31.10.2011 - "Ich bin Werbefachmann, einer von denen, der Sie von Dingen träumen lässt, die es für Sie niemals geben wird: ständig blauer Himmel, makellose Mädchen, perfektes Glück retuschiert mit Photoshop", kann man im scharfzüngigen Roman "Neununddreißigneunzig" von Frédéric Beigbeder über den speziellen Prototyp eines Werbers der Kommunikationsbranche des Jahres 2001 nachlesen. Zehn Jahre danach wird in der Werbewelt immer noch fleißig retuschiert, doch das Bild, das sich dem geneigten Branchenbetrachter mittlerweile bietet, ist wie in allen Lebenssituationen wesentlich komplexer und vielschichtiger geworden. ONEtoONE wagt schon jetzt einen Rückblick auf das Kreativjahr 2011 und sprach mit Agenturen über deren Einschätzung der Kreation im Wandel.
"Wir müssen heute liquiden Content schaffen, der zur Marke passt und inhaltlich so gut und relevant ist, dass er von den Menschen weitererzählt oder geteilt wird", sagt beispielsweise Alexander Schill, Kreativgeschäftsführer der Serviceplan-Gruppe, über die derzeitige Situation der Branche. Werbelügen hätten in einer Zeit, in der sich alles binnen weniger Momente via Web und Mobile überprüfen lasse, keine Chance mehr.
"Man muss heute versuchen, zu den Kunden eine Beziehung aufzubauen", ist Michael Kutschinski, Geschäftsführer Kreation bei OgilvyOne überzeugt. Produkte ließen sich zwar wie früher auch heute noch faktisch erklären, doch Menschen würden sich viel lieber mittels guter Geschichten für Dinge begeistern lassen.
"Ich finde, wir leben in einer großartigen Zeit, in der Kreative alles hinterfragen und manchmal sogar, im Tempo eines Wimpernschlags, einer Marke eine neue Bedeutung geben können", meint Armin Jochum, Vorstand Kreation bei Jung von Matt (JvM). Herausragend seien für ihn in erster Linie "Arbeiten mit großer kreativer Kraft, die auf einer Idee fußen, die es so noch nicht gegeben hat". Bestenfalls hätten diese Arbeiten auch noch die Wucht, etwas in der Welt zu verändern.
"I wish I had done that" ist laut Jochum denn auch ein Satz, den er im Hinblick auf die JvM-Kampagnen "Save as WWF" und "Konzertmilch" beim diesjährigen Kreativ-Festival in Cannes oft gehört hat. "Beide Kampagnenideen sind in ihrem Kern ganz einfach und üben eine starke Faszination aus."
Aus kreativer Sicht rechnet die Agentur, die unter anderem in
Cannes 16 Trophäen gewonnen hat, damit, in diesem Jahr nicht schlechter abzuschneiden als 2010. Um trotzdem "immer schön auf dem Teppich zu bleiben", treffen sich laut Jochum alle Kreativchefs der JvM-Gruppe in regelmäßigen Abständen zu einem mehrtägigen Gedankenaustausch und diskutieren darüber, wie sie ihre Kampagnen noch verbessern könnten. "Entscheidend ist, sich permanent weiterzuentwickeln und bloß nicht stehen zu bleiben", beschreibt Jochum die Marschroute und ergänzt, dass es klassische Denkmuster bei JvM heute nicht mehr gebe. Das spiegele sich sowohl in den entstehenden Kampagnen als auch in den Teams wider, die sich mittlerweile aus den unterschiedlichsten Spezialisten, je nach Kundenanforderung, zusammensetzen würden.
"Manchmal ist der Einsatz von 36 Grad wirkungsvoller als der von 360", ist Jochum überzeugt. Schließlich gehe es am Ende stets darum, wie man es schaffe, als Marke mit den Menschen in den Dialog zu treten. Und da sich die Anforderungen an das Berufsbild im Laufe der Zeit hochgradig verändert hätten, JvM nicht stehen bleiben möchte und Kommunikation inzwischen an 365 Tagen im Jahr stattfinde, hat die Agentur jüngst die Unit 365 gegründet, die einen ganzheitlichen Ansatz von Kampagnen verfolgt und Kunden wie Mercedes-Benz sowie die Hamburger Sparkasse betreut.
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