07.04.2015 - Der Tourismus boomt und konnte schon im Frühjahr dieses Jahres Rekordzahlen vermelden. Doch in kaum einer Branche ist es so wichtig und herausfordernd, Kunden auf allen Kanälen anzusprechen. Stefanie Schulze zur Wiesch, Leiterin Marketing bei TUI Deutschland, möchte in Zukunft stärker auf One-to-One-Marketing setzen.
Wie ernst zu nehmend sind eigentlich 74.000 Fans auf Facebook für ein Unternehmen, wenn eine Studentin innerhalb von 14 Stunden mit einem einzigen Beitrag die 75.000-Like-Marke knackt und die gesamte Social-Media-Strategie des Unternehmens bloßstellt? Die Studentin Yeliz Kaya wunderte sich Anfang März, dass Neckermann Blogger kostenlos auf Reisen durch die Weltgeschichte schickt, und fragte auf Facebook per Direct Message nach, ob sie nicht auch so eine Reise erhalten könne, wenn sie mit einem Posting mehr Likes als die komplette Seite des Unternehmens erhalten würde. Neckermann Reisen ging die Wette ein und gab ihr 14 Tage Zeit, um mehr als 74.315 Likes zu erreichen. Das Ende der Geschichte ist schnell erzählt: Bereits nach 14 Stunden war die Wette für Yeliz Kaya gewonnen (Post siehe: hier). 14 Tage später waren es schon mehr als 133.000 Likes. Neckermann Reisen selbst steht weiter bei unter 74.000. Das Unternehmen reagierte professionell, gratulierte und kündigte an, den Reiseort demnächst auf Facebook bekannt zu geben. Außerdem hieß es: "@all Wir sind von der Flut der Wett-Anfragen überwältigt. Wir hoffen, ihr habt Verständnis, dass dies eine einmalige Aktion gewesen ist. Aber vielleicht kommt ihr ja mit einer anderen kreativen Idee auf uns zu."
Ganz offensichtlich haben die Disziplinen Social Media und Content Marketing für die Tourismusbranche an Bedeutung zugenommen. Das ist nicht nur am Mehraufkommen von Social-Media-Profilen zu sehen, sondern auch durch Untersuchungen belegt. Zuletzt beschäftigte sich der Special-Interest-Vermarkter Mairdumont Media mit der Frage und gab die Untersuchung "Trendstudie. Werbung & Kommunikation im Tourismus 2015" heraus. Dabei wurden 356 Entscheider der Branche befragt und herauskam, dass Social Media seine Bedeutung im Kommunikationsmix erheblich gesteigert hat. 75 Prozent der Befragten planen entsprechende Aktivitäten, im Jahr zuvor waren es noch 42 Prozent (siehe Grafik als PDF im Anhang). Ebenfalls vorn dabei: Content Marketing. Auch hier planen drei Viertel der Befragten, in diesem Bereich aktiv zu werden.
[f1]Dies deckt sich mit der Aussage von Anja Kocherscheidt, General Manager der auf Tourismus spezialisierten Agentur Kocherscheidt Kommunikation: "Facebook ist keine `junge` Plattform mehr und richtet sich mittlerweile auch verstärkt an `Ältere` - also circa ab Mitte dreißig. Wenn ich diese Zielgruppe ins Visier nehme, lohnt sich Facebook für Tourismusunternehmen definitiv. Die Jüngeren erreiche ich eher über Youtube, Vimeo oder Instagram. Facebook ist für Tourismusunternehmen aber schon` deshalb so wichtig, weil es ihnen immer wieder vor Augen hält, dass sich die Kommunikationssituation grundlegend verändert hat. Es findet ein Dialog statt, von dem bestenfalls beide Seiten profitieren." Zu den größten Herausforderungen zählt Kocherscheidt die Tatsache, dass die Zielgruppen digital immer versierter werden, Inhalte besser prüfen und Angebote vergleichen können. "Und in der immer größeren Informationsflut und dem großen Konkurrenzumfeld gehen weniger gute Themen einfach unter. Deshalb müssen sich Tourismusorganisationen sehr genau überlegen, welche Inhalte und Alleinstellungsmerkmale sie hervorheben möchten. Wer keine guten Inhalte liefert, wird auch nicht gelesen, geliked oder geteilt. Einer der wichtigsten Trends in der Tourismuskommunikation ist deshalb Storytelling - sowohl online in den sozialen Medien und in Blogs als auch in den klassischen Printmedien." Emotionale Geschichten aus der Destination, verknüpft mit so genannten "Charakterköpfen" und positiven Gefühlen schaffen laut Kocherscheidt eine enge Bindung zum Reiseziel und bestimmen maßgeblich das Image nach außen.
[hl]Tourismus boomt - aber wie und wo wird gebucht?[/hl]"Neuer Rekord: 81,6 Millionen Flugpassagiere reisten 2014 ins Ausland" (von deutschen Flughäfen), hieß es beim Statistischen Bundesamt Anfang März dieses Jahres. Auch der Inlandstourismus ist laut dem Statistikamt im Jahr 2014 um drei Prozent gestiegen. Der Tourismus boomt also. Das beweisen auch die 175.000 Besucher der Internationalen Tourismusbörse (ITB), die vom 4. bis 8. März in Berlin stattfand (ebenfalls ein Rekordergebnis). Gerade rund um die ITB meldeten sich Vermarkter unterschiedlicher Mediengattungen und priesen an, dass ihr Medium sich für Tourismuswerbetreibende besonders gut eigne.
Das Marketing für Tourismusanbieter ist offenbar eine besondere Herausforderung. Denn in kaum einem anderen Segment ist der Entscheidungsprozess bis zum Kauf so langwierig und findet auf so vielen Kanälen statt. "Nutzer surfen auf durchschnittlich neun verschiedenen Travel-Seiten, bevor sie buchen", heißt es zum Beispiel bei dem britischen Technologie-Unternehmen Ve Interactive.
Laut den Unternehmen Weg.de und Intelliad finden viele Reisen ihren Anfang auf dem Tablet - vorzugsweise sonntags auf der Couch: Ganze 62 Prozent liegt der Traffic höher als an anderen Wochentagen. Über den Trip entschieden wird laut einer Untersuchung der Unternehmen generell überproportional häufig am Montag, hier ist auch die Conversion Probability am höchsten. Den Großteil ihrer Online-Reisebuchungen schließen die Kunden von Weg.de weiterhin über den PC ab (88 Prozent), gefolgt vom Tablet (zehn Prozent). Smartphones werden zwar zur kurzfristigen Recherche genutzt (14 Prozent des Traffics), aber nur zwei Prozent der Buchungen werden mobil abgeschlossen. Am schnellsten entscheiden sich die Deutschen bei Hotels, ausgerechnet das Buchen von Last-Minute-Reisen dauert am längsten. Basis der Studie ist die Analyse einer Stichprobe von 64 Millionen Reiseanfragen, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2014 auf dem Reiseportal gestellt wurden. "Wie und wie schnell die Deutschen ihre Online-Reisen buchen,` ist nicht nur stark vom Reisetyp abhängig, sondern auch vom Endgerät, mit dem die Nutzer unterwegs sind", sagt Mischa Rürup, COO Intelliad Media. "Ein Beispiel: User am Tablet haben zwar die höchste Conversion Probability, allerdings brauchen sie für die Buchung im Schnitt 20 Prozent länger und doppelt so viele Visits." Timo Beyer, Geschäftsführer COMVEL (Weg.de, Ferien.de u.a.), sagt: "Die Analyse unserer Buchungsdaten belegt, dass es zentral ist, die Interessen und das Buchungsverhalten der Nutzer zu kennen und daraus zu lernen."
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