10.05.2012 - "Was zurzeit im Media-Business stattfindet, ist zwar keine Revolution, keine plötzliche Umkehrung der Verhältnisse, aber doch zumindest ein Paradigmenwechsel", meint Sascha Jansen von Annalect Germany. Die großen Mediaagenturen haben sich in den vergangenen Monaten mit Unit-Neugründungen für den langsam aufkommenden Media-Handel in Echtzeit gerüstet.
Bislang hätten Mediaagenturen "people, scale and tools" zusammengebracht, also Menschen (Ein- und Verkäufer), Reichweite und Tools (etwa zum Buchen), so Jansen bei einem Vortrag auf dem Real-Time Bidding Summit in Hamburg. Zukünftig stünden Daten, Technologie und Analyse deutlich stärker im Fokus. Der Grund: Werbeplätze, also Media, könnten in Zukunft in großem Maße anders ver- und gekauft werden als bisher.
Jansen leitet die deutschen Geschäfte der Annalect Group (Teil von Omnicon), die zu einer Reihe von Mediaagentur-Units gehört, die an der Speerspitze der Entwicklung im Mediageschäft stehen. Xaxis (gehört zu Group M und damit zu WPP) und Cadreon (Teil der Interpublic Group) sind weitere Beispiele. Alle großen Werbenetzwerke wollen sich mit Neugründungen für die Veränderungen in der Media-Landschaft rüsten.
Die Grundannahme lautet: Media wird künftig in Echtzeit und auf Auktionsbasis automatisiert über technologische Plattformen gehandelt. Gleichzeitig verlagert sich der Fokus weg von Umfeldern hin zu Zielgruppen. Die Agenturen nennen dies "Audience Buying".
Beim Real-Time Bidding Summit verglich Jansen die sich andeutende Entwicklung im Media-Geschäft mit der des Aktienhandels. Auch dieser sei zunehmend automatisiert worden und habe sich dem Echtzeithandel immer weiter angenähert. 2011 wurde der "analoge" Parketthandel gänzlich eingestellt.
Im Media-Business habe die Einführung eines Gebotssystems durch Google im Jahr 2003 einen grundlegenden Wechsel eingeläutet - den die Agenturen zunächst verschlafen hatten. Mit den neuen Units wollen sie eine Wiederholung dieses Fehlers vermeiden. Annalect, Cadreon und Xaxis kaufen bereits Werbeplätze nach dem neuen Modell ein - bisher nur im Internet. Im vierten Quartal 2011 seien in Deutschland insgesamt schon 22 Milliarden Online-Werbeabrufe auf Realtime-Bidding-Basis (RTB, s. auch den OtO-Artikel aus dem vergangenen September) gehandelt worden, so Jansen. Bis 2019 könnte sich RTB sogar im TV etabliert haben, meint er. In einigen Jahren würden Mediaagenturen möglicherweise mehr Mathematiker und Informatiker als Betriebswirtschaftler einstellen.
Über die WPP-Agentur Xaxis wurde in den vergangenen Wochen im deutschen Markt besonders kontrovers diskutiert. Die Agentur betreibt unter anderem einen eigenen Tradingdesk. Sie kauft also Media-Volumen gebündelt ein und gibt Teile davon, je nachdem, welche Zielgruppen angesprochen werden sollen, an verschiedene Kunden weiter.
Die Branche stößt sich daran, dass Xaxis die Kontakte mit eigenen Zielgruppeninformationen "veredeln", dann teurer weiterverkaufen und damit selbst zum Vermarkter werden könne. Die Organisation der Werbetreibenden im Markenverband (OWM) spricht sich wie der Online-Vermarkterkreis (OVK) gegen solche Modelle aus. Letzterer schließt zudem aus, dass Mitglieder für ein solches Geschäftsmodell Inventar zur Verfügung stellen.
Bei seinem Vortrag beim Real-Time Bidding Summit vermied Mayer-Uellner den Ausdruck Trading. Im Gespräch mit ONEtoONE sagte er: "Wenn ich Targeting richtig machen will, muss ich im Bulk einkaufen." Es sei also notwendig, Werbeplätze in großen Mengen einzukaufen, um dann die jeweils relevanten Kontakte in der entsprechenden Zielgruppe heraussuchen zu können. (re)
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