Freud und Leid im I-TV

20.09.2007 - Das Konzept von Betty TV steht kurz vor dem Aus. Dagegen brummt das Geschäft bei Joca.

Vom Sofa aufstehen. Was bestellen. Eine Fernbedienung nämlich, die 40 Euro kostet. Dann kann man mitmachen beim interaktiven Fernsehen (I-TV) mit Betty TV. Ein Konzept, das in der Schweiz offensichtlich nicht aufgegangen ist: Zum 30. November zieht sich der Telekommunikationsanbieter Swisscom von seiner Tochterfirma Betty TV zurück. Das Geschäft wird an Betty TV Deutschland übergeben.

Das Unternehmen in Deutschland steht bislang ebenfalls noch unter der Führung von Swisscom. "Das Ergebnis in der Schweiz lag weit unter den Erwartungen und war definitv nicht profitabel", räumte Christian Morawietz, Marketingchef von Betty TV Deutschland, gegenüber ONEtoONE ein. Für die 35 Mitarbeiter in der Schweiz besteht ein Sozialplan.

Aber nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland wurde das Geschäftsziel von Betty TV nicht erreicht. Morawietz: "Bis Ende 2007 wollten wir die 500.000er Marke knacken, definitv haben wir bislang aber erst um die 100.000 Kunden." Endgültig entschieden sei zwar noch nichts, sagt Morawietz; unsicher sei aber durchaus, ob Swisