30.06.2008 - Das Internetgeschäft gewinnt gegenüber dem Kataloggeschäft für die Otto Group immer mehr an Bedeutung.
So rechnet der Versandhandelskonzern damit, dass Ende des Jahres zum ersten Mal mehr als die Hälfte aller Bestellungen auf elektronischem Weg getätigt wird. "Für unser Stammhaus Otto Versand erwarten wir im Weihnachtsgeschäft einen Umsatzanteil von 50 Prozent im Online-Handel", prognostiziert der neue Vorstandschef Hans-Otto Schrader. Das Unternehmen setzt vor allem auf Zuwächse im E-Commerce, um Absatzrückgänge über den klassischen Hauptkatalog wieder wettmachen zu können. Schrader: "Unsere Chance nach vorn sind weiter steigende Online-Anteile." Der Umsatz der drei führenden Versandhäuser der Otto Group - Otto, Schwab und Baur - ist im vergangenen Geschäftsjahr um rund vier Prozent zurückgegangen. Hier konnte der um 25 Prozent gestiegene Online-Handel das Umsatzminus im Katalogverkauf noch nicht ausgleichen. Wie Schrader einräumte, war der Gewinn in Deutschland rückläufig. "Wir hatten anspruchsvollere Pläne." Der Vorstandschef macht für diesen Umstand vor allem verantwortlich, dass "das stabile Wirtschaftswachstum in Deutschland beim Verbraucher noch nicht angekommen ist".
Was das Geschäft mit den Hauptkatalogen, den so genannten Big Books, betrifft, geht Hans-Otto Schrader nicht davon aus, dass sie "noch einmal ein Wachstumsmotor im Versandhandel" sein werden. "Der Kunde hat sich um- orientiert." Nicht erst im vergangenen Jahr habe sich dies abgezeichnet, eine kontinuierliche Tendenz bestehe schon länger: "Der Umsatzanteil von Big Books beträgt mittlerweile um die 30 Prozent, Ende der 70er Jahre waren es noch 90 Prozent."
Weil es laut Otto-Konzernsprecher Thomas Voigt aber noch immer so ist, dass 70 Prozent der Kunden, die online kaufen, über das Blättern im Katalog zu ihrer Entscheidung gelangen, brauche man dieses klassische Medium nach wie vor. "Print hat als Aktivierungsmedium durchaus weiterhin Bedeutung. Das kann Online nicht ersetzen." Deshalb verstärke das Unternehmen künftig seine Strategie, Katalogangebote noch mehr zu spezialisieren und parallel dazu vermehrt ins Online-Marketing zu investieren. Voigt: "Hier sind wir daran, die kontaktbezogene Kommunikation und die Dialogfähigkeit weiter auszubauen. Es werden dieses Jahr noch spannende Dinge passieren, was das Interaktionsmarketing betrifft."
Im vergangenen Jahr hat die Otto Gruppe ihr Portfolio durch neue Ansätze verändert. Keines der zugekauften Unternehmen ist ein klassischer Versender.
"Klare Priorität hat bei uns, das Multichannel-Service-Segment zu forcieren. Wir orientieren uns an E-Commerce-Unternehmen, die schon Erfahrung in diesem Bereich haben, und werden sicherlich nicht mehr in klassische Versender inves-tieren", so Voigt. Für das laufende Geschäftsjahr stehe die Weiterentwicklung des Distanzhandels mit dem Ausbau im Bereich E-Commerce ebenso im Fokus wie der Ausbau des Stationärgeschäfts. Zum anderen kündigte Schrader auch an, dass er Tochtergesellschaften verkaufen wolle. "Einige Firmen werden nicht noch auf Jahre hinaus Teil der Gruppe sein." Namen nannte er noch nicht.Aus der "optimalen Vernetzung der drei Säulen des Multichannelkonzepts", E-Commerce, Kataloggeschäft und Stationärgeschäft, soll im laufenden Jahr "eine nachhaltige Wettbewerbsdifferenzierung" resultieren.
Um mit der Intensität des Wettbewerbs mithalten zu können, müsse Otto allerdings "dynamischer und innovativer werden", wie Schrader einräumte. Einen hohen Stellenwert werde deshalb künftig dem Thema Services zugeschrieben. Ab Februar kommenden Jahres soll ein ausschließlich auf den Service fokussierter Vorstand an den Start gehen. Die Leitung dieses Ressorts wird Hanjo Schneider übernehmen, der seit Januar 2005 als Geschäftsführer der Otto-Tochter Hermes tätig ist. "In diesem Bereich müssen wir unsere Kompetenzen erhöhen", so Schrader. "Einen Qualitätswechsel" brauche es vor allem in der Dienstleistung in den Ressorts Katalog- und Web-Geschäft. Hier habe sich die Gruppe weniger als moderner Dienstleister denn als klassischer Versender definiert. Schrader: "Lange Zeit war hier nur die Rede vom Drittgeschäft - das klingt meiner Meinung nach wie Zahnschmerzen. Nun sind wir beim Begriff Mandantengeschäft angekommen." Was genau die Aufgaben von Hanjo Schneider in dem neuen Service-Ressort sind, werde in nächster Zeit festgelegt.
Im Segment Service verzeichnete die Gruppe im vergangenen Geschäftsjahr übrigens die größte Zuwachsrate bei den Logistik- und Reisedienstleistern des Konzerns. Hier stieg der Umsatz um 18,9 Prozent auf 707 Millionen Euro. Zu den Logis-tikdienstleistern zählen die Hermes Logistik Gruppe (HLG), Parcelnet in Großbritannien sowie die Hermes Warehousing Solutions in Deutschland. Die Touristik-Dienstleister sind in der Otto Freizeit und Touristik Gruppe zusammengefasst.
Im Herbst 2007 hat die Otto Gruppe sämtliche Anteile an Otto Japan übernommen. Von dort aus will der Konzern seine Aktivitäten in ganz Asien verstärken. Vorteile für den deutschen Markt sieht das Unternehmen vor allem auch im großen technologischen Fortschritt der Japaner. Was dort schon in alltäglicher Praxis möglich ist, sei hier noch Zukunftsmusik. Ein Beispiel dafür sei das Mobile-Geschäft (M-Commerce). "Hier liegt Japan ganz weit vorn, die technologischen Möglichkeiten sind dort viel weiter entwickelt", sagt Voigt. Zwar generiere Otto auch in Deutschland bereits Gelder aus diesem Geschäftszweig, allerdings "noch auf sehr geringem Umsatzniveau". Der Durchbruch für dieses Segment werde in Deutschland noch "einige Jahre auf sich warten lassen". Doch Voigt geht davon aus, dass die Otto Group durch die Erfahrungen, die sie derzeit im asiatischen Raum sammelt, dann auch einen deutlichen Wettbewerbsvorteil haben wird. "Hier ist ein riesengroßes Potenzial vorhanden."
Die Otto Group baut auch anderweitig ihre internationalen Geschäfte aus. Denn während im schwierigen deutschen Markt der Umsatz des Vorjahres mit einem Minus von 0,2 Prozent unterschritten wurde und bei 5,3 Milliarden Euro lag, legte der Umsatz der Otto Group im Ausland um 4,8 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro zu. Schrader: "Die zunehmende Internationalisierung mit einem Umsatzanteil von inzwischen 53,3 Prozent ermöglicht es uns, regionale Schwankungen auszugleichen."
Neben dem Ausbau der Aktivitäten in Asien ist der Fokus hier vor allem auf Mittel- und Osteuropa gerichtet. 2006 ist die Gruppe mit dem Gemeinschaftsunternehmen Direct Cataloque Service auf den Markt gegangen. Mit Otto, Bonprix und Witt vollzogen hier erstmals drei verschiedene Marken der Gruppe einen gemeinsamen gleichzeitigen Markteinstieg. Im Berichtsjahr hat die Otto Gruppe im Multichannel-Einzelhandel in Russland einen niedrigen dreistelligen Millionen-Dollar-Betrag umgesetzt. "Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Wachstum von 70 Prozent", sagt Voigt.
Im Mai dieses Jahres eröffnete das Gemeinschaftsunternehmen ein für 35 Millionen US-Dollar errichtetes eigenes Warehouse in Russland. Voigt: "Mit einer eigenen Warenhauslogistik vor Ort differenzieren wir uns ganz klar von Wettbewerbern." In nächster Zeit sei geplant, das Call-Center-Management in Russland deutlich auszubauen. "Wir haben hohe Erwartungen an die Entwicklung dort!" Bis zum Jahr 2010 rechne die Gruppe mit einem jährlichen Umsatz von zirka 500 Millionen US-Dollar.
(Elisabeth Zibulla)
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