27.07.2003 - Das neue Gesetz zum Schutz gegen den Missbrauch von 0190er- und 0900er-Rufnummern ist bei Verbänden, Marktteilnehmern, Verbraucherschützern und Vertretern der Bundestagsopposition mit großer Zustimmung aufgenommen worden. Zugegeben: Zu bemängeln hat jeder etwas, doch im Großen und Ganzen überwiegt die Erleichterung darüber, dass der ungenierten Abzocke einiger unseriöser Anbieter erst einmal ein Riegel vorgeschoben wurde.
"Es war dringend nötig, dass etwas passiert", gibt die FDP-Bundestagsabgeordnete Marita Sehn die allgemeine Stimmung wieder. Allerdings hätte sie es lieber gesehen, wenn der Gesetzgeber die Höchststrafe auf 500.000 Euro angehoben hätte. Zurzeit liegt sie bei 100.000 Euro. "Bis man merkt, dass jemand kriminell am Werk ist, kann dieser schon sehr viel Geld verdient haben", erklärt die Politikerin. Ihrer Meinung nach würde eine höhere Strafe auch eine höhere Abschreckung nach sich ziehen.
Die CDU vermisst ein Inkassoverbot: Die Deutsche Telekom kann theoretisch immer noch das Geld von unseriösen Anbietern eintreiben. Doch da die Telekom inzwischen bei Widersprüchen der Verbraucher freiwillig darauf verzichtet, stimmte die Union dem Gesetz trotzdem zu.
Außerdem stört sich die Oppositionspartei ebenso wie der Deutsche Direktmarketing Verband (DDV) und die Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste (FST) daran, dass sich das Gesetz nicht auf weitere Mehrwertnummern bezieht. Allerdings fasste der Bundestag einen Extra-Beschluss, wonach dieses Problem bei der anstehenden Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) berücksichtigt werden soll.
Nach Meinung von Wolf Osthaus, Bereichsleiter TK-Politik beim Telekommunikationsverband Bitkom, für den das Gesetz insgesamt ein "ganz tauglicher Versuch" ist, besteht ohnehin wenig Gefahr, dass die unseriösen Anbieter auf andere Nummern ausweichen. Der Grund: Die Verwendung bei anderen Nummern sei deutlich klarer begrenzt. Insofern ergebe eine pauschale Ausweitung der Regelung keinen Sinn: "Man sollte vorher genau analysieren, wo ein Missbrauch besteht, anstatt gleich mit der groben Latte draufzuschlagen." Allerdings befürchtet Osthaus, dass die Preisgrenze von zwei Euro pro Minute eine zu große Hürde für Mobilfunkanbieter darstellen könnte. Daher seien schnell Regeln für Verfahren notwendig, mit denen der Kunde höhere Preise autorisieren kann.
Fortsetzung von Seite 1 Auch Harald Geywitz, Leiter des Hauptstadtbüros des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (vatm) stößt sich an der Höhe des erlaubten Preises und betrachtet Zusatzmodule als zu kompliziert für Mobilfunkanbieter. Grundsätzlich hält er die Einführung von Preisgrenzen aber für richtig. Viel schwerer wiege der Verzicht auf eine Datenbank für 0190er-Nummern. Die jetzt beschlossene Suche nach Anbietern findet er "sehr kompliziert und sehr schwierig".
Bei den Anbietern überwiegt trotz aller Kritik die Erleichterung darüber, dass der Ruf der Branche nicht weiter beschädigt wird: "Mit der Gesetzesänderung wird Rechtssicherheit geschaffen, die auch den Netzbetreibern zugute kommt", sagt Tim R. John, Vertriebs- und Marketingvorstand von dtms in Mainz. Er begrüßt die Einrichtung einer Datenbank von 0900-Rufnummern und die Sanktionsmöglichkeit, die Rufnummern bei Missbrauch zu entziehen. Bei den Dialern solle festgelegt werden, in welcher Art Einwahlprogramme distribuiert und heruntergeladen werden dürfen, um zu verhindern, dass Dialer durch Spam-Mails verbreitet werden. Außerdem sollte die Telekom in der TK-Gesetzes-Novellierung dazu verpflichtet werden, dauerhaft für alle telefonischen Mehrwertdienste Rechnungsstellung und Ersteinzug zu übernehmen. Grund: Seriöse Rechtsanwälte, Berater und Support-Hotlines laufen bei der derzeitigen Praxis Gefahr, nicht zu ihrem Geld zu kommen. Schließlich würden über 99 Prozent der angebotenen Dienste von den Verbrauchern beanstandungslos genutzt.
Auch Ove Struck von Talkline sieht noch Nachbesserungsbedarf im Bereich Internet-Dialer: "Hier hätten wir uns nicht nur eine Registrierung der Dialer durch die Regulierungsbehörde, sondern im Interesse des Kundenschutzes auch eine Vorabprüfung gewünscht."
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen vzbv kritisiert die Übergangsfrist von einem Jahr für Mobilfunkanbieter. Die TK-Expertin des Vereins, Carola Elbrecht, befürchtet, dass Verbraucher dort, wo bislang am meisten Missbrauch betrieben wurde, weiterhin geschädigt werden. Ihre Hoffnung richtet sich daher auf die TKG-Novelle, die voraussichtlich im Herbst verabschiedet wird. "Immerhin", räumt vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller ein, "ist endlich der Einstieg geschafft worden, um die Verbraucher vor erheblichen finanziellen Schäden zu schützen". Ein Durchbruch zu einem umfassenden Schutz vor unseriösen Machenschaften sei der Regierungsentwurf jedoch nicht. brö
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