von Gastbeitrag
Es ist unbestritten, dass sich Marketingkommunikation durch die Digitalisierung der Medien in einem unumkehrbaren Transformationsprozess befindet. Als Käufer und Konsumenten haben wir auf Knopfdruck einen direkten Zugang zu einem fast unerschöpflichen Reservoir an Wissen, Erfahrungen und Empfehlungen, die uns helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.
Und wir machen alle davon regen Gebrauch. Egal wo, egal wann und egal wie. Gleichzeitig haben Marken oftmals keine Kontrolle mehr über Medien und Plattformen, auf denen Informationssuchende durch intensiven Erfahrungsaustausch die Grundlage für ihre Kaufentscheidungen treffen. Wenn also Käufer und Konsumenten ihre Kaufentscheidungen anders strukturieren und offenbar viel besser informiert treffen, stellt sich folgerichtig die Frage nach den Implikationen für die Marketingkommunikation und deren bislang angewendeten Denkmodellen.
Wir alle kennen die zahlreich existierenden Marketingmodelle zu Kaufentscheidungsprozessen, die im letzten Jahrzehnt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Shoppermarketings spielten. Aber so hilfreich die verschiedenen Modellarten hinsichtlich strategischer Diskussionen auch waren, so wird eine Überarbeitung des Konzeptes durch die fundamentalen Veränderungen im Marketingbereich dringend notwendig. Ob Trichter, Kreis oder Kette, in einem ähneln sich die existierenden Konzepte alle: Sie gehen von einem linearen Ablauf aus, der den Kunden vom anfänglichen Nachfrager ziemlich direkt in einen prompten Käufer und treuen Kunden zu verwandeln scheint.
Aber eigentlich war der Kaufentscheidungsprozess noch nie so direkt, wie einige Modelle es darstellen. Umfassende Veränderungen in der Technik, im Marketing und im Konsumverhalten machen die Einführung eines neuen, flexibleren Modells notwendig:
Routine im Umgang mit und in der Nutzung von Online hat einen signifikanten Einfluss auf den Erwerb im stationären Handel. Eine wachsende Prozentzahl von Konsumenten informiert sich online: Laut den "Pew Research Center"-Daten waren es bspw. 89 Prozent der Konsumenten im Jahr 2010, die ihre Weihnachtseinkäufe zunächst online begannen.
Mit Smartphones und Tablet-PCs können Informationen wie Produkteigenschaften, der nächste Fachhändler, Preisvergleiche und vieles mehr direkt in den Shops abgerufen werden. Dadurch kann sich der Einkaufsprozess enorm verkürzen, die Kaufüberlegungen und die damit verbundene InformationsInformationsbeschaffung in den einzelnen Schritten fallen durch die neuen Möglichkeiten weg und können so zu einem sofortigen Erwerb führen. Soziale Netzwerke wie Facebook und zahlreiche Shopping-Apps machen Shopping zu einer sozialen Unternehmung und bieten Marken eine neue Möglichkeit, auf den Konsumenten einzuwirken.
Wie sieht der Kaufentscheidungsprozess 2.0 aus?
Das Modell muss die wachsende Komplexität des Kaufprozesses abbilden und die Punkte identifizieren, an denen Käufer mit relevanten Informationen und Erfahrungen geleitet werden können. Dieser Prozess ist aber nicht nur für das Shoppermarketing bedeutsam, sondern für alle Bereiche, die auf die Beeinflussung des Käuferverhaltens abzielen: Branding & Design, Interaktive und Relationshipmarketing (siehe Abb. rechts). Startpunkt des Models ist der sogenannte "Trigger", der das Interesse für ein Produkt oder einen Service beim Käufer anstößt. Wie in den bisherigen Modellen auch, stellt der Käufer also zunächst einen Mangel fest. Die daraus resultierende Nachfrage kann auf eine bestimmte Marke abzielen oder allgemein auf eine Produktkategorie.
Der Trigger kann rational ("Ich bin durstig"), emotional ("Ich habe eine Verabredung am Samstag und muss umwerfend aussehen") oder das Ergebnis einer externen Anregung sein ("Hey, das neue Shampoo in der Werbung sieht interessant aus, ich werd´s ausprobieren"). Der Weg endet typischerweise vorerst, wenn die Nachfrage erfüllt ist. Das Produkt oder der Service ist erworben und konsumiert. In vielen Produktkategorien ist die Bewertung des Produktes nach dem Konsum oder Gebrauch von besonderer Bedeutung. Schließlich möchte man im Sinne der Erhöhung der Wiederkaufrate den Kunden nachhaltig vom Produkt überzeugen und ihn im Idealfall zum Fan der Marke und damit zum Botschafter machen.
Weniger linear, dafür variabler und dynamisch
Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Wege zur Kaufentscheidung nicht stringent oder in einer festgelegten Reihenfolge begangen wird. Sie kann erheblich variieren, abhängig von der Marke, der Kategorie und dem Zweck des Kaufs. Aus dieser Sicht bietet unser "Purchase Decision Journey"-Modell - konträr zum linearen Ansatz - ein umfassenderes Bild des gesamten Kaufprozesses und den jeweils zugrunde liegenden Treibern an den Points of Influence. Es integriert In- und Out-of-store, on- und offline, Media und Channel, Freunde und Einflussnehmer in einem einzigen Konstrukt.
