von Gastbeitrag
Im Jahr 2009 boomten alle Arten von Social-Media-Plattformen. Twitter, allen voran Facebook, aber auch still und leise das deutsche Volksnetzwerk Wer-kennt-wen übertrafen sich gegenseitig mit gigantischen Wachstumsraten. Mit 350 Millionen Nutzern weltweit führt Facebook das Social-Network-Ranking an. Ziel sind eine Milliarde vernetzte Menschen, und damit wäre Facebook dann das drittgrößte Land (gemessen an der Einwohnerzahl) hinter China und Indien.
Die Art der Online-Nutzung hat sich verändert
Viel dramatischer für das Marketing ist die damit verbundene Veränderung der Nutzung des Internets. Facebook löst Google als Startseite ab, Inhalte werden nicht mehr über Portale konsumiert und aktiv selbst gesucht, sondern finden den User über Anwendungen und Statusmeldungen anderer. E-Mail wird von Echtzeit-Kommunikationsdiensten wie Twitter, Facebook-Statusmeldungen, Chat-Funktionen und Instant-Messenger-Diensten wie Skype abgelöst. Heißt: Auch Unternehmen müssen sich schnellstens dorthin bewegen, wo sich ihre Kunden aufhalten. Marken müssen die Theorie vom souveränen Konsumenten akzeptieren. Sie müssen dem Kunden auf Augenhöhe begegnen und lernen, ihn nahezu in den gesamten Wertschöpfungsprozess zu integrieren. Dieses Prinzip der Markenführung und Kommunikation bezeichnen wir als "Netzwerke und herrsche", angelehnt an die Strategie "Teile und herrsche".
Es ist keine Frage mehr, ob Social-Media-Marketing Sinn macht. Vielmehr geht es um das Wie. Und mit wem
Dies haben nun auch Unternehmen und Marken erkannt. Und auch für alle Arten von Dienstleistern, ob klassische Werbeagentur, PR-Agentur, Dialogmarketingagentur, spezielle Social-Media-Agenturen und selbstverständlich auch Internet-Agenturen bis hin zu Unternehmensberatungen wurde Social-Media-Marketing 2009 zum Lieblingsthema. Der Kompetenzkampf der Disziplinen hat begonnen, die Verwirrung der Kunden nimmt zu, welcher Dienstleister nun der richtige Ansprechpartner ist. Wer kann die beste Strategie und die besten Maßnahmen entwickeln? Da Social-Media-Strategien alle Bereiche, von Werbung, PR, Event, Vertrieb bis hin zu Employer Branding, betreffen, sind vor allem universelle Anbieter gefragt, die täglich in der digitalen Welt leben und in der Lage sind, alle Möglichkeiten, Funktionen und Trends zu erkennen.
Ein Social-Media-Profil ist noch lange kein Social-Media-Marketing
Fast alle großen Marken sind dieses Jahr mit eigenen Seiten auf Facebook oder Twitter-Accounts gestartet. Und wundern sich nun, dass teilweise nur 500 bis 1.000 Fans generiert wurden. Doch alles nur ein Hype? Erfolgreiche Beispiele aus aller Welt zeigen, dass immenses Potenzial in einer ganzheitlichen Strategie liegt. "Social" werden die Maßnahmen erst durch Aktivitäten, Mehrwerte, Vernetzung und Dialog. Und nicht durch eine Profilseite, die immer wieder Links auf die eigene Website postet. Unternehmen müssen für nachhaltige Aktivitäten auch entsprechendeRessourcen und Budgets bereitstellen. Dies funktioniert nur, wenn das Thema von ganz oben nicht nur unterstützt, sondern sogar voran-getrieben wird.
Konzentrieren Sie sich nicht nur auf Facebook
Wo befinden sich die Unternehmenszielgruppen, und mit welchen Themen beschäftigen sie sich dort? Dies gilt es, als Basis für die Auswahl der richtigen Plattformen zu analysieren. Xing oder Linkedin für B-to-B-Maßnahmen, aber auch Youtube-Channel, Social-Bookmark-Sammlungen oder Präsentationen auf Slideshare treffen vielleicht schneller den Nerv Ihrer Zielgruppen. Sind Ihre Produkte aktions- oder abverkaufsorientiert, eignet sich der Echtzeitdienst Twitter. Entscheidend wird, wo Sie in welcher Form entsprechend Mehrwerte anbieten können.
Vergessen Sie Ihren Drang nach Selbstprofilierung
Nur wenige Marken, Produkte und Unternehmen haben eine so hohe Strahlkraft, dass sich Millionen von Fans damit ihre digitale Identität erweitern wollen. Coca-Cola, Nutella und Jägermeister sind sicherlich Beispiele dafür. Andere wie Dell oder Starbucks haben es geschafft, durch langfristige Initiativen zur Einbindung der Kunden, wie Ideenportale, und gleichzeitiger Segmentierung der Ansprache (bspw. hat Dell 14 verschiedene Facebook-Seiten und Gruppen) zu begeistern. Wieder andere, und hierin liegt für die meisten die größte Chance, nutzen geschickt Situationen und Themen, die sich rund um die Produktverwendung drehen. Es entstehen Anwendungen, die aus Kundensicht Nützliches, Selbstdarstellendes und Vernetzendes kombinieren, bspw. die Facebook-Anwendung "Cities I´ve visited" des Reise-wertungsportals Tripadvisor.
