Wollen wir in der Werbung belogen und betrogen werden?

29.03.2012 - Ich bin überzeugt, dass Kunden mit Werbung auch unterhalten werden wollen. Und daher scheint mir das Spiel mit gängigen Klischees oder erkennbaren ironischen Übertreibungen als akzeptabel und vom Kunden durchaus gewollt.

So glaube ich nicht, dass Männer ernsthaft erwarten, dass die Verwendung von Axe dazu führt, das sich Heerscharen junger Frauen auf den Weg machen, dem Verwender willenlos zu folgen (auch wenn das der Traum von vielen von uns ist). Ebenso ist mir kein Fall bekannt, in dem ein Mann sich ernsthaft bei der Brauerei Carlsberg darüber beschwert hätte, dass die Frauen in seiner Umgebung nicht von Bier zu Bier schöner und erotischer werden. Ebenso gehe ich davon aus, dass jedem Verbraucher klar ist, dass der Genuss von Bacardi ihn nicht automatisch mit lauter schönen und entspannten Menschen auf eine Insel in der Südsee oder Karibik beamt ... Trotzdem kann er vielleicht ein wenig von dem vermittelten Lebensgefühl in sich aufnehmen.

Nicht über faktische Eigenschaften täuschen
Produkte, die eigentlich niemand braucht, müssen und sollen mit emotionalen und unterhaltsamen Werten aufgeladen werden. Aber die Bereitschaft, Übertreibungen hinzunehmen, endet sicherlich da, wo über faktische und grundlegende Eigenschaften getäuscht oder gefährliche Risiken und Mängel bewusst verschleiert werden. Im Dialogmarketing geht es nicht mehr darum, Produkte emotional mit Werten aufzuladen oder durch ironische Überspitzung aufmerksam zu machen. Der Dialog dient dazu, beim Kunden - vielleicht gerade durch solche Werbung entstehende - Fragen zu beantworten und ihm in der Produkte-, Tarif- oder Sortimentsvielfalt eine Orientierung zu geben.

Unternehmen müssen nicht alles sagen
Lügen sind hier fehl am Platze und führen zwangsläufig zu einer Enttäuschung, die schnell in eine negative Publizität mündet. Übertreibungen lösen keine Verständnisprobleme, sondern sie vertiefen diese und bieten somit keine Hilfe. Dialoge bedeuten, dass ich etwas für mich Relevantes erfahren möchte, um meine Entscheidung zu treffen. Vielleicht muss ein Unternehmen auch im Dialog nicht alles sagen, was es weiß - insbesondere, wenn nicht danach gefragt wurde. Aber die Antworten, die der Dialog gibt, müssen erlebbar und belegbar richtig sein. Hier gilt der alte Grundsatz: "Man muss nicht alles sagen, was wahr ist. Aber alles, was man sagt, muss wahr sein."

Die Kunst liegt vielleicht auch darin, den richtigen Übergang aus den "akzeptierten Übertreibungen" der Werbung in die realen Dialoge des Dialogmarketings zu gestalten. Etwas, was auch schon immer eine Herausforderung für den Vertrieb darstellte. Denn Vertrieb und Dialogmarketing sind hier offensichtlich viel enger verbandelt als Dialogmarketing und Werbung. Trotzdem sollte die Werbung auch auf die Möglichkeiten der Anknüpfung von Dialog und Vertrieb an die eigenen Storys achten - sonst bleiben diese als isolierte Säulen zum Selbstzweck stehen und verlieren den Bezug zum eigentlichen unternehmerischen Auftrag.

Kreativer Multi-Channel-Wahn ohne Business-Bezug
Übrigens passiert dieses durchaus häufiger, als es öffentlich wahrgenommen wird. Viele Werbekampagnen haben inzwischen in einem kreativen Multi- und Omni-Channel-Wahn den Bezug zum tatsächlichen Business ebenso verloren wie die Finanzmärkte den Bezug zur Realwirtschaft. Börse und Werbung sind gleichsam oftmals dem Selbstzweck gewidmet. Beide bauen Scheinwelten auf, die sich in der Realwirtschaft nicht wiederfinden lassen, und haben den Bezug und den Zugang zum Verbraucher lange verloren - auch wenn sie dem Anschein nach erfolgreich sind.

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