Dr. Patrik Zwahlen: Des Kaisers neue Kleider II: Die Kommunikationsleistung eines Werbemittels

von Gastbeitrag

Im ersten Teil wurde dargelegt, dass wir mit der Werbemittelkontrolle in einer regelrechten Sackgasse gelandet sind. Die entscheidende Bedeutung der visuellen Wahrnehmung wird folgenschwer unterschätzt, die falschen Fragen werden zum falschen Zeitpunkt gestellt und alles zusammen trägt dazu bei, dass trotz immensem Aufwand die zentrale Frage nicht beantwortet wird, wie das Werbemittel optimiert werden muss, damit die Werbewirkung maximiert werden kann.

Dieser zweite Teil zeigt auf: Nur rechtzeitige Ergebnisse können gewährleisten, dass jedes Werbemittel die maximale Kommunikationsleistung erreicht. Dazu benötigt es aber Instrumente, die mit den Eigenschaften der visuellen Kommunikation umgehen können. Eine Praktikerlösung mit ganz konkreter Instruktion wird am Schluss vorgestellt. Der beschriebene Ansatz eignet sich für jede Kommunikationssituation und jedes denkbare Werbemittel, das ein Ziel verfolgt. Auch in diesem Teil verweise ich die interessierte Leserschaft auf die weiterführende Literatur, wo eventuell textliche Lücken nachgelesen werden können.

www.bkzrh.bildkom.com/docu/BildKom_Testsystem-de.pdf
www.bkzrh.bildkom.com/docu/BildKom_Methodenbuch-de.pdf
www.dissertationen.unizh.ch/2004/zwahlen/a-zwahlen.html

Ohne Ziele gibt es keine Werbewirkung
Die Amerikaner haben eine erfrischend einfache Art, den Nutzen von Arbeit auf den Punkt zu bringen. "So what?", sagen sie und meinen, was denn der ganze Aufwand bringt. Interessant an diesem Satz ist, dass er das Ende in den Vordergrund rückt. Damit relevante von trivialen Lösungen unterschieden werden können, ist es angebracht, einem Ergebnis mit einer überzeugenden Zielformulierung einen festen Rahmen zu geben. Es soll zum Beispiel spezifisch, messbar, ausführbar, relevant und terminiert sein (SMART).

Seien Sie mir nicht böse, wenn ich dieses Thema hier an erster Stelle etwas schulmeisterlich bringe. Nur, ohne Ziel gibt es keine Wirkungsmessung! In der Praxis stelle ich leider fest, dass es nur zu oft gar keine oder keine schriftlich festgehaltenen Ziele gibt. Obwohl Theorie und Praxis ein breites Angebot an Zielformulierungsunterstützungsideen anbieten, scheitert offensichtlich der Wissenstransfer in die Praxis. Es gibt aber eine einfache Lösung, nämlich in Form einer zeitnahen Rückmeldung.

Dazu ein kleines Beispiel: In der Schweiz ist man angehalten, innerorts die maximale Geschwindigkeit von 50 km/h nicht zu überschreiten. Stellen Sie dem Automobilisten eine Geschwindigkeitsanzeige zur Verfügung, dann verkleinert sich die Streuung um den Zielwert deutlich und schnell. Mit seiner Hilfe kann jeder Automobilist lernen, Fahrgeräusche oder vorbeiflitzende Gegenstände mit der aktuellen Ge-schwindigkeit zu verbinden. Das Instrument wird immer seltener benutzt und die Streuung bleibt klein. Nehmen Sie aber den Tachometer wieder weg, dann kehren Sie schnell zu den alten Streuwerten zurück. Das gleiche Muster können Sie bei Zielformulierungen beobachten.

Fazit: Die Rückmeldung des Zielerreichungsgrades reduziert die Streuung um einen Zielwert und hilft, realistische Ziele zu setzen.

Die systematische Maximierung der Wirkungsursache
Die aktuelle Marktforschung betrachtet das Werbemittel als Forschungsgegenstand (heutiges Paradigma). Mit verschiedenen Hilfskonstrukten wird versucht, zwischen dem Werbemittel und den Zielvariablen eine Verbindung zu finden. Wie gezeigt ohne Erfolg. Dies rührt daher, dass nicht das Werbemittel wirkt, sondern die Strategie. Das Werbemittel transportiert die Botschaft, wirken tut der Inhalt. Die Marktforschung forscht also mit einer zufälligen Variante (Phänotyp) eines Produktionsprozesses - anstatt mit der Strategie. Genauso zufällig sind die Prognosen und Erklärungsversuche. Die Kunst einer effektiven Werbemittelkontrolle ist aber, den Produktionsprozess mit zeitgerechten Ergebnissen so zu begleiten, dass das Endprodukt der Zielvorgabe entspricht (neues Paradigma). Heutige Angebote der Marktforschung treffen zudem eine fatale Annahme. Nämlich, dass die Botschaft gesehen und im beabsichtigten Sinn wahrgenommen wird. Es lässt sich indessen leicht nachweisen, dass diese notwendige Vorbedingung zur Beur-teilung der Werbewirkung nur zu oft nicht gegeben ist (siehe Praktikertest am Ende dieses Artikels).

Die Abbildung zeigt die aktuelle Situation der Werbemittelkontrolle. Ein Konzept stellt eine von vielen Visualisie-rungsideen der erfolgversprechendsten Strategien dar (Konzepttest in t1). Es gibt sehr wenige schlechte Konzepte. Sie unterscheiden sich mehr dadurch, dass sie leichter oder schwieriger zu realisieren sind. Weil man weiß, dass bereits kleinste Details die visuelle Wahrnehmung fundamental verändern können, wird versucht, möglichst die allerletzte Variante vor der Veröffentlichung zu messen (Pretest in t2).

Von "Versuch" spreche ich hier, weil in den meisten Fällen die Zeit für klassische Methoden fehlt und deshalb auf Kontrollen verzichtet wird. Wird kurz vor der Publikation festgestellt (t2), dass die Strategie nicht im beabsichtigten Sinn umgesetzt wurde, besteht ein akutes Zeitproblem. Um einen Posttest (t3) wiederum nach der Publikation durchzuführen benötigt man dann Nerven aus Stahl, wenn man weiß, dass unkontrollierte Werbemittel in den meisten Fällen nicht der Strategie entsprechen (siehe t2).

Pretests und Posttests liefern Ergebnisse, die zu spät kommen
Die Wirkungsursache zum Erreichen der Werbeziele, nämlich die Kommunikationsstrategie (Botschaft) und die Visualisierung, kann also genau dann beurteilt und verbessert werden, wenn jedes Werbemittel einer Kampagne die Strate-gie fehlerfrei reflektiert. Das Wissen um die tatsächliche Wahrnehmung stellt deshalb die notwendige Bedingung jeder Werbewirkung dar.

Fazit: Ohne Qualitätskontrolle ist es reiner Zufall, wenn die tatsächliche Wahrnehmung der beabsichtigten Strategie entspricht.

Die neue Einheitswährung: die Kommunikationsleistung
Das Spannendste an diesem Vorgehen ist sicherlich die neue Einheitswährung: die Kommunikationsleistung. Diese medienübergreifende Variable repräsentiert den Zielerreichungsgrad. Damit lassen sich echte Cross-Media-Vergleiche realisieren und die außergewöhnliche zeitliche Stabilität dieser Variable erlaubt ein glaubwürdiges Controlling. Doch, es gibt noch mehr!

Bis heute musste sich die Medienplanung beschränken, nämlich auf den Werbedruck (Budget) und die Leistungswerte der Werbeträger. Man ging meist davon aus, dass alle Werbemittel gleich gut sind, und setzte die Kommunikationsleistung mathematisch mit 1 in der Gleichung ein. Was, wie verschiedentlich betont, nicht der Realität entspricht und die aktuelle Sackgasse erklärt. Ist aber die Kommunikationsleistung für jedes Werbemittel bekannt, dann kann für ein bestimmtes Wirkungsziel und jedes Werbemittel die notwendige Kontaktklasse berechnet werden. Eine neue Welt von Optimierungsmöglichkeiten in der Werbemittelplanung tut sich damit auf.

Der Autor: Dr. Patrik Zwahlen ist Geschäftsführer von BildKom, Forschungsinstitut für visuelle Kommunikation in Zürich Zum Schluss möchte ich wie versprochen kurz aufzeigen, wie Sie selbst sicherstellen können, dass Ihre Werbemittel die notwendige Bedingung zur Beurteilung der Werbewirkung erreichen. Benutzen Sie dazu ruhig als Orientierungsraster unser Auftragsformular (gratis im Internet verfügbar). Dort sehen Sie: Ohne Ziele gibt es bei uns keine Werbemit-telkontrolle! Benutzen Sie der Einfachheit halber nur eine Frage. Dann suchen Sie fünf passende Auswahlantworten. Alle sollen aufgrund der vorhandenen visuellen Information plausibel sein, doch nur eine ist richtig. Die anderen sind eine Art "Anti-Ziele", also genau das, was Sie ganz bestimmt nicht kommunizieren wollen.

Wenn Sie sich dabei auf den visuellen Dekodierungsprozess beschränken, dann reichen 20 bis 30 Versuchspersonen aus. Diese müssen Sie aber immer wieder neu rekrutieren. Sobald eine Person Ihr Sujet/Ihren Film einmal gesehen hat, ist auch diese befangen und darf nicht ein zweites Mal an der gleichen Untersuchung teilnehmen. Benutzen Sie für die Auswahl Ihrer Zielgruppe nur ein Kriterium, nämlich das notwendige Vorwissen. Was müssen die Versuchspersonen zwingend wissen, um Bild-/Film- und Textinformation richtig zur beabsichtigten Botschaft kombinieren zu können? In unserem Methodenbuch können Sie sich vergewissern, dass Sie mit dieser Anleitung echte quantitative und damit vergleichbare Ergebnisse erhalten werden.

Fazit: Die Kommunikationsleistung ist ein stabiler, absoluter Wert und widerspiegelt das Anspruchsniveau des Werbetrei-benden. Die Werte liegen zwischen 0 und 100 Prozent.

Zusammenfassung
Die Botschaft schnell und verständlich zu kommunizieren wird leider ohne Qualitätskontrolle nur durch Zufall erreicht. Können Sie indessen diese zwingende Vorstufe der Werbewirkung sicherstellen, dann kann der Fokus auf das wirklich Wichtige gelegt werden: Was führt zum gewünschten Verhalten? Dazu steht Ihnen ein geradezu herrlicher Fundus an ausgezeichneten Ideen aus Wissenschaft und Praxis zur Verfügung. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg.

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