20.03.2015 - Wie praktisch Abos doch sein können! Man muss sich um nichts mehr kümmern, die bestellte Leistung steht einfach zur Verfügung - und das regelmäßig. Als Geschäftsmodell sind sie auf jeden Fall clever, wird doch ein regelmäßiger Umsatz generiert, ganz ohne aufwendige Neukundengewinnung betreiben zu müssen. Vor einigen Jahren hat auch der E-Commerce die Vorteile des Abonnements erkannt. Doch funktionieren die Abo-Commerce-Modelle wirklich?
Die Mutter aller Abo-Commerce-Geschäftsmodelle ist wohl die US-amerikanische Birchbox. Das Konzept: Für zehn US-Dollar im Monat bekommen die Kundinnen - es sind fast nur Frauen - fünf Beauty-Produkte in Pröbchenform zugeschickt, verpackt in einer schicken Box. Um die monatliche Lieferung und somit auch die Zahlung zu stoppen, muss der Kunde explizit kündigen. Birchbox hat eigenen Angaben zufolge 800.000 Kunden und macht einen Umsatz von 96 Millionen US-Dollar im Jahr. In Deutschland hat das Modell zahlreiche Nachahmer gefunden. Den Anfang machte 2011 Glossybox, ein von Rocket Internet finanziertes Start-up. Nach anfänglich rasantem Wachstum - wie sollte es für ein Unternehmen aus der Samwer-Schmiede auch anders sein - musste das Unternehmen harte Einschnitte hinnehmen. Von 400 Mitarbeitern, die man 2012 hatte, sind 2014 noch 160 übrig geblieben. Mittlerweile gibt es auch "Pink Box", "DM Lieblinge" oder Douglas` "Box of Beauty", allesamt mit dem gleichen Kosmetikkonzept (siehe ONEtoONE 02/14).
Mit dem Erfolg der Drogerieprodukte kamen auch andere Händler auf den Geschmack: Bürobedarf im Abo, Windeln im Abo, Socken und Unterwäsche im Abo, Blumen, Rasierklingen, Kinderspielzeug, Lebensmittel, Haustierbedarf - alles im Abo. Doch wollen die Verbraucher wirklich alles abonnieren? In Zeiten von immer kürzer werdenden Laufzeiten bei Verträgen, in Zeiten der "Abofallen" im Internet, in Zeiten, in denen die Erinnerung an das Klingelton-Unternehmen Jamba und die damit verbunden hochverschuldeten Jugendlichen noch lange nicht verblasst ist?
Erst im Februar meldete das Berliner Start-up Tollabox Insolvenz an. Das Unternehmen vertreibt Bastelkisten für Kinder im Abo. Das große Problem seien die kurze Abo-Zeit und die fehlende Kundenbindung gewesen, heißt es im Tollabox-Blog. Auch bei Wummelkiste und der Exploribox, zwei ähnlichen Geschäftsmodellen für Kinder und Jugendliche, laufen Abo-Geschäfte und Online-Shops Medienberichten zufolge nicht wie erwünscht. Grund genug, das Ende des Abo-Systems auszurufen? Nein. Doch es scheint einen wesentlichen Unterschied der Modelle zu geben: Denn Abo ist nicht gleich Abo.
Viele Unternehmen setzen auf Gebrauchsgegenstände oder Praktikabilität. Dabei ist zu beobachten, dass besonders die Modelle funktionieren, die etwas bieten, was man eigentlich nicht braucht. Überraschungs-Boxen also. Denn während der Bedarf nach neuen Socken, Rasierklingen oder Büroklammern doch irgendwie begrenzt ist oder irgendwann einmal gar nicht mehr besteht - wenn der Wunsch nach einem Bart aufkommt, zum Beispiel -, ist der Bedarf an Überraschungen nie gedeckt. Spiel, Spaß und Spannung - ein Konzept, das schon lange funktioniert. Die in der Aufzählung fehlende Schokolade funktioniert übrigens offenbar gut in der Abo-Überraschungsvariante. Bei den Food-Abos ist ein ständiges Wachstum zu beobachten, Schokolade, Tee, gesundes Essen - auch hier ist fast alles in regelmäßigem Bezug zu haben.