Ein potenzieller Kunde, der seinen ersten 3-D-Flachbildschirm erwerben möchte, wird einen komplexeren Weg nehmen als ein Kunde, der im Geschäft aus einem reinen Impuls heraus Schokolade kauft. Kostspielige, risikobehaftete oder seltene Käufe verlangen bekanntlich ein höheres Involvement vom Konsumenten als Produkte des täglichen Bedarfs. Aber in beiden Fällen kann der Käufer an einigen Punkten beeinflusst werden. Durch Erfahrungen und Eindrücke vor dem Kauf - Werbung, Empfehlungen von Freunden, Infos der Verbraucherzentrale, Social Networks etc.
Welche Rolle spielt nun das neue Modell im Marketing?
Einfach ausgedrückt soll es uns befähigen, den Konsumenten zu verstehen. Wenn wir all seine Wege und Entscheidungen an den Points of Influence durchdringen, sind wir in der Lage, Kommunikation zu entwickeln, die zur richtigenZeit am richtigen Ort in der richtigen Art und Weise den richtigen Menschen erreicht. Das "Purchase Decision Journey"-Modell kann hilfreich sein, die dafür notwendigen Schritte zu berücksichtigen:
die einzelnen Handlungen des Käufers beobachten und verstehen aufdecken, welche Bedürfnisse und welches Mind-Set diesen Handlungen vorausgegangen sind die relevanten kommunikativen Touchpoints ermitteln verstehen, welche Querverbindungen und Abfolgen zwischen den verschiedenen Schritten bestehen und welche Relevanz diese für den Käufer haben Barrieren erkennen, die verhindern, dass eine Marke bedacht oder ausgewählt wird Identifizierung der Points of Influence (die relevanten und geeigneten Punkte für eine Marke, um mit dem Konsumenten Kontakt aufzunehmen) Anhand dieses Ansatzes lassen sich wichtige Einsichten gewinnen, die zuvor noch nicht bedacht wurden, jedoch wichtig für eine wirksame Kommunikationsstrategie im Sinne des Abverkaufs sind.
Die drei wichtigsten Perspektiven
Um zu verstehen, welche Insights tatsächlich von Bedeutung für eine Marketingstrategie sind, braucht es einen strukturierten Ansatz. Die Betrachtung der relevanten Treiber ist zwar im Modell nicht konkret abgebildet, sollte aber im Rahmen der Analyse mit einbezogen werden. Die wichtigsten Treiber ermitteln Sie aus drei verschiedenen, aber interessanten Perspektiven: die des Konsumenten, des Händlers und der Marke.
1 Das Verständnis der "Drivers to Store" hilft bei der Entwicklung einer Channel-Strategie und beantwortete Fragen wie:
Welche Konsumentengruppen bieten eine echte Geschäftschance? Welche Kanäle müssen fokussiert werden? Wann und in welchem Kontext sollten wir mit den Konsumenten kommunizieren?
2 Die "Drivers to Category" unterstützen beim Shopkonzept und bei der Entwicklung von Instore-Kommunikation. Welchen Kaufzweck verfolgt der Kunde und welche kategorieübergreifenden Kaufmotivatoren lassen sich identifizieren? Werden die Möglichkeiten durch das existierende Konzept optimiert? Wie kann man den Konsumenten leiten, um es ihm möglichst einfach zu machen, die gewünschte Warengruppe zu finden und zu kaufen?
3 "Drivers to Purchase" helfen bei der Gestaltung des Inventars und bei Kaufaktivierungsmaßnahmen, indem sie Fragen beantworten wie: Was für eine Ausstattung wünscht sich der Konsument? Wie sollte die Aufmachung sein, um seine Bedürfnisse zu erfüllen? Welche Rolle spielen Preisgestaltung und verkaufsfördernde Maßnahmen bei der Ausstattung? Welche Promotion wird funktionieren?
Um diese Treiber zu erforschen, muss man jene Punkte entlang des Path to Purchase analysieren, an denen die Interessen des Shoppers, des Händlers und der Marke zusammenlaufen. Die hier gewonnenen Insights bilden die Basis einer effektiven Shoppermarketing-Strategie, die einen Gewinn für alle drei Akteure darstellen kann. Die Kunst liegt dann darin, über die POS-Kommunikation hinaus Wege zu cleveren integrierten Marketingmaßnahmen ebnen zu können! Wenn man die Points of Influence entschlüsselt und an diesen zur richtigen Zeit die richtigen Botschaften oder Tools platziert, erhöht sich der Wirkungsradius der Marketingkommunikation signifikant.
Allerdings schließt die "Purchase Decision Journey" nicht alle Verbindungen zum Konsumenten und Käufer ein. Marketing "jenseits" dieses Weges spielt natürlich eine Rolle bei der Schaffung von Bekanntheit und der Ausbildung eines positiven Markenvorurteils.
Insofern ist das Modell ein Konstrukt, das Marketingentscheidern hilft, den erfolgskritischen Aspekt des Shoppers zu managen. Wenn man das Modell als integralen Bestandteil einer Toolbox betrachtet, wird die "Purchase Decision Journey" zu einem wesentlichen Element bei der Entwicklung der Markenkommunikationssstrategie.
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