten neben nützlichen Tipps vor allem relevante Informationen und einen gewissen Unterhaltungswert von den Magazinen. Schließlich stellt sich noch die Frage, wie gut Kundenmagazine gegenüber anderen Medien abschneiden - sind sie also auch betriebswirtschaftlich ein sinnvolles Medium? Im Fokus stehen damit die Kontakt-Qualität und die Aufmerksamkeitsleistung der wichtigsten Kommunikationskanäle im Handel. Dabei werden die Kundenmagazine folgenden Kanälen gegenübergestellt:
Dialog (Mailing, Prospekt, Handzettel)
Online (Website, E-Mail-Newsletter, Social Media)
Print (Anzeigen- und Beilagen-Werbung)
Sonstige (TV-, Radio-, Plakat-Werbung)
Aufgrund ihrer hohen Akzeptanz und Aktivierungsleistung spielen Kundenmagazine eine zentrale Rolle im Kommunikationsmix des Handels. Generell werden Kundenmagazinen von den Lesern besondere Qualitäten zugesprochen: Sie bestechen durch Authentizität, Informationsgehalt, Unterhaltungswert, Nutzen und Überzeugungskraft und setzen sich in diesen Dimensionen von allen anderen Medien teilweise deutlich ab. Leser haben insgesamt über alle Imagedimensionen ein viel besseres Bild vom Unternehmen als Nichtleser. Insbesondere rationale Nutzenaspekte (Produktvielfalt, Preis-Leistungs-Verhältnis), aber auch Sympathie und Serviceorientierung sind bei Lesern viel deutlicher ausgeprägt. Kundenmagazine erbringen also Leistungen, die kein anderes Medium in dieser Form erbringen kann: Sie erreichen eine Vielzahl von Kunden, bei denen sie eine hohe Akzeptanz genießen. Und ihre Leistungen gehen über eine reine Zerstreuung hinaus: Sie wirken positiv auf das Unternehmensimage und stärken die Bindung der Leser an das Unternehmen. Und sie sind betriebswirtschaftlich sinnvoll. Denn wer kann es sich leisten, rund 25 Minuten Aufmerksamkeit über die klassischen Medien TV oder Radio einzukaufen?
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