05.09.2008 - Unternehmen sollen personenbezogene Daten künftig nur noch mit der ausdrücklichen Einwilligung der Betroffenen weitergeben dürfen. Dieses Ergebnis des Datenschutzgipels der Bundesregierung stößt bei den Verbänden auf Kritik.
Nach den jüngst bekanntgewordenen Missbrauchsfällen mit vielen Tausend Kundendaten hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble einen Gipfel in Berlin einberufen: Neben Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, Bundesverbraucherminister Horst Seehofer und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos waren die zuständigen Landesminister sowie die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern vor Ort. Wichtigstes Fazit: Die Weitergabe und der Verkauf persönlicher Daten soll künftig nur noch mit ausdrücklicher Erlaubnis der Verbraucher möglich sein. Bislang dürfen Daten weitergegeben werden, wenn zuvor nicht ausdrücklich widersprochen wurde. Schäuble kündigte einen entsprechenden Gesetzesentwurf noch für dieses Jahr an.
Außerdem will die Bundesregierung für den Missbrauch privater Daten das Strafmaß erhöhen. Einzelheiten soll eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz des brandenburgischen Innenministers Jörg Schönbohm bis Mitte Oktober erarbeiten. Die Arbeitsgruppe soll unter anderem prüfen, ob eine Kennzeichnungspflicht für die Herkunft von Daten in Frage kommt.
Darüber hinaus will das Bundeskabinett bis Ende November einen Gesetzesentwurf für ein so genanntes Datenschutzaudit auf den Weg bringen. Falls Unternehmen künftig beim Datenschutz freiwillig deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gehen, können sie dafür ein staatliches Gütesiegel erhalten. Das Datenschutzniveau der Unternehmen soll dabei von unabhängigen Gutachtern überprüft werden.
Die Beschlüsse des Gipfels stoßen auf Kritik: Bereits im Vorfeld der Tagung hat der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) gemeinsam mit führenden Verbänden der deutschen Wirtschaft ein Schreiben an das Gremium des Gipfels mit der Aufforderung gesandt, "die nötige Balance zwischen den anzuerkennenden Schutzinteressen der Verbraucher, aber auch den berechtigten Interessen der Wirtschaft", zu wahren.
Gegenüber der "Financial Times Deutschland" betonte ein Sprecher des ZAW nach dem Gipfel, dass die geplante Regelung erhebliche Auswirkungen für die Werbewirtschaft, für Adressunternehmen, die Post und auch für Druckereien habe. Das Direktmarketing werde "abgewürgt".
Der Versandhandelsverband BVH geht mit den jüngsten Entscheidungen ebenfalls nicht konform. "Die Fälle von illegalem Datenhandel, die zur Einberufung des Gipfels geführt haben, sind kriminelle Delikte, die schnell aufgeklärt werden müssen", so BVH-Justiziar Dr. Peter Rheinländer. "Sie waren und sind bereits nach dem geltenden Datenschutzrecht verboten." Der BVH kritisiert insbesondere, dass die Einwilligungslösung zur Nutzung und Weitergabe von Kundendaten nicht zur Bekämpfung von kriminellem Datenklau beitragen werde: "Die jetzige Diskussion ist vergleichbar mit der Forderung, das Vermieten, Verleihen und Leasen von Autos zu verbieten, um den Autodiebstahl einzudämmen." Statt über neue Regelungen solle "über eine bessere sachliche Ausstattung der Datenschutzbehörden" nachgedacht werden, damit diese ihre Aufgaben erfüllen könnten. Die Nutzung von Kundendaten sei essentieller Bestandteil von Versandhandelsverkäufen. Auch bei der Neukundengewinnung würden sich Versandhandelsunternehmen streng an die geltenden Gesetze halten, erklärte der BVH. Die nun geforderte Einwilligungslösung wäre den Kunden nur schwer zu vermitteln und würde sich negativ auf das Geschäft auswirken.
Dass die Forderungen der Bundesregierung "am Ziel vorbeischießen", äußert der Deutsche Dialogmarketing Verband (DDV). Patrick Tapp, Vizepräsident Public Affairs und Verbraucherdialog im DDV: "Dem Bürger wird eine Sicherheit vorgegaukelt, die es gar nicht geben kann. So existiert beispielsweise seit jeher Kreditkartenbetrug und niemand käme auf die Idee, deshalb Kreditkarten als solche abzuschaffen." Der Verband warnt vor einem "erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden", den das geforderte opt-in-Verfahren langfristig verursachen könnte. Die bisher angewendete Widerspruchslösung funktioniere gut und sorge für einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen Verbraucher und Wirtschaft. (eaz)
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