Auch mit Haustierbedarf scheint das Überraschungsmodell zu funktionieren, wie Thomas Poschen, Geschäftsführer von Mauz&Wauz bestätigt. Das Start-up aus Berglen ist seit September 2013 am Markt und vertreibt Überraschungsboxen mit Produkten für Hund und Katze. Kürzlich wurde Mauz&Wauz ausgewählt, um mit dem "STEP NYC Programm" der deutschen Handelskammer nach New York zu fahren. Dort treffen junge ITK-Unternehmen Investoren, Business Angels und Unternehmen mit ähnlichen Geschäftsmodellen. "Das mit den Abos ist ein generelles Problem in Deutschland, in den USA kommt nicht sofort der Gedanke `Hilfe, die wollen mich abzocken!` Da sind solche Modelle gang und gäbe", so Poschen. Ein Vorteil von Mauz&Wauz sei ein so genanntes Soft-Subscription-Modell: Eine Kündigungsfrist gibt es nicht, bis einen Tag vor Ablauf des Abos kann gekündigt werden. Das Start-up bietet verschiedene Abo-Modelle an: eine monatliche Box, die auch monatlich kündbar ist und abgebucht wird, einen Bezug von drei Monaten und einen Bezug für sechs Monate. Je länger sich der Kunde verpflichtet, desto günstiger ist das Abo. Dafür bekommt man eine Lieferung unterschiedlicher Produkte für seinen Hund oder seine Katze. Das kann alles sein, vom Spielzeug übers Halsband oder Futter. Es handelt sich aber nicht um Proben, das betont Poschen besonders. "Die Produkte, die unsere Kunden bekommen, sind alle hochwertig und fernab vom Mainstream. Da kann dann schon mal so etwas wie Leberwurst-Popcorn dabei sein."
Einen Vorteil seines Geschäftsmodells sieht Poschen in den Abo-Bedingungen, einen weiteren in der Emotionalität des Produktes. "Wir geben uns viel Mühe, dieses Produkt emotional zu transportieren." Nicht nur bei Frauchen oder Herrchen - auch bei Mauz&Wauz sind die Kundinnen deutlich in der Überzahl - sei die Vorfreude auf die monatliche Überraschung groß. Auch die Tiere - hier sind momentan hauptsächlich Katzen die Mauz&Wauz-Nutznießer - freuen sich. Die Boxen sind auf das Haustier personalisiert. Außerdem kann der Besitzer Details über sein Tier angeben: Größe, Felllänge, mögliche Allergien.
Auch Poschen sieht die Abo-Commerce-Landschaft zweigeteilt. "In den USA haben wir von Harrys.com mitbekommen, dass die kaum Umsatz mit Rasierklingen im Abo machen, sondern fast alles über den Shop verkaufen." Wenn der Mensch sich schon verpflichtet, dann will er auch etwas geboten bekommen und kein Produkt, das es überall zu kaufen gibt, auch ohne Abo. "Unser Vorteil ist, dass die Leute nicht wissen, was sie bekommen, und sich bei der Überraschung freuen", so Poschen. Bei Gebrauchsgegenständen würde die Emotion fehlen. Für das kommende Jahr hat sich Mauz&Wauz viel vorgenommen. Die Website soll neu gelauncht, ein Online-Shop, in dem die Produkte direkt nachbestellt werden können, integriert werden, und auch eine Expansion in andere Länder ist im Gespräch.
Einen Online-Shop haben mittlerweile die meisten Abo-Commerce-Unternehmen. Allein vom Abo-Geschäft lässt es sich offenbar nicht immer leben. Allerdings profitieren auch die Kunden, wenn sie die Produkte, die sie überzeugt haben, nachbestellen können, sei es nun der Lippenstift, die Schokolade oder das Leberwurst-Popcorn für den vierbeinigen Freund.(ks)
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