30.05.2008 - Ein Freiraum-Beitrag von Martin Oetting, Gesellschafter und Leiter Forschung bei der Mundpropaganda-Marketing Agentur TRND.
Weblogs, Podcasting, YouTube, Wikis, digitale Mundpropaganda, Twitter, Feedback, Online Dialog, Networking, Facebook, StudiVZ, MySpace - die Entwicklungen im Netz sind so mannigfaltig wie unübersichtlich, so unvorhersehbar wie verwirrend, so ungeplant wie revolutionär. Infolgedessen reagiert insbesondere das Marketing mit einiger Verwirrung. Wer soll durch dieses undurchdringliche Dickicht einen vernünftigen Mediaplan schlagen, um die erforderliche "Penetration der Zielgruppe" zu erreichen?Dabei steckt in genau dieser Frage bereits ein entscheidender Fehler. Warum, will ich kurz erläutern.Anzahl der Gatekeeper steigtIn diesem Wirrwarr 2.0 muss zunächst nur eine einzige Entwicklung verstanden werden: Die Anzahl relevanter Gatekeeper nimmt radikal und stetig zu.Wer sind die Gatekeeper? Früher war das einfach: Die "Torwächter" zur kollektiven Aufmerksamkeit der Nation ließen sich an einer Hand abzählen. Es reichte, die wichtigsten Redakteure zu kennen, in den wichtigsten Medien zu werben und bei Thomas Gottschalks "Wetten, dass...?" präsent zu sein. Die "Bevölkerung" saß davor und konsumierte. Die Volksaufmerksamkeit war "penetriert".Und heute? Nutzer konsumieren nicht mehr allein Medieninhalte - sie ordnen, sichten, verteilen und vor allem: produzieren jetzt immer häufiger selbst. Und das ohne Eintrittsbarrieren. Jeder halbwegs geschickte Web-Nutzer kann innerhalb weniger Minuten ein eigenes Blog betreiben, sich bei Facebook präsentieren, per Twitter sein eigenes Publikum aufbauen oder bei YouTube Filme veröffentlichen.
Diese Aktivitäten werden von vielen Medienprofis nicht ernst genommen. Auch Ein-Mann-Redaktionen können jedoch schnell die Informationsaufnahme von fünf oder auch von 450 Leuten beeinflussen. Die klassischen Medien werden sie zwar nicht ersetzen. Jeder einzelne dieser neuen Kanäle hat - zumindest heute noch - eine recht beschränkte Reichweite. Selbst vielgelesene Blogger in Deutschland haben nicht mehr als einige tausend Leser. Aber: Hier macht gerade Kleinvieh den Mist. Denn je mehr dieser Kleinproduzenten es gibt, desto mehr Aufmerksamkeit erhalten sie in der Summe.Unternehmen müssen in den Dialog einsteigenWie ist damit umzugehen? Die Antwort lautet: Dialog statt Penetration. Ein Nutzer, der seine eigene mediale Stimme entdeckt hat, will nicht von Werbebotschaften bombardiert werden. Wer im Web aktiv ist, macht sich selbst zum Kommunikationsprofi, sieht Werbung mit anderen Augen, zerlegt die Werbesprache in ihre Bestandteile und ist noch genervter von plumper Anmache.Daher sollten sich Unternehmen im Web zum Dialog bereit zeigen. Wichtig ist dabei, dieselbe Sprache wie die aktiven Web-Nutzer zu sprechen - sich persönlich in Kommentaren zu äußern, ein eigenes Blog zu betreiben, bei YouTube seine Filme zu zeigen, bei Facebook eigene Seiten anzulegen oder einen Twitter-Account zu betreiben.Ein Kritiker mag einwenden: "Da stehen Aufwand und Ertrag doch in keinem Verhältnis?!" Irrtum. Wer diesen Weg geht, wird bei den Leuten, die er im Dialog erreicht, eine intensive Wirkung erzielen. Wenn ein Unternehmen die Kommunikationspartner ernst nimmt, auf Anregungen eingeht und sich als interessanter Gesprächspartner im Netz zeigt, dann bekommt es im Gegenzug etwas, was kaum ein Werbespot kaufen kann: Mundpropaganda, Loyalität, Identifikation. Es baut sich seine eigene Fan-Gemeinde im Netz auf, die die Marke verteidigt, zum Kauf empfiehlt und als loyaler Partner Partei ergreift. Und das zeigt sich schließlich im Umsatz.
Wenn Sie also das nächste Mal planen, eine Zielgruppe zu penetrieren, überlegen Sie doch einfach, ob Sie nicht eher mit ihr ins Gespräch kommen wollen. Das ist deutlich charmanter und geht im Internet heute ganz fabelhaft.
Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling
Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de