Das Aus für die Call-Center-Branche?

von Gastbeitrag

Die Bundesregierung schickt sich mal wieder an, den so genannten schwarzen Schafen der Call-Center-Branche das Fell über die Ohren zu ziehen. Es geht - verkürzt ausgedrückt - um die schriftliche Bestätigung von am Telefon geschlossenen Verträgen und um höhere Bußgelder. Rechtsanwalt Ralf Rösler kommentiert die laufende Gesetzesinitiative. Seine Kernthese: "Vollzugsdefizite des bestehenden Rechts lassen sich nicht durch immer weitere Gesetze lösen."

Hier der Kommentar von Rechtsanwalt Ralf Rösler:

Der Rechtsausschuss des Bundesrates beriet am 29.09.2010 über einen Gesetzesantrag des Landes NRW zur "Fortentwicklung des Verbraucherschutzes bei unerlaubter Telefonwerbung" mit dem Ziel, diesen über den Bundesrat beim Bundestag einzubringen.

Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern soll danach nur noch zulässig sein, wenn deren - schon bisher erforderliche - vorherige ausdrückliche Einwilligung "in Textform" erfolgt ist.

Nach der Entwurfsbegründung will man damit der Unsitte entgegen treten, Telefonwerbe-Opt-Ins im Rahmen von cold calls einzuholen. Das ist allerdings bereits nach geltendem Recht unzulässig. Letztlich geht es darum, der Bundesnetzagentur im Bußgeldverfahren die Beweisführung zu erleichtern. Zur besseren Abschreckung soll der Bußgeldrahmen auf bis zu 250.000 Euro erhöht werden.

Gibt der Verbraucher eine Vertragserklärung bei einem unerlaubten Werbeanruf - für den also keine Einwilligung in Textform vorliegt - ab, so soll diese erst wirksam werden, wenn er sie "durch eine nachfolgende Erklärung in Textform innerhalb von zwei Wochen bestätigt" hat.

Hierdurch soll verhindert werden, dass ein Unternehmen "im Nachgang zu einem unerlaubt geführten Telefonat" etwa "in Form eines per Post übersandten Bestätigungsschreibens eine telefonische Vertragszusage des Verbrauchers behauptet."

Gerade bei mündlich, etwa im Rahmen eines zulässigen Inbound-Telefonats, erteilten Werbe-Opt-Ins ist datenschutzrechtlich ein Bestätigungsschreiben Pflicht. Die Bestätigung muss zwar nicht unverzüglich geschehen, jedoch kann sich der Werbende erst nach Erfüllung der Formalien datenschutzrechtlich auf die bei einem erlaubten Telefonat erteilte Einwilligung berufen. Dieses Bestätigungsschreiben wird auch weiterhin erforderlich sein.

Bei telefonischen Vertragsschlüssen besteht zudem ein fernabsatzrechtliches 14-tägiges Widerrufsrecht des Verbrauchers, dessen Frist zur Ausübung frühestens ab Erhalt einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung in Textform und der Ware beginnt. Dieses Widerrufsrecht bleibt nach der Entwurfbegründung unangetastet. Der Verbraucher könnte seine Bestellung also zunächst bestätigen und später noch im Rahmen der fernabsatzrechtlichen Fristen widerrufen.

Da das Fernabsatzrecht eine zunächst gültige widerrufliche Erklärung voraussetzt, müsste bei einem Vertragsschluss im Rahmen eines unerlaubten Anrufs dem Grunde nach auch erst die Vertragsbestätigung des Verbrauchers erfolgen, bevor ein Widerruf als Gestaltungsrecht erklärt werden kann. Anderenfalls käme dem Widerruf nur Rechtswirkung zu, wenn man ihn als Verweigerung der Bestätigung auslegt.

Anscheinend sind die schon bislang vom Unternehmer zu beachtenden Formalien wie datenschutzrechtliches Bestätigungsschreiben und fernabsatzrechtliche Widerrufsbelehrung nicht ausreichend. Nach dem politischen Willen der Entwurfsverfasser müssen sie noch durch ein wettbewerbsrechtliches Einwilligungsschreiben für Telefonwerbung und - wenn der Unternehmer dieses bei telefonischem Vertragsschluss nicht vorlegen kann - durch ein Vertragsbestätigungsschreiben des Verbrauchers ergänzt werden.

Dabei gilt: ein überschaubares und verständliches Regelwerk bietet die beste Garantie, dass es befolgt wird. Vollzugsdefizite des bestehenden Rechts lassen sich nicht durch immer weitere Gesetze lösen.

Autor: Ralf Rösler

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