Social-Media-Marketing ist Echtzeit-Marketing
In dem Moment, in dem Marken auf Social-Media-Plattformen vertreten sind, wird auch die soziale Komponente, nämlich der schnelle One-to-one-Dialog, vorausgesetzt. Sie müssen täglich monitoren, wo was gesagt wird und - möglichst innerhalb weniger Stunden - darauf reagieren. Durch Blogs, Twitter und Statusmeldungen verbreiten sich Nach-richten im Minutentakt an riesige Reichweiten. Dies mussten 2009 bereits die Bahn, Jako oder Jack Wolfskin schmerzhaft lernen. Viel schlimmer als der kurzfristige Peak der Negativmeldungen in Social Networks ist die Anzahl der negativen Suchergebnisse. Es dauert Monate oder Jahre, bis diese wieder auf die hinteren Suchergebnisseiten rücken. Hinzu kommen die sich laufend ändernden Nutzungsbedingungen und Optimierungen der Möglichkeiten und Schnittstellen der Plattformen. So hat Facebook eigene Regeln, welche Meldungen im Newsfeed des Nutzers auftauchen, eingeführt. Andere Netzwerke wie Studi VZ und Xing öffnen sich immer mehr für Anwendungen von Dritten. Unternehmen müssen also auch in der Lage sein, Strategien und Maß-nahmen schnell anzupassen.
Machen Sie Ihre ganze Website social
Social-Media-Marketing sorgt auch für Optimierungen auf der Website. Zum einen müssen alle Texte, Bilder, Videos oder Shop-Artikel ganz einfach teilbar für alle Social-Media-Plattformen werden. Registrierungen für Newsletter, Shops, eigene Communities oder auch nur Gewinnspiele müssen die Möglichkeit anbieten, die digitale Identität eines anderen Netzwerks über Facebook Connect oder Open ID zu nutzen. Und wenn Social-Media-Profile aktiv betrieben werden, sollten alle Kanäle nicht nur gezeigt und verlinkt, sondern mit Inhalten eingebunden werden.
Verschlafen Sie nicht den nächsten Entwicklungsschritt: Social Media wird jetzt auch mobil
Nicht nur große Unternehmen drängen durch die eigene interne Sperrung von Social-Media-Seiten immer mehr Mitarbeiter in die Nutzung über Blackberry und I-Phone. Zigarettenpausen werden zu Social-Media-Pausen, schrieb Welt Online in einem Artikel über die Zukunft von Social Media. Die größeren Treiber sind die sinnvollen Kombinationsmöglichkeiten von eigenem Netzwerk, der geografischen Situation und der Echtzeit-Kommunikation.
Erwarten Sie keine Wunder
Geben Sie dieser neuen Kommunikationsform Zeit. Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse, probieren Sie Dinge aus, lernen Sie. Machen Sie einen Schritt nach dem anderen. Nur etwas schneller als in der Vergangenheit.
12 Tipps für den Einstieg ins Social-Media-Marketing
1 Akzeptieren Sie als Erstes, dass es sich um eines der wichtigsten strategischen Themen für die Zukunft handelt. Egal ob im B-to-C oder B-to-B Bereich. Und dann handeln Sie mit aller Konsequenz danach.
2 Seien Sie bereit für das notwendige Umdenken und
Umstrukturieren innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette. Binden Sie also die Geschäftsführung so frühzeitig wie möglich mit ein. Binden Sie notfalls externe Berater für den Change-Management-Prozess mit ein.
3 Bilden Sie ein internes Social-Media-Experten-Team
aus unterschiedlichen Disziplinen bzw. Abteilungen.
4 Fangen Sie mit einem Profil oder einem Blog an. Wenn hierfür alle internen Abläufe und Strukturen einfach umzusetzen waren, sind Sie bereit für den Ausbau.
5 Schaffen Sie Freiraum für dieses Team. Mindestens eine Stunde pro Tag muss in den Dialog und die Aktivitäten investiert werden.
6 Stellen Sie Budgets zur Verfügung. Mindestens einen Euro pro Jahr pro Markenfan für die aktive Betreuung in Form von Dialog, Anwendungen und Kampagnen.
7 Vernetzen Sie dieses Team mit einer universellen Social-Media-Agentur zur Ausarbeitung eines individuellen Konzepts. Rechnen Sie für die Basisarbeiten (Monitoring, Strategie, Kreation) durch Externe mit mittleren fünfstelligen Honoraren.
8 Gehen Sie nach Themen vor. Segmentieren Sie die Zielgruppen. Schaffen Sie Relevanz. Fragen Sie sich immer wieder, warum jemand Fan oder Follower werden soll. Welchen Vorteil hat er davon? Identifizieren Sie Multiplikatoren.
9 Definieren und etablieren Sie Messkriterien und deren Bewertung. Wie viel ist Ihnen ein Fan wert, wie viel Engagement, Interaktion und Weiterempfehlung?
10 Konzentrieren Sie sich auf die vier bis fünf reichweiten-stärksten Plattformen in Ihrer Zielgruppe und bieten dort entsprechende Mehrwerte. Meist sind hierfür An-wendungen zu entwickeln. Rechnen Sie auch hier mit fünfstelligen Beträgen für wirklich gute Anwendungen.
11 Bereiten Sie sich auf Dialog vor. User werden Fragen stellen und erwarten Antworten, Hilfestellungen. Nutzen Sie dafür teils kostenlose Tools wie Cotweet, um bspw. Twitter zu monitoren und die Kommunikation auf mehrere Mitarbeiter zu verteilen.
12 Verstecken Sie Ihre Social-Media-Aktivitäten nicht. Geben Sie ihnen Raum auf Ihrer eigenen Website, machen Sie diese ebenfalls "social", weisen Sie in klassischer Kommunikation, im Dialog- und PoS-Marketing und in Pressemeldungen immer wieder darauf hin.
Der Autor: Matthias Berger ist Gesellschafter der Kreativagentur Berger Baader Hermes in München. Er zeichnet verantwortlich für digitale Strategien.
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