Channel 21: Optimistisch aus der Dauerkrise

07.12.2012 - Channel 21 hat eine wahre Odyssee hinter sich. Jüngst hat der Homeshopping-Sender sein Geschäftsmodell komplett umgekrempelt. Davor hatte sich das Unternehmen jedoch von einem Großteil seiner Mitarbeiter trennen müssen. Geschäftsführer Klaus Skripalle erklärte gegenüber ONEtoONE, warum er mittlerweile für die Zukunft des Senders äußerst optimistisch ist.

Im Jahr 2001 noch als RTL Shop der gleichnamigen Sendergruppe gegründet, wurde Channel 21 im Jahr 2006 an den Finanzinvestor Aurelius verkauft. Von 2010 an befand sich der Sender zunächst im Eigentum des ehemaligen Viva-Chefs Michael Oplesch, dann des Medienunternehmers Thomas Haffa. Heute gehört das Unternehmen komplett Wilhelm Beier, ebenfalls Eigentümer des Pharma-Konzerns Dermapharm.

"Wilhelm Beier war schon zur Zeit von Thomas Haffa an Channel 21 beteiligt. Später hat er 100 Prozent der Anteile übernommen - auch aus sozialer Verantwortung", erklärt Klaus Skripalle. "Channel 21 war bis dahin niemals ergebnispositiv." Die beiden Teleshopping-Marktführer HSE24 und QVC verbuchen Wachstum und sind seit Jahren profitabel. Über die Gründe dafür, warum dies Channel 21 bisher nicht gelingen wollte, will Skripalle öffentlich nicht spekulieren. Er führt das Unternehmen seit dem Herbst 2011 und war zuvor für Intershop tätig. Der Jenaer E-Commerce-Software-Konzern hatte das von ihm aufgebaute Berliner Unternehmen The Bakery übernommen. Channel 21 ist ebenfalls Intershop-Kunde - so kam der Kontakt Skripalles zu Beier zustande.

Drei Viertel der Mitarbeiter gekündigt

Der neue Geschäftsführer musste anfangs harte Einschnitte vornehmen: "Wir hatten 130 Mitarbeiter. Dann mussten wir 75 Prozent der Belegschaft kündigen; das betraf vor allen Dingen den Einkauf." Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen laut Skripalle wieder 50 Leute und versucht, mit einer kompletten Neuausrichtung erstmals in die Gewinnzone zu gelangen. "Wir haben im Mai 2012 überlegt, wie wir das Ruder noch herumreißen können, und hatten dann die Idee zu ,Media for Revenue`. Auf diesem Konzept haben wir in drei Monaten nach den Entlassungen das Unternehmen neu aufgebaut."

Die Idee: Der Sender agiert nicht mehr als Händler, sondern nur noch als Mittler. Channel 21 kauft nicht mehr selbst Waren ein, sondern stellt den vormaligen Lieferanten seine Sendezeit als Werbeplatz zur Verfügung. Für den Inhalt sowie die Produkt- und Moderatorenauswahl sind die Unternehmen verantwortlich. Auch den Versand übernehmen größtenteils die Lieferanten. Der Sender bietet die Plattform und übernimmt den Kundenservice. Nach Abzug aller gemeinsamen Kosten teilen sich beide Parteien den Gewinn.

[f1]"Wir haben uns vom Einkauf komplett befreit und auf unsere Kernkompetenzen beschränkt", sagt Skripalle. Aus seiner Sicht gehören dazu Produktion, Umsetzung der Show-Formate, das Debitorenmanagement, die Reichweite und der Kundenstamm. "Das ist unser Pfund" - und nicht der Einkauf. Durch das neue Modell entfallen für Channel 21 Warenrisiken, Lagerhaltungskosten und langfristige Kapitalbindung. Skripalle sieht noch andere Vorteile: "Unsere Lieferanten wissen viel besser, zu welchem Zeitpunkt sich etwas gut verkauft." Der Sender selbst könne heute, weil er nicht mehr eigene Warenbestände zwingend verkaufen muss, das Sortiment häufiger wechseln.

Aktuell sendet Channel 21 sechs Stunden live. "Auf lange Sicht wollen wir wieder zum reinen Live-Sender werden - aber in langsamen Schritten." Den Zweitkanal Channel 21 Express hat der Sender eingestellt. An seine Stelle ist Anfang Oktober Gems TV getreten. Auch dort ist Skripalle Geschäftsführer. Über Gems TV werden in einem 20-stündigen Live-Programm Edelsteine in Rückwärts-Auktionen (der Preis fällt, bis sich ein Käufer findet) verkauft. Der Sender gehört zur Channel-21-Holding, wird aber in Kooperation mit dem britischen Unternehmen The Genuine Gemstone Company betrieben, der unter dem gleichen Namen in England sendet. Das deutsche Gems TV wird in München auf dem Bavaria-Film-Gelände produziert. Acht Stunden des täglichen Programms werden ebenfalls auf Channel 21 gesendet.

Die Neuausrichtung von Channel 21 wurde zum 1. Oktober umgesetzt, offenbar mit schnellem Erfolg: Aktuell liegt die Neukundenquote laut Skripalle zwischen 30 und 40 Prozent. "Wir haben alte Lieferanten zurück-, aber auch neue dazugewonnen." Der neue Schwung soll helfen,Verbindlichkeiten aus der Vergangenheit abzubauen.

[hl]Intensivierung des E-Commerce[/hl]Außerdem will Channel 21 das Online-Geschäft ausbauen. So wird die sendereigene Website überarbeitetet ("Wir sind ungefähr bei Stufe drei von vier oder fünf") und die Frankfurter Agentur Klickkonzept soll die Online-Marketing-Maßnahmen optimieren. Der Anteil der Online-Umsätze soll auf 30 Prozent gesteigert werden. Bei den Mitbewerbern liegen sie aktuell bei um die 20 Prozent. Die mobilen Endgeräte möchte Skripalle im kommenden Jahr in Angriff nehmen. Bis dahin will er aber "erst einmal die Hausaufgaben machen", etwa durch Kundenzufriedenheitsbefragungen und neu designte Verpackungen. (re)

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