12.06.2012 - Ja, es gab Zeiten, in denen selbstbewusst auftretende Agenturvertreter ihren Kunden Online-Kampagnen verkaufen konnten, indem sie von spektakulären Page Impressions, phänomenalen Klickraten und "above average expected conversion rates" erzählten. Dazu die obligatorischen, optimistischen Balkendiagramme und ein wenig Online-Marketing-Fachchinesisch: Der Klient - meist der Advertiser - hatte in der Regel ja eh nicht das Know-how, um das Thema Online-Marketing in seiner gesamten Komplexität und Tiefe zu verstehen. Aber: Diese Zeiten sind vorbei - und das ist auch gut so.
von Susanne C. Steiger
Werbetreibende wollen wissen, wofür sie ihr Geld ausgeben. Sie wollen nur das bezahlen, was sie geordert haben, und sie wollen transparente, nachvollziehbare Belege dafür, dass die eingekaufte Leistung auch erbracht wurde. Für das Planen, Steuern und Kontrollieren ihrer Online-Marketing-Aktivitäten holen sich immer mehr Werbetreibende ihre eigenen Experten an Bord: eine Herausforderung für Technologieanbieter und Agenturen, die nun mit Fachleuten auf Augenhöhe verhandeln.
Diese Entwicklung führt zwangsläufig dazu, dass Standards eingeführt werden müssen, die allen Beteiligten die Arbeit und die Kommunikation miteinander erleichtern sowie Erwartungen an Online-Strategien in realistische und planbare Kanäle lenken. Ich bin davon überzeugt, dass sich als "harte", einheitliche Währung für die grafische Online-Werbung die Viewtime-Messung durchsetzen wird. Dabei wird gemessen, ob und wie viel Prozent eines Werbemittels gesehen wurde und wie lange. Dafür, wann eine Werbung als "View" gewertet wird, gibt es bestimmte Grenzwerte. Im Moment zeichnet sich im Markt der Konsens ab, dass 50 Prozent des Werbemittels für eine Sekunde lang im Browser-Fenster sichtbar gewesen sein müssen.
Wir gehen davon aus, dass etwa 30 Prozent der Display-Werbung nach dieser Definition nicht sichtbar ausgeliefert werden. Und nicht sichtbare Werbung sollte auch nicht bezahlt werden. Umgekehrt macht der Nachweis der Sichtbarkeit die Werbung noch wertvoller - sowohl für Branding als auch für Performance-Kampagnen: Im Branding ist es enorm wichtig, den wirksamen Werbemittelkontakt auf User-Ebene messen zu können. Im Performance-Bereich können Transaktionen den Websites zugeschrieben werden, die die Werbung auch sichtbar ausgeliefert haben - eine wichtige Information für die Kampagnenoptimierung.
Natürlich verursacht die Viewtime-Messung zusätzliche Kosten. Ist der Advertiser jedoch bereit, für diese Dienstleistung einen Aufschlag im einstelligen Cent-Bereich zu zahlen, kann er dafür ein Vielfaches dieses Betrages einsparen. Denn die Werbemittel, die vom Nutzer nicht gesehen wurden, werden ja vom Tausenderkontaktpreis abgezogen.
Ohne Viewtime-Messung ist kein Reporting objektiv und aussagekräftig möglich. Dieser Mess-Standard wird der bestimmende Faktor - und die Kontrolle über dieses Instrument wird in den Händen der Advertiser liegen. Werbetreibende lösen damit eines ihrer drängendsten Probleme: nicht genau zu wissen, wo ihre Anzeigen tatsächlich platziert werden. Viele Websites lassen durch Google ihre Restplätze vermarkten. Werbetreibende wollen demgegenüber verhindern, dass ihr Banner auf der Seite nach unten rutscht, wo sich eh kein Nutzer hinverirrt. Mit View Time wird die Zahl der tatsächlich wahrgenommenen Werbeauslieferungen ausgegeben. Und damit ist die Forderung der Werbetreibenden nach Transparenz und eindeutiger Messung endlich erfüllt.
Über den Autor
Torsten Ahlers ist Geschäftsführer des Technologie-Dienstleisters Next Audience. Er ist seit vielen Jahren in der Online-Branche aktiv und war zuvor für Audience Science, AOL Deutschland, Tomorrow Focus, Gruner+Jahr und den Axel Springer Verlag tätig.
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