von Gastbeitrag
Schon zum vierten Mal hatte ich in diesem Jahr das Vergnügen, den "Best of Business-to-Business"-Communication-Award als Juryvorsitzender zu leiten. Und es war schön zu sehen, wie positiv sich dieser Wettbewerb, aber vor allem das Niveau der eingereichten Arbeiten entwickelt hat. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder über den Unterschied zur B-to-C-Kommunikation diskutiert. Es gäbe da einen Nachholbedarf an Kreativität und Emotionalität.
2007 stand der BOB unter dem Motto "Kreative Kommunikation, effektive Ergebnisse", einem Credo, das auch unter jedem Wettbewerb für Consumer-Kommunikation stehen könnte. Auch da führt Kreativität genauso zu mehr Aufmerksamkeit, Kaufbereitschaft und Erfolg. Viele Kommentare zum Thema B-to-B-Kommunikation zielten auch auf die Rolle der Zielgruppe, also der Business-Entscheider. Es sind Menschen aus Fleisch und Blut, die angesprochen werden, also keine Firmen. Meist mit einem sehr viel genaueren Profil als in der Consumer-Werbung. Und natürlich immer mit Herz und Verstand.
B-to-B-Kommunikation sollte demnach keine trockene Angelegenheit sein. Und sie ist es auch Gott sei Dank zum großen Teil nicht mehr. Wenigstens hatten wir in der Jury diesen Eindruck. Selten habe ich während einer Jurysitzung so viel Spaß und Freude beim gemeinsamen Betrachten der Arbeiten erlebt. Es war ein wahres Fest für die Sinne: Alle wollten alle drei Märchen von "Visio 2010" sehen, obwohl schon nach dem ersten alles klar war. Jingle Bells, performed vom Lamy-Stiftechor, wurde zum Wurm, der jedem Juror nachhaltig im Ohr steckte. Und der Kaffeekalender verströmte einen herrlichen Duft, nachdem alle, wie die Kinder im Sandkasten, Kaffeepulver über die Klebeseiten gestreut hatten. Niemand kann heute mehr behaupten, dass es an Kreativität und Emotionalität in der B-to-B-Kommunikation mangelt.
Natürlich hatten wir es mit den besten Arbeiten in dieser Sparte zu tun, von denen die Einreicher glauben, sie könnten in einem Wettbewerb bestehen. Und zwei Tage Juryarbeit spiegeln natürlich auch nicht das wahre Leben wider. Im Fünfminutentakt müssen Einreichungen angeschaut, verstanden und bewertet werden. Eine konzentrierte Beschäftigung mit einer eingereichten Arbeit auf der Suche nach Antworten: Um welches Unternehmen und welche Branche handelt es sich? Was wollte das Unternehmen kommunizieren? Wie tickt die Zielgruppe? Hat die Aktion etwas gebracht? Aber immerhin nimmt man sich die, wenn auch kurze, Zeit, um zu verstehen.
Das wahre Leben ist da doch wesentlich härter. Unzählige Werbekontakte prasseln täglich auf einen nieder. Privat und geschäftlich. Meist zu einem Zeitpunkt, wo man wirklich andere Dinge im Kopf hat. Ein paar Minuten Aufmerksamkeit zu bekommen wäre großartig. Keine Aufmerksamkeit zu bekommen heißt, die Botschaft kommt erst gar nicht an. Was also tun? Schließlich können nicht alle Zielpersonen in die BOB-Jury, (die ist ohnehin schon sehr groß ;-). Aufmerksamkeit bekommt man mit etwas Überraschendem. Etwas, was man in dieser Form oder Kombination noch nicht gesehen, gelesen, gehört, gefühlt oder erlebt hat. Wichtig ist auch, dass die Überraschung eine positive ist, sonst geht der Schuss schnell nach hinten los.
Die erste Etappe wäre damit erreicht, aber noch nicht das Ziel. Jetzt muss die Botschaft noch sehr einfach kommuniziert werden, ohne große Rätsel aufzugeben. Wer hier zu kompliziert ist oder mit mehreren Botschaften gleichzeitig Verwirrung stiftet, verliert die gerade erst gewonnene Aufmerksamkeit in Sekundenschnelle. Zudem muss die Botschaft eine Relevanz für die Zielgruppe haben und nicht der Selbstbefriedigung des Absenders dienen. Es ist völlig irrelevant, wie großartig und einzigartig ein Produkt ist, wenn nicht gesagt wird, welchen Benefit der Kunde davon hat.
Genau an diesem Punkt können Business-to-Business-Kampagnen jenseits dieses Wettbewerbs durchaus noch einiges besser machen. Oft hat man das Gefühl, die Kommunikation soll den Stolz und die Eitelkeit der Unternehmensführung befriedigen. Oder die Botschaften sind so komplex, dass sie nur der versteht, der sie in die Welt gesetzt hat. Und zu guter Letzt: Wer mit seiner Botschaft durchgedrungen ist, sollte am Ende noch eine eindeutige Handlungsaufforderung anfügen, um endgültig ans gewünschte Ziel zu kommen. Die Mechanismen einer kreativen Idee funktionieren im B-to-B genauso wie in der Consumer-Kommunikation. Und sie funktionieren immer dann besonders gut, wenn man sich intensiv mit den Problemen und Wünschen der Zielpersonen auseinandergesetzt hat.
Eine Bereicherung sind die vielen zum Teil neuen Kanäle und Techniken, welche die B-to-B-Kommunikation nutzt. Natürlich halten auch hier die digitalen Möglichkeiten Einzug. Mobile, Web, Social Media, Augmented Reality ergänzen die bewährten Mittel und Wege. Die Vielfalt der Möglichkeiten beflügeln, auch wenn noch nicht alle Wege nach Rom führen. Es wird viel ausprobiert, ohne dass der genaue Nutzen klar erkennbar ist. Aber wie heißt es doch so schön: Probieren geht über studieren.
Der Weg kann ja manchmal auch das Ziel sein, um die Aufmerksamkeit zu erhalten. Das Angebot von Getty Images zum Beispiel kann den Zielpersonen auch mit analogen Mitteln nahegebracht werden. Wir erinnern uns an den Ideenfriedhof oder das Lohnsteuerheftchen. Aber mit Augmented Reality hat man in diesem Jahr eine im wahrsten Sinne des Wortes neue Dimension genutzt. Entscheidend sind bei allen drei Arbeiten jedoch die kreativen Ideen dahinter.
Während wir bei den "neuen" Medien viele überraschende Arbeiten im B-to-B-Segment sehen konnten, blieb die gute alte Anzeige doch hinter den Erwartungen zurück. Der negative Trend bei Print scheint sich hier auch in der Qualität niederzuschlagen. Gemessen an dem, was man aus dem Consumer-Bereich kennt, war es doch sehr enttäuschend, nur zwei bis drei gute Anzeigenkampagnen zu sehen. Man hat etwas den Eindruck, als würden sich alle Ideen auf die neuen Medien konzentrieren und die Macher hätten verlernt, welche kreativen Möglichkeiten in einer Anzeige stecken.
Kein Trend, aber eine sehr schöne Erscheinung ist, dass es im Bereich Dialogmarketing nun schon seit vielen Jahren immer wieder große Ideen im Bereich B-to-B gibt. Diesen Arbeiten merkt man die intensive Beschäftigung mit den Zielpersonen an, ebenso die Suche nach dem Überraschungsmoment und der zielführenden Relevanz. Nähe zum Kunden, die Dialogmarketing mit sehr viel Emotion schaffen kann, tut dann ihr Übriges.
Ein wirklich positiver Trend, nämlich der zu mehr Emotionalität und Spaß, war in diesem Jahr deutlich zu spüren. Wenn man sich die Effizienzwerte der Arbeiten anschaut, hat das auch zur Steigerung des Erfolgs beigetragen. Es bleibt zu hoffen, dass die ausgezeichneten Arbeiten Signalwirkung auf die gesamte Branche und die B-to-B-Kommunikation haben werden.
Veröffentlichen auch Sie ihre Gastbeiträge auf ONEtoONE. Einfach PremiumPlus-Mitglied werden und loslegen!
Gastbeiträge veröffentlichenMischenrieder Weg 18
82234 Weßling
Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de