15.03.2001 - UMTS-Lizenznehmer erkennen die Bedeutung individueller Inhalte
Auf der Suche nach der ultimativen Anwendung sind zurzeit die UMTS-Lizenznehmer und die mit ihnen verbandelten Dienstleister. Die UMTS-Technologie (Universal Mobile Telecommunications System) erlaubt Übertragungsraten von zwei Megabit pro Sekunde - das entspricht der 32-fachen ISDN-Geschwindigkeit - und soll den europäischen Handy-Besitzern 2003 zur Verfügung stehen.
Doch Geschwindigkeit ist nicht alles, wie die i-mode-Technologie beweist, die in Japan derzeit für Furore sorgt. Die mit GPRS (General Packet Radio Services) vergleichbare Technologie, die dem Nutzer lediglich übertragene Dateipakete berechnet, transferiert nicht eben rekordverdächtige Dateigrößen von zehn Kilobit pro Sekunde. Kosten und die Stabilität des Netzes scheinen eine entscheidendere Rolle zu spielen als pure Schnelligkeit.
Und natürlich Inhalte: i-mode bietet Zugriff auf derzeit 33.000 Seiten, von Finanzdiensten bis hin zu Entertainment-Angeboten. Daraus sollten die frisch gebackenen europäischen Lizenznehmer, als da sind D1, D2, E-Plus/Hutchinson, Viag Interkom, Mobilcom/France, Telekom und Sonera/Telefonica, lernen. Und so brüten sie über Anwendungen, die der Nutzer wirklich braucht und für die er bereit ist, zu bezahlen.
Georg J. Stockmann, Geschäftsführer von Sykes Enterprises in Hannover: "UMTS kann eine Industrierevolution auslösen. Das Problem ist, dass die möglichen Geschäftsfelder bislang kaum abgeschätzt werden können und die Grenzen erst abgesteckt werden müssen. Ganz verschiedene UMTS-Geräte sind denkbar, die sich an unterschiedliche Zielgruppen und Anwendungen anpassen werden."
Der Nutzen muss auf Anhieb erkennbar sein, glaubt Frank Sarfeld, Senior Vice President der Bertelsmann eCommerce Group: "Die Netzbetreiber haben zwar die teuren Lizenzen bezahlt, aber das Geld werden andere damit verdienen", so der Medienvertreter auf dem Kongress "UMTS. Kommunikation der Zukunft" im März in Berlin.
Handy-Hersteller, Netzbetreiber und Content-Provider müssten eng zusammenarbeiten, um nützliche, individualisierbare Anwendungen zu schaffen. Denn was nützen den Netzbetreibern ihre Lizenzen, für die sie insgesamt 100 Milliarden Mark gezahlt haben und die pro Lizenznehmer weitere 10 Milliarden Mark für den Netzausbau verschlingen werden, wenn sie die Kosten nicht durch sinnvolle, multimediale Anwendungen kompensieren können?
An UMTS-Nutzern soll es zumindest dem deutschen Markt Experteneinschätzungen zufolge nicht mangeln. Im Jahr 2010 sollen mindestens 35 Millionen Deutsche den neuen Dienst verwenden - wenn der hält, was er verspricht. "Erfinder sind gefragt", so der Appell von Frank Schubert, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Talkline, an das Kongresspublikum. Nicht die Netze interessierten den Kunden, sondern die Inhalte. "Im Inhalt und in der Inhaltsvermittlung liegen Zukunftsmärkte der Kommunikation mit UMTS." Nur für individuell relevante Inhalte seien Kunden bereit, zu bezahlen. Echtes One-to-one also ist hier gefragt.
Peter Wagner, Vorstandsvorsitzender bei debitel, wird konkret. Er hält Dienste für interessant, bei denen der Kunde Inhalte selbst erstellen kann, wie bei SMS und E-Mail. Textnachrichten würden im UMTS-Zeitalter durch Bilder und andere Add-Ons ergänzt werden. Individuelle Dienstleistungen wie "location based Services", zu deutsch: ortsbezogene Dienste, böten informativen Mehrwert - von der Staumeldung und Routenplanung bis hin zur Ermittlung von Restaurants, Kinos oder Ärzten am Ort. Organizer-Funktionen wie Kalender, Memo und Unified Messaging werden laut Wagner das Handy mehr und mehr zum persönlichen Assistenten machen. So genannte Transaktionsdienste würden einen weiteren Schwerpunkt bilden, denn nicht nur Einkaufen, auch Bankgeschäfte, Ticketreservierungen und Überweisungen wolle der Handy-Nutzer künftig mobil abwickeln können.
All diesen Diensten ist gemeinsam, dass der Kunde individuelle Informationen erhalten oder versenden kann - mithin ein riesiges Marktpotenzial für individuelles Marketing.
Gerhard Schmid, Vorstandsvorsitzender von MobilCom, bezeichnete das UMTS-Gerät auf dem Berliner Kongress als Multifunktions-Terminal. Es sei Telefon, Telefonbuch, Gelbe Seiten, Terminkalender, Postkasten, Navigationssystem, Auskunft, Bahn-fahrplan, Kamera, Fotoalbum, Chat-Terminal, Einkaufszettel, mobile Bank, Kinovorschau, Zeitung, Online-Shop, Terminal zum Buchen von Flügen, Konzertkarten und Hotelzimmern... In der Logistikkette könnten UMTS-Geräte eingesetzt werden, um Fuhrparks optimal zu vernetzen. UMTS-Endgeräte könnten für die Machine-to-Machine-Kommunikation fest in Fahrzeuge und Anlagen installiert werden.
Im Mittelpunkt der neuen Technologie steht laut Uwe Heddendorp, Vorsitzender der Geschäftsführung von AOL Deutschland, freilich der Mensch. Er habe naheliegende Wünsche, die sich in den fünf Cs zusammenfassen ließen: Communication und Communities sorgen für Austausch und Geselligkeit, Content befriedigt das Informationsbedürfnis, Commerce bietet individuell relevante Produkte und Convenience bedeutet bequeme Handhabung der elektronischen Endgeräte. Denn Multimedia muss letztlich so aufbereitet werden, dass es die breite Masse anspricht. Ob diese breite Masse allerdings bereit ist, die Kosten der Technologie aufzufangen, bleibt freilich fraglich.
Übrigens: Ende dieses Jahres werden weltweit mehr als hundert UMTS-Lizenzen vergeben worden sein, so Dr. Alfred Tacke, Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Die USA, die sich bei der Frequenzvergabe nicht sonderlich ins Zeug gelegt haben, zählen dabei ausnahmsweise zu den Nachzüglern. go
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