von Gastbeitrag
Im vergangenen Monat haben Sie gelesen, welche Hürden und kritischen Punkte es bei crossmedialer Kommunikation zu identifizieren gilt. Im zweiten Teil des Beitrags von Prof. Dr. Heinrich Holland erfahren Sie anhand von Auszügen aus acht Experteninterviews, wie Sie den Herausforderungen der vernetzten Kommunikation erfolgreich begegnen.
Laut Helma Finkenauer-Linnerth (Media-Expertin und Strategin für Offline- und Online-Medien) besteht gerade im Bereich Social Media noch immenser Handlungsbedarf für beteiligte Akteure. "Der personelle Aufwand darf dabei nicht unterschätzt werden, und eine Social Media Guideline ist eine zwingende Voraussetzung." Zudem müsse "immer wieder spannender Content geliefert werden", ergänzt Martin Bauer (Managing Partner bei Wunderman). "Man muss sich auch hier zunächst die Frage nach der sinnvollen Eingliederung der Social-Media-Strategie in die Gesamtkommunikation stellen", so Bauer weiter. "Die neuen medialen Möglichkeiten verlangen innovative Konzepte. Beim klassischen Dialogmarketing haben Marketers `den Hut` auf und können direkt steuern." Kers-tin Jourdan (Ressortleiterin Direktmarketing bei der ING-DiBa) betont, dass im Gegensatz dazu nun auch der Kunde zum Sender von Botschaften und Markenbotschaften werde.
So führt Social Media automatisch zu einem gewissen Kontrollverlust. "War der Sales Funnel früher relativ präzise planbar, wird eine Prognose in Zeiten der partizipativen Kommunikation deutlich erschwert", so André Lutz (Geschäftsführer Defacto Kreativ). Zudem gibt es "nichts Langweiligeres als langweiligen oder gar keinen Content in Social Media", fügt Martin Bauer hinzu. "Die Ideen müssen von Beginn an interaktiv konzeptioniert sein, um auch im Sinne crossmedialer Vernetzung ins Web 2.0 verlängert werden zu können."
Einig sind sich die Experten darin, dass der Hype um Social Media seinen Höhepunkt bereits passiert hat und "zunehmend ernsthafter über eine strategische Einbindung und Integration von Social-Web-Applikationen in die Kommunikationsstrategie nachgedacht wird", so Ingo Grosch (Senior Strategic Planner bei Young & Rubicam). Der personelle Aufwand sei jedoch im Vergleich zum technischen Aufwand immens. Unternehmen müssten eine Social Guideline entwickeln und implementieren und für jede Eskalationsstufe schon im Vorfeld klare Zuständigkeiten und Richtlinien definieren. Nicht jedes Unternehmen könne mit der "24/7 always on"-Mentalität umgehen, sagt Martin Bauer.
Auch das Zusammenspiel zwischen Print und Online ist den Experten zufolge in der Anfangsphase sehr fehleranfällig. Wichtig sei es, wie bei jeder Kommunikation, dass die Idee bzw. die Story bereits im Vorfeld für den Konsumenten attraktiv und interaktiv geplant wird. Nur wenn der Konsument an einem gewissen Punkt abgeholt werde, zeige sich die gewünschte Wirkung, so Marco Fischer (Geschäftsführer Die Firma). Die Praxis spricht hierbei von der so genannten "Customer Journey", also der kommunizierten Erlebniswelt, die für den Bedarfsträger den eigentlichen Nutzen des Kommunikationsobjektes darstelle.
Die Problematik vorhandener Organisationsstrukturen auf Agentur- sowie Unternehmensseite birgt eine große Herausforderung für das crossmediale Dialogkampagnen-Management der Zukunft. Als Lösungsansatz sollten veraltete Unternehmensstrukturen und das Silodenken aufgebrochen werden, fordert Marco Fischer. "Steering Commitees", die sich um Schnittstellen kümmern, Think-Tanks oder Innovationszirkel könnten dabei helfen, die erfolgreiche Planung von crossmedialen Kampagnen überhaupt zu ermöglichen.
Wenn es die Zielgruppe oder die Zielsetzung nicht erlaubt, kann sich ein Unternehmen somit bewusst gegen eine mehrkanalige Ansprache entscheiden. Soll beispielweise eine exklusive oder "geschlossene" Zielgruppe erreicht werden, könnten ggf. einzelne Kanäle nicht genutzt werden, um Streuverluste zu minimieren, rät Stephanie Carroux (Senior Consultant Deutsche Post). Außerdem spielt das Budget wiederum eine Rolle, wenn es sich um Leistungen handelt, die nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens zählen. Ressourcenintensive Kampagnen sollten für deren Kommunikation keine Anwendung finden. Entscheidend sei, wie das Ziel der Firma am besten erreicht werden könne. "Dann erst wird in Kanälen gedacht", sagt Martin Bauer.
Es muss nicht immer zwangsläufig Crossmedia sein, sagt auch André Lutz. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, ausschließlich digital zu werben oder nur klassisch. "Immer dann, wenn sich die Zielgruppe nur in einem Kanal bewegt und eine Integration mit anderen Medien den Streuverlust erhöhen würde, kann diese Strategie Früchte tragen."
Eine gute Kampagne müsse nicht zwingend eine Zielgruppenübergabe und einen Medienwechsel durch einen explizit kommunizierten Call-to-Action bewirken, meint Ingo Grosch. Gleichzeitig ist er aber der Ansicht, dass es kaum erfolgreiche Kampagnen gibt, die monomedial arbeiten und somit keine integrierte Kommunikation über mehrere Medien leisten. Eigentlich böten sich immer mehrere Touchpoints an, die zumindest thematisch und formal integriert bespielt werden sollten. "Ob das dann schon crossmedial oder `nur` integriert ist, hängt sicher von der Definition ab", so Grosch.
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