Freiraum: Olaf Mahr über die Sache mit dem Werbebetrug

06.02.2015 - Bot Fraud, sprich der computergesteuerte Platzierungsbetrug im Werbemarkt, ist in der Marketing-Branche schon seit einiger Zeit ein Thema. Dennoch war erst 2014 das Jahr, in dem die gesamte Branche begann, die Problematik offen zu adressieren. In diesem Gastbeitrag erörtert Olaf Mahr, Managing Director DACH bei Integral Ad Science, die Frage, ob die Branche das Problem aus der Welt schaffen kann oder in einem endlosen Hase-und-Igel-Spiel mit den Betrügern gefangen ist.

Diesen Sommer gab es eine schockierende Schlagzeile: "60 Prozent der Mercedes-Werbeanzeigen wurden an Bots ausgeliefert" titelte die "Financial Times". Kurz danach tauchten weitere Schlagzeilen auf, in denen es um die Verschwendung von Werbeetats ging.

Das Phänomen, dass die Online-Werbebranche in ihrem Bemühen um Innovation, der Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Technologien und dem Bedarf nach immer größerer Reichweite neue Chancen für Betrüger geschaffen hat, ist kein neues. Aber spielt die Branche dabei ein Hase-und-Igel-Spiel, wo nach jedem gelösten Problem ein neues auftaucht? Bevor wir diese Frage beantworten, ist es wichtig, einen Blick auf die technologischen und kulturellen Kräfte zu werfen, welche die Online-Marketing-Branche derzeit prägen.

Im Zentrum der Bedenken stehen dabei Fraud Impressions und Fraud Audience. Jene Art von Betrug ist dabei besonders den Publishern zuzuschreiben, die Werbetreibende wissentlich betrügen, indem sie Werbung auf fiktive Websites ausliefern, wo sie von niemandem gesehen wird. Die Techniken hierfür sind unter anderem Pixel Stuffing oder das Übereinanderlegen mehrerer Impressions. Ein weiterer Bereich ist Video, wo Betrüger Werbespots in 1x1-iFrames stopfen, auf denen diese nicht abgespielt werden können, oder Videos in einer Dauerschleife laufen lassen, ohne dass Nutzer diese Videos jemals zu sehen bekommen.

Bot Fraud liegt vor, wenn ein Computer (meist sind es Zehntausende Computer) von einem Bot gekapert wurde und dieses den Computer dazu anweist, hinter den Kulissen und ohne Kenntnis des Nutzers Anzeigen auszuliefern. Das Ausmaß dieser Bot Frames ist verblüffend, denn täglich werden Millionen Ad Impressions elektronisch generiert, ohne die geringste Chance, dass diese Inhalte von einem menschlichen Wesen gesehen werden.

Dies bedeutet, dass Werbetreibende für Impressions bezahlen, die in bestehenden Adserver-und Tracking-Systemen als ausgeliefert erscheinen, aber nie von einem Menschen gesehen wurden. Ein besorgniserregender Anteil an Werbeetat wird so nutzlos verschwendet, was wiederum eine unvermeidliche Eigenschaft der Branche ist, die durch das Entfernen der menschlichen Komponente aus dem direkten Handel den Betrügern Raum zur Entfaltung bietet.

Die Branche muss zusammenarbeiten

Aber wird die Online-Marketing-Branche so bleiben, oder können wir die Betrüger ein für alle Mal besiegen? Da sich die Betrüger ständig weiterentwickeln, gibt es auf diese Frage keine einfache Antwort. Aber es gibt Dinge, die wir tun können, um die Auswirkungen von Fraud in der Zwischenzeit zu minimieren. Dazu brauchen wir als Erstes einen besseren Zusammenhalt. Wenn die Branche es nicht schafft, beim Kampf gegen Fraud zusammenzuarbeiten, setzen wir das Vertrauen der Marketingverantwortlichen aufs Spiel.

Zweitens müssen wir die Ausmaße des Problems realistisch betrachten und die Panikmache eindämmen, denn einige im Markt kursierende Zahlen zu verschwendeten Werbeausgaben und Betrug sind maßlos übertrieben. Weltweit sehen wir monatlich rund 150 Milliarden Impressions. Eine solide Datenbasis, die uns zeigt, dass kein 60-Prozent Fraud-Problem besteht. Unser aktueller Media Quality Report zeigt, dass Fraud im Video-Bereich bei bis zu 15 Prozent liegt, im digitalen Bereich sind es bis zu 13 Prozent.

Drittens, aufgrund der Größe der Branche ist es nicht möglich, die Betrüger in einem manuellen Prozess zu finden und zu stoppen. Wenn ich unser Firmeninteresse beiseite schiebe, ist die Realität doch so, dass die einzige Möglichkeit, die wir haben, darin besteht, entsprechende Tools einzusetzen, die dabei helfen, Fraud auf der Trading-Plattform, in Netzwerken oder innerhalb einer Kampagne zu identifizieren und zu eliminieren.

Letztlich werden sich die Betrüger immer weiterentwickeln, damit ihnen ihre lukrative Einkommensquelle erhalten bleibt. Sie werden versuchen, immer einen Schritt voraus zu sein, bevor man ihnen auf die Schliche kommt. Die gute Nachricht ist, dass wir stets differenziertere Wege entwickeln, um betrügerische Methoden zu identifizieren und Anzeigen, die auf diese Weise ausgeliefert werden, zu löschen oder zu blocken. Die Technologie ist da - jetzt ist es an der Zeit, sie zu nutzen.

Ihr Guide im New Marketing Management - ab 6,23 im Monat!

Hat Ihnen diese Beitrag weiter geholfen? Dann holen Sie sich die ONEtoONE-Premium-Mitgliedschaft. Sie unterstützen damit die Arbeit der ONEtoONE-Redaktion. Sie erhalten Zugang zu allen Premium-Leistungen von ONEtoONE, zum Archiv und sechs mal im Jahr schicken wir Ihnen die aktuelle Ausgabe.

Diskussion:

Vorträge zum Thema:

  • Bild: Isabel Kick
    Isabel Kick
    (synaigy GmbH)

    Praxisbeispiele: Die strategische Transformation zur Data-Driven Company

    Daten sind das Rückgrat moderner Unternehmen - und deren kluge Nutzung entscheidet über Erfolg und Misserfolg. Isabel Kick, Head of Analytics bei synaigy GmbH, zeigt in Ihrem Vortrag was es für Unternehmen bedeutet, eine Data-Driven Company zu sein. Anhand von Praxisbeispielen erfolgreicher Unternehmen zeigt Sie Herausforderungen, Projektbeispiele, Lösungen.

    Vortrag im Rahmen der Daten & KI 2024. Künstliche Intelligenz, Datengestütztes Marketing und Vertrieb am 14.05.24, 09:30 Uhr

Anzeige
www.hightext.de

HighText Verlag

Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling

Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de

Kooperationspartner des

Folgen Sie uns:



Besuchen Sie auch:

www.press1.de

www.ibusiness.de

www.neuhandeln.de