von Gastbeitrag
Ein Gastbeitrag von Dr. Albert Heiser, Dozent an der DDA sowie an der Universität der Künste in Berlin und Gründer von Creative Game Institut: Sie lesen einen Werbetext. Er wird Ihr weiteres Denken, Handeln und Schreiben beeinflussen. Leider ist er nur zum Teil gut. Welchen Teil streichen Sie?
Blättern Sie vor Ihrem geistigen Auge die Magazinseiten um, und lesen Sie mit: "Qualität ist unsere Devise." "Für höchste Ansprüche." "Komplettlösungen und Effizienzsteigerungen." "Technologien von morgen." "Qualität, die man schmeckt." "Spitzenqualität hat oberste Priorität." "Unsere Qualitätsstandards sind die konsequente Richtschnur aller Prozesse." "Faszination erleben, Ziele erreichen!" "Private und gewerbliche Kunden erleben bei uns das volle Leistungsspektrum des Handels - mit Sortimenten, die in puncto Vielfalt, Qualität und Preis keine Wünsche offen lassen." "Unser Erfolg basiert dabei auf der konsequenten Orientierung an den Erwartungen der Kunden." "Wir bieten Ihnen umfassende Handelskompetenz, Internationalität und hohe Innovationskraft." "Jede Fahrt ein Erlebnis." "Exklusive Ausstattung. Überzeugende Fahrdynamik. Modernste Benzin- und Common-Rail-Diesel-Motoren."
Kennen Sie schon? Sehen Sie. Typisch Reklame. In dieser Menge fühlt sich Text wie Zahnschmerz an, und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Wirkung kommt einer Gehirnwäsche gleich. Sie finden das vielleicht gut, weil Sie es bei anderen so schon einmal gelesen haben. Nur die Tatsache, dass diese Texte veröffentlicht werden, bedeutet nicht, dass sie gut sind, und es bedeutet ebenfalls nicht, dass sie wirken.
Lesen Sie Werbemails, Produktdatenblätter, Anzeigen, Broschüren, Flyer, oder lesen Sie im Internet nach. Es wird keine Floskel, keine Phrase ausgelassen und in jede Worthülse hineingetreten. In den Papierkorb damit. Die meisten Werbetexte will man gar nicht lesen, denn es steht kaum etwas drin, was lesenswert wäre. Den Lesern ist spätestens nach dem ersten Satz klar, dass dies Bullshit ist, und sie steigen aus. Ende der Werbegeschichte.
Hier spricht ein junger Mitarbeiter auf einer Internetseite zu Jungakademikern. Ein Testimonial, das potenzielle Hochschulabsolventen für das Unternehmen begeistern soll. "Bei der Entwicklung innovativer Lösungskonzepte für die technischen Anforderungen unserer Kunden finde ich die Herausforderungen, die meinen Neigungen voll entsprechen. Individuelle Mitarbeiterförderung und Karriereplanung sind ganz wichtig. Die Zusammenarbeit mit den überwiegend technischen Berufen finde ich besonders interessant, weil ich als Psychologe von dem umsetzungsorientierten Denken unserer Ingenieure für meine Arbeit sehr profitiere." So spricht doch kein Psychologe, der Jungakademiker überzeugen will. So spricht nur der Marketingstratege. Man liest Unternehmenstrategie, aber begeistert man so zukünftige Mitarbeiter?
Ein anderes Unternehmen schreibt auf der nächsten Seite des Magazins an die gleiche Zielgruppe. Headline: "Wenn`s einfach wäre, bräuchtet ihr uns nicht!" Im Vergleich zu vorher spricht hier die Zielgruppe selbst. Der Text hat seinen Blickwinkel gewechselt. Die veränderte Textperspektive verändert auch die Tonalität! Der Text tönt gleich ganz anders, und die Haltung des Unternehmens passt sich der Haltung der Zielgruppe an. Das Imponiergehabe weicht der Zielgruppenperspektive. Die Studenten werden einbezogen. Der Text wirkt emotionaler und erreicht jetzt deren Einstellungen und Motive!
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