24.11.2008 - ONEtoONE sprach mit Suchmaschinenmarketing-Experten über die aktuelle Marktlage sowie Trends und Entwicklungen. Die Verzahnung und Optimierung von Kampagnen sowie mobile und lokale Suche weisen großes Wachstumspotenzial auf.
Bis zu 105 Zeichen und ein Link - viel steht den Nutzern von Googles Suchwortanzeigen Adwords nicht zur Verfügung, um potenzielle Kunden anzusprechen. Und doch hat das Suchmaschinenmarketing (SEM) in den vergangenen Jahren einen Senkrechtstart hingelegt. Ein Ende des Booms scheint vorerst nicht in Sicht: Der Online-Vermarkterkreis schätzt, dass bis Ende dieses Jahres die Investitionen im Bereich Suchwortvermarktung erneut um 24 Prozent auf 1,47 Milliarden Euro zugenommen haben werden. Das Forum Online-Mediaagenturen (Foma), dem 21 der größten Agenturen Deutschlands angehören, kam neulich bei einer Expertenbefragung unter seinen Mitglieder zu einem ähnlichen Ergebnis: 86 Prozent der Befragten glauben, dass der Bereich Search in der Online-Werbung bis zum Jahr 2013 noch einmal an Bedeutung zulegen wird.
Reichweitenstark, relevant, preiswert
Wo liegen die Gründe für diesen Erfolg? Dr. Robert Mayer-Uellner, Head of Business Development bei der Münchner Digital-Marketing-Agentur I-Crossing (vormals 3G Net), sieht mehrere Faktoren. "Durch die hohe Reichweite von Google erzielen auch die Werbetreibenden eine hohe Reichweite." Außerdem sei SEM bereits kurzfristig wirksam und direkt steuerbar, weil dabei ein direkter Ursache-/Wirkungszusammenhang bestehe. "Ein weiterer Vorteil: Suchmaschinen üben einen großen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Verbraucher aus", so Dr. Mayer-Uellner. Man könne hier zwar nur Plankäufer, das heißt Kunden mit direktem Kaufinteresse, ansprechen - "70 Prozent der Nutzer gehen aber vor einem Kauf auf die Internet-Suche".
Ron Hillmann sieht es als größtes Plus des SEM, dass dem Nutzer, abhängig von seiner Sucheingabe (den Keywords), relevante Werbung angezeigt wird. "Durch die Suchabfragen kann ich vorqualifizierte User einkaufen. Diesen Kanal gibt es nirgendwo anders." Hillmann ist heute Geschäftsführer der Online-Marketing-Agentur LBI Iven & Hillmann, begann aber bereits im Jahr 2001 bei dem Web-Services-Anbieter Immobilienscout mit Suchmaschinenmarketing über das Netzwerk von Overture, das später von Yahoo aufgekauft wurde. "Damals musste man Keywords noch über Excel-Tabellen hochladen und einbuchen. Das ist heute schon um einiges einfacher geworden." Die Werbeform sei zudem günstig und somit für Unternehmen jeder Größe nutzbar: "Suchmaschinenmarketing ist die billigste Quelle überhaupt, um Kunden zu gewinnen sowie Leads und Absätze zu generieren."
Die Abrechnung nach Cost-per-Click (CPC), bei dem die Kunden nur pro wirklichen Klick auf ihre Anzeige bezahlen, sieht Holger Meyer ebenfalls als großen Vorteil: "Suchmaschinenmarketing ist ein erfolgsbasiertes Modell. Werbekunden zahlen nur dann, wenn ein Nutzer tatsächlich auf die Web-Seite kommt." Auch er betont die Reichweite des Kanals durch das hohe Volumen an Suchen: "Im Mai 2008 wurden in Deutschland laut Comscore 3,7 Milliarden Suchanfragen gestellt." Meyer war maßgeblich am Aufbau von Google Deutschland beteiligt, wo er zuletzt als Country Director Sales für den Agenturbereich zuständig war. Mit 121 Watt bietet der SEM-Fachmann nun Training im Bereich Performance-Marketing an. Mit im Boot ist Alexander Holl, zuletzt Geschäftsführer des Anzeigenportals Kalaydo. Holl hatte davor als erster deutscher Mitarbeiter über mehrere Jahre hinweg den Aufbau von Overture verantwortet. Das Unternehmen wurde später von Yahoo aufgekauft und in Yahoo Search Marketing umbenannt.
Keine Alternativen zu Google?
Wie hat sich der Markt unterdessen entwickelt? Nachdem das britisch-stämmige Online-Marketing-Netzwerk Miva sich im September aus dem deutschen Markt komplett zurückgezogen hat, existieren nur noch zwei Anbieter am Markt: Google und Yahoo. Branchenexperten schätzen den Anteil von Google im SEM-Markt auf rund 90 Prozent. "Jeder würde sich wünschen, dass das ein bisschen besser verteilt ist, weil es mit Google einfach eine extrem große Marktmacht gibt", kommentiert Isabell Wagner diesen Umstand. Wagner ist Managing Director der Online-Marketing-Agentur Bigmouthmedia Deutschland und war von 2002 bis 2008 bei Yahoo Search Marketing beschäftigt, von 2004 an als Geschäftsführerin. "Wenn man davon als Agentur oder direkter Werbetreibender in irgendeiner Form abhängt, dann ist das nie schön. Das gilt aber für alle Monopolisten."
Wagners ehemaliger Arbeitgeber bedient den Rest des Marktes. "Yahoo hat noch eine Relevanz, auch durch seine Zulieferer", so Philipp von Stülpnagel, Geschäftsführer der Agentur Sumo sowie Arbeitskreisleiter SEM beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). "Mit einer Reichweite von zehn Prozent kann man das Unternehmen nicht außen vor lassen." Wie Ron Hillmann betont, gibt es bei Yahoo auch im Unterschied zu Google die "Paid Inclusion", bei der Werbekunden Keywords direkt in den Suchergebnissen buchen können. "Das ist in Deutschland kaum bekannt, in anderen Ländern jedoch Tagesgeschäft."
Ein Schritt, mit dem Yahoo gegenüber Google Boden gutmachen will, ist die neue so genannte Open Strategy. In der Öffnung seiner Dienste und Plattformen für Fremdentwickler und damit -einwirkung unterscheidet sich Yahoo deutlich von Google. Der Branchenprimus gibt sich besonders in Bezug auf seinen Suchalgorithmus stets recht zugeknöpft und will Manipulationen vorbeugen. Yahoo indes setzt mit dem Tool Search Monkey seine Öffnung auch im Bereich der Internetsuche um. Heiko Genzlinger, der als Commercial Director von Yahoo Deutschland seit Anfang des Jahres auch für den Search-Bereich verantwortlich ist, erklärt: "Yahoo gibt hier Website-Betreibern Werkzeuge an die Hand, mit deren Hilfe sie Suchergebnisse um Bilder, Daten oder andere Informationen erweitern und somit dazu beitragen können, dass Suchergebnisse optimiert werden." Genutzt hätten das Tool bereits Wikipedia.de, Welt.de, Facebook.com und Meinestadt.de. Noch einen Schritt weiter geht Yahoo mit der Plattform "Build your own Search Service", bei der Entwickler und Unternehmen auf Basis des Yahoo-Index eigene spezifische Suchergebnisse gestalten und so die Marktlandschaft rund um das Thema Internetsuche entscheidend verändern und beeinflussen können. "Zum Beispiel kann damit das Ranking von Ergebnissen neu definiert und bearbeitet oder auch die Darstellung von Suchergebnissen selbst gesteuert werden", sagt Genzlinger.
"Das Entscheidende", so Isabell Wagner, "sind aber ganz klar die Nutzerreichweiten." Hier scheint Google in Deutschland uneinholbar vorn zu liegen. Laut dem Statistikdienst Webhits werden rund neun von zehn Suchanfragen über Google durchgeführt. "Für die Werbetreibenden steht und fällt das Thema mit der Anzahl von Nutzeranfragen, die sie erreichen, und dann natürlich mit der Qualität der Klicks und der Klickpreise", so Wagner weiter.
Dr. Mayer-Uellner von I-Crossing weist darauf hin, dass es auf internationaler Ebene Unterschiede gibt: Yahoo habe in den USA immerhin noch einen deutlich größeren Marktanteil als hierzulande, in China seien Baidu und in Russland Yandex relevante Player. "Generell wird Google wohl den Markt so lange dominieren, bis eine ,bessere` Suchmaschine auf den Markt kommt." Dr. Mayer-Uellner denkt dabei besonders "an neue Entwicklungen wie die semantische Suche".
Alexander Holl von 121 Watt empfiehlt Unternehmen den Blick über den Tellerrand. "Meiner Meinung nach sollten sich Unternehmen auch mit Preisvergleichssuchmaschinen, Meinungsportalen wie Ciao oder Holidaycheck, Google News, Netzwerken wie Xing, Studi VZ oder Facebook, Web-2.0-Angeboten, Wikipedia und zum Teil auch mit Blogs auseinander setzen."
Trends Verzahnung & Optimierung
Als einen der wichtigsten Trends zurzeit sieht Isabell Wagner von Bigmouthmedia ganz klar die Tendenz, "viele Online-Maßnahmen miteinander zu verzahnen, denn das schafft starke Synergien". Es gehe mittlerweile nicht mehr nur darum, auf Platz eins zu stehen, egal ob bei den organischen oder bezahlten Ergebnissen. "Gerade für Marken ist es interessant, eine so genannte ,Search Space Saturation` zu erreichen, bei der die Unternehmen möglichst viele oder im Idealfall natürlich alle Plätze auf der ersten Seite belegen." Mit Online-PR und Social-Media-Marketing ließen sich relativ gut Ergebnisse erzeugen, die innerhalb der organischen Suche erscheinen. Darüber hinaus könne man Affiliates anbieten, die eigenen Markennamen im SEM zu belegen, so dass möglichst viel Kontrolle über die eigene Marke bestehe. Da Google bei seiner "Universal Search" mittlerweile auch Ergebnisse aus der Bilder-, Video- und Blogsuche in die normale Ergebnisliste mit einbindet, könne man auch auf diese Weise innerhalb der Listings erscheinen. Alexander Holl von 121 Watt sieht eine ganzheitliche Betrachtung von Online-Maßnahmen ebenfalls als ein Muss an. "Welchen Einfluss haben meine Branding-Maßnahmen auf die Conversion meiner SEM-Kampagne, und wie kann ich das überprüfen, lauten zentrale Fragen."
Für Ron Hillmann ist die Optimierung der Landing-Page, also jener Seite, auf der die User nach dem Klick auf die Anzeige landen, das Thema der Stunde. "Die Optimierung nach dem Klick wird immer wichtiger, sprich: Ich teste mit multivarianten Analysen, ob mein ausgegebenes Budget sich auch rechnet. Denn der Kampf vor dem Klick ist unter den Wettbewerbern extrem hart." Wenn man das Verhältnis der Anzahl der Klicks zur Anzahl der Verkäufe verbessere, könne man außerdem wieder mehr pro Klick bieten. "Markteinschätzungen zufolge gibt es in diesem Bereich bei fast jeder Kampagne Optimierungspotenziale zwischen 25 und 100 Prozent", sagt Alexander Holl.
Lokal und mobil wird wichtiger
Sumo-Chef von Stülpnagel sieht außerdem die Tendenz zu einer Personalisierung der Suchergebnisse: "Es wird zu einer verstärkten Auslieferung nach demografischen Daten kommen. Zukünftig werden wir alle unterschiedliche Suchmaschinenergebnisse bekommen, weil das Nutzerverhalten berücksichtigt wird." Auch den Bereich lokale Suche sieht von Stülpnagel als wichtige Neuerung: "Das Gelbe-Seiten-Geschäft wird sich immer mehr online verlagern. Noch bucht der Bäcker von nebenan keine Adwords, aber das wird sich ändern." Gleichzeitig entwickele sich der Bereich Mobile Marketing. "Der steht zurzeit noch am Anfang, aber ein Nutzer, der mit dem Handy unterwegs sucht, bringt ja auch eine ganz andere Kaufbereitschaft mit sich." Hier, so von Stülpnagel, entstünden auch neue Herausforderungen.
Heiko Genzlinger von Yahoo sieht hier ebenfalls "deutliches Wachstumspotenzial" und glaubt: "Mit unserer für das mobile Endgerät optimierten Suche One Search befinden wir uns in diesem Bereich in einer Poleposition." T-Mobile ist bereits One-Search-Partner und hat den Dienst in sein Web-n-Walk-Angebot eingebunden. Wie Yahoo mit der mobilen Suche Geld verdienen will, ist indes noch nicht klar. "Die Monetarisierung von One Search ist ein zentrales Thema, das uns weit über dieses Jahr hinaus beschäftigen wird", sagt Genzlinger.
Keine Angst vor der Zukunft
Trotz Finanzkrise sehen die SEM-Experten positiv gestimmt in die Zukunft: "Suchmaschinenmarketing als effizienter Marketingkanal wird weniger stark von den derzeitigen Entwicklungen betroffen sein", so 121-Wattler Alexander Holl. "Für die Unternehmen gilt es aber zu verstehen, wie sich die Bedürfnisse der Kunden und damit das Suchverhalten verändern wird." Auch Philipp von Stülpnagel glaubt, dass sich die Wirtschaftskrise auf die Branche nicht so stark auswirken wird - schließlich sei diese " stark Performance-getrieben". (re)
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