03.06.2010 - Ein Freiraum-Beitrag von Thorsten A. Gropp, Inhaber und Gründer von Interactivelabs mit Sitz in Augsburg.
Weiter so, ist nicht. Versuchen Sie erst gar nicht, Ihre Erfahrungen aus dem klassischen Marketing auf Social Media zu übertragen. Es wird nicht klappen. Soziale Medien funktionieren nach völlig anderen Gesetzmäßigkeiten. Erstmals in der Mediengeschichte ist damit ein komplettes Umdenken in den Marketingabteilungen erforderlich. Bisher war es doch so: Die technische Entwicklung führte zweifellos zu einem rasanten Anstieg von vielfältigen Medienangeboten. Zeitungen, Publikums- und Special-Interest-Titeln, das duale Rundfunksystem mit seinen zahlreichen privaten Radio- und TV-Sendern und dann Mitte der 90er Jahre das Web 1.0. Die Mechanismen im Marketing blieben jedoch stets dieselben. Im Wettkampf der Werbungtreibenden - nennen wir es "David gegen Goliath" - gewann stets der große Goliath. Das meiste Budget, der höchste Werbedruck, der größte Erfolg.
Im Web 2.0 verliert diese Formel erstmals ihre Gültigkeit. Mehr noch: Sie kehrt sich um. Bleiben wir beim Duell David gegen Goliath. Im Social-Media-Bereich ist meist der kleine David der Sieger. Warum? Werbungtreibende können hier ihren bisherigen Broadcast-Modus getrost vergessen. Social Media ist Konversation, Beziehung, Austausch. Plötzlich begegnen sich Werbungtreibende mit ihren Kunden auf Augenhöhe. Größe ist schnell suspekt. Man solidarisiert sich eher mit dem kleinen David. Ein Beispiel: Mit einem Schock-Viral ging vor wenigen Wochen Greenpeace gegen den Nestlé-Konzern vor. Der Lebensmittelriese versuchte daraufhin, eine weitere Veröffentlichung im Web zu stoppen und bewirkte das Gegenteil: Der Clip verbreitete sich rasant im Web und wurde über Twitter und Facebook zigmal empfohlen. Die Netzgemeinde wendete sich gegen Nestlé.
Das alte Paradigma "PAY to PLAY" hat ausgedient. Jetzt heißt es "PLAY to PLAY". Und das ist keine Frage des Geldes. Die Kunden mitzureißen und interessante Dialoge mit ihnen und für sie zu schaffen ist nicht an die Budgethöhe gekoppelt. Viel wichtiger ist die Fokussierung: Unternehmen sollten sich auf die Plattformen und gezielten Aktionen konzentrieren, die am besten zu ihnen passen.
Mit den "Roller Babies" gelang Evian beispielsweise ein echter Coup. Mit mehr als 22 Millionen Abrufen ist es einer der meistgeklickten Clips bei Youtube: Rollschuhfahrende, breakdancende Windelträger, die den Claim "Live Young" wunderbar rüberbringen. Über eine halbe Million Treffer spuckt Google für die Begriffskombination "Evian/Roller Babies" aus. Die Kampagne zeigt, wie Werbung im Social-Web funktioniert. Aus dem Werbedruck, wie wir ihn aus den klassischen Medien kennen, wird hier ein Werbesog. Aus der herkömmlichen Zielgruppe werden im Web echte Fans, die aktiv ihren Beitrag zur Kommunikation leisten. Besonders erfolgreich sind hier vor allem Kampagnen, die mitreißen, echte Gefühle auslösen. Auch hier ein krasser Gegensatz zur herkömmlichen Werbung, wo derzeit eine Kakophonie aus Sonderangebots-, Rabatt- und Zins-Getröte vorherrscht. In Social Media undenkbar, weil nicht Erfolg versprechend.
Wie also das Thema Social Media richtig anpa-cken? Liebe Kollegen in den Marketingabteilungen, hier hilft ausnahmsweise wirklich mal ein Blick in die Vergangenheit. Macht´s wie damals, Ende der 90er Jahre, als das Thema E-Commerce in den Unternehmen etabliert wurde. Gründet für Social Media eigene Teams, weitab der üblichen Konzernstrukturen und -hierarchien. Führt die jungen Social-Media-Experten an der langen Leine! Sammelt Erfahrungen und Wissen! Erst mittelfristig, in einem zweiten Schritt, gehören dann die Social-Media-Teams in die Marketing- und PR-Abteilungen integriert.
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