Mit neuer Unit auf unberührten Pfaden?

Eine Unit zu gründen, ist in der Agenturlandschaft schick geworden. Man zeigt, was man hat. Selten ist damit eine Neuorientierung, ein langfristig angelegter Strategiewechsel, verbunden. Agenturkunden messen solchen Units kaum noch große Bedeutung bei. Scholz & Friends, Denkwerk und die BBDO Gruppe wollen zeigen, dass hinter einer Neugründung mehr stecken kann.

"Die Rolle klassischer Werbung relativiert sich zunehmend", sagt Frank-Michael Schmidt, Vorstandsvorsitzender von Scholz & Friends. Multidisziplinäre Kommunikation werde zum entscheidenden Erfolgsfaktor. "Diese Entwicklung führt zur Konsequenz, die funktionalen Differenzierungen in klar positionierten Organisationseinheiten abzubilden." Das habe seine Agentur in vielen Fällen getan - von Scholz & Friends Agenda bis zu Scholz & Friends Identify; und jüngst durch die Gründung von Scholz & Friends Sales Affairs, einer Spezialeinheit für POS-Kommunikation.

Wer die großen Linien der Entwicklung betrachte, könne konstatieren, "dass sowohl alle Formen der individualisierten Kommunikation als auch die letzte Meile zum Kaufakt eminent an Bedeutung gewinnen". In diesem Sinn sei es konsequent, so Schmidt, dass sich Scholz & Friends nach der Akquisition der GKK Dialog Group 2007 nun auch im Bereich POS-Marketing und Verkaufsförderung stärker engagiere.Wichtig ist dem Agenturchef, dass eine Neugründung nicht beliebig daherkommt. "Unsere unternehmensstrategische Leitlinie für die Gründung oder Ausgründung neuer Units besteht in den Kriterien der klaren inhaltlichen Positionierung, der wirtschaftlichen Attraktivität und der inhaltlichen sowie personellen Vernetzungsfähigkeit mit den bestehenden Instrumenten unseres Orchesters", sagt Schmidt.

Die Agentur Denkwerk hat jüngst gleich zweimal Neues gewagt: mit der Gründung der Unit Strategische Planung und der Zusammenstellung des Teams Mobile. "Das Internet hat die Anforderungen an die Markenführung grundlegend verändert", sagt Marco Zingler, Geschäftsführer Beratung bei Denkwerk. Die neue Unit hat die Aufgabe, neue Marketingansätze zu entwickeln.

"Wir wollen die interaktive Kommunikation in den Mittelpunkt stellen", so Zingler. "Aber im Internet muss man sich die Aufmerksamkeit erst verdienen." Strategische Planung sei bislang stets ein Thema klassischer Werber gewesen. Zingler will das ändern. "Wir müssen als Agentur auf alle wesentlichen Fragen der Kommunikation eine Antwort geben." Die Internet agentur will deshalb auch klassische Werber in die neue Unit holen.

Für Christoph Mecke, Geschäftsführer von Interone Worldwide, will die Installation einer neuen Einheit gut überlegt sein. "Eine Unit-Gründung ruht auf drei Säulen", sagt Mecke. Zunächst seien ökonomische Gesichtspunkte zu beachten. Wenn der Markt zu klein sei, lohne sich eine Unit-Gründung nicht. Zweitens sei eine klare Positionierung nach außen wichtig. Man grenze sich vom Markt ab und mache den Kunden klar, was die Agentur zu bieten habe. Schließlich gehe es auch um eine Positionierung nach innen. Mit einer Unit-Gründung könne man signalisieren, dass etwas Neues kommt - dass Umstrukturierungen anstehen. Das belebe dann auch den Wettbewerb innerhalb der Agentur.

Im Wesentlichen scheint eine Unit-Gründung allerdings eine Reaktion auf den Markt zu sein. "Die Mediennutzung, die Kundenwünsche und damit auch die Agenturlandschaft ändern sich", meint Mecke. "Derzeit haben wir eine Ausdifferenzierung von Disziplinen vor allem über die Kanäle. Aber die Kanäle allein sind meiner Meinung nach als Disziplin nicht mehr tragfähig." Eine Alternative zu den unterschiedlichen Kanälen sei auch nicht die 360-Grad-Kommunikation. Das Angebot "Alles aus einer Hand" könne schnell zum Bauchladen führen. Mecke: "Deshalb müssen wir nach einer Ausdifferenzierung in Zielgruppen suchen. Es geht um die Art der Ansprache." Die Unit Ethno One der BBDO-Gruppe sei der richtige Schritt. Ethno One will in Deutschland die rund 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund ansprechen.

Ein Allheilmittel ist die Unit-Gründung jedoch nicht. "Fernab einer Unit-Gründung kann man die Art der Ansprache auch über Kooperationen steuern", sagt Mecke. "Man muss ja nicht immer gleich eine Unit gründen." (te)