20.11.2001 - Eine Frage der Kultur: OgilvyOne versteht sich nicht als reine "Business-Maschine"
vh Franz-Josef Rensmann (46) ist CEO der mit rund 55 Millionen Mark Gross Income zweitgrößten Dialog-Agentur des Landes. OgilvyOne in Frankfurt und die noch kleine Dependance in Düsseldorf beschäftigen rund 200 Mitarbeiter, die mit schöner Regelmäßigkeit Kreativpreise einheimsen und sie somit zur meist dekorierten Agentur im deutschen Dialogmarketing machen. Im Oktober haben die Ogilvyaner just den ECHO Award in Gold gewonnen. Und obwohl somit alle Vorzeichen für eine offensive Eigen-PR des Franz-Josef Rensmann gegeben sind, zeichnet sich der Mann durch geradezu hanseatische Zurückhaltung aus.
ONEtoONE: Sie sind schon seit 14 Jahren bei OgilvyOne und trotzdem treten Sie auf einschlägigen Branchen-Treffs eher selten auf. Wie kommt das?
Franz-Josef Rensmann: Hm, wie kommt das? Ich habe im Untergrund gewirkt! Nein, im Ernst: Es liegt daran, dass wir in der Vergangenheit nur sehr vorsichtig PR betrieben haben. Und wenn, dann war sie auf denjenigen, der die Gesamtverantwortung innehatte, fokussiert - das war bis zum letzten Jahr Rolf-Dieter Hölzel.
OtO: Was hat sich denn unter Ihrer Ägide bei OgilvyOne geändert?
Rensmann: Wir arbeiten heute sehr viel integrierter. Wenn Sie diese Agentur heute mit der vor fünf Jahren vergleichen, dann war sie damals vielleicht eher eine reine Dialogmarketing-Agentur und heute ist sie eher eine CRM-Agentur.
OtO: Alle setzen derzeit auf CRM, wobei beispielsweise die Vertreter von Software-Häusern, Call Centern und Agenturen häufig völlig unterschiedliche Dinge darunter verstehen. Haben Sie nicht die Befürchtung, dass die Seifenblase CRM zerplatzen könnte, wenn die Marketingmanager die Lust daran irgendwann wieder verlieren?
Rensmann: Das Risiko, dass die Lust an dem Begriff verloren geht, besteht sicherlich. Was bleiben wird, ist die eigentliche Idee, die ja gar nicht neu ist, nämlich: Kunden, die eine Beziehung zu einer Marke haben, immer den gleichen Eindruck zu vermitteln und sie an die Marke zu binden. Der Begriff CRM hat in einer euphorischen Phase, in der die Neuen Medien entstanden sind, geholfen, das Thema schwunghaft nach vorne zu bringen. Das Risiko - und das ist die andere Seite der Medaille - ist, dass CRM manchmal als pure Software-Lösung verstanden wird. Es ist ein Mental Change, den man nicht verordnen oder durch eine Software bewirken kann. CRM ist ein Prozess. Und der hat gerade angefangen.
OtO: "Zweistellig wachsen bei guten Erträgen" war ihr im Sommer postuliertes Ziel für OgilvyOne in diesem Jahr. Mussten Sie dieses Ziel angesichts der seit dem 11. September eingesetzten Wirtschaftsflaute revidieren?
Rensmann: Nein. Ich will nicht verhehlen, dass die Situation angespannt ist, aber wir spüren keine Auswirkungen, die unser Wachstum gefährden. Natürlich gibt es immer den einen oder anderen, der darüber nachdenkt, Teile des Budgets gleich in den Profit zu überführen, indem er das Marketingbudget streicht, aber das ist Gott sei Dank die Minderheit. Andere investieren gerade jetzt noch intensiver in Marketing und CRM als vorher.
OtO: Sie gehören also nicht zu den Agentur-Chefs, die nun überall sparen und Mitarbeiter entlassen?
Rensmann: Nein, wir entlassen nicht. Aber natürlich haben wir bei Neueinstellungen etwas auf die Bremse getreten, denn es weiß ja noch niemand, wie das nächste Jahr läuft. Generell stellen wir fest, dass alle Welt hypersensibel ist. Viele Kunden planen jetzt keine Aktionen für das ganze nächste Jahr, sondern zunächst mal nur für das erste Quartal.
OtO: In der Branche kursiert das hartnäckige Gerücht, dass Sie mit der Münchner Agentur Graffiti über eine eventuelle Übernahme verhandelt haben. Stimmt das?
Rensmann: Sie erwarten nicht ernsthaft eine Antwort von mir! Wir reden generell nicht über Akquisitionsgespräche, solange sie nicht final sind.
OtO: Das heißt also, dass der Gedanke an eine OgilvyOne-Expansion durch Agenturzukauf nicht abwegig ist?
Rensmann: OgilvyOne ist bei diesem Thema bekanntlich sehr konservativ. Dennoch hat das Network immer auch Gespräche geführt. Wenn eine Konstellation wirklich mal optimal wäre, würden wir das auch machen. Wir sind uns aber darüber im Klaren, dass es auch immer darum geht, zwei Kulturen zusammenzuführen. Und das ist eine große Herausforderung. Schließlich arbeiten wir im People´s Business, und Menschen kann man nicht einfach wie Schachfiguren hin und her schieben
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OtO: Die Verweildauer der Mitarbeiter bei OgilvyOne ist erstaunlich lang. Zahlen Sie so gute Gehälter oder woher rührt diese Treue?
Rensmann: Tolle Talente lassen sich mit Geld allein nicht binden. Ich glaube, die Ogilvys haben es verstanden, den kulturellen Aspekt immer mitzuführen und eine Agentur nicht nur als Business-Maschine zu verstehen - und das bindet manchmal mehr als alles Geld dieser Welt.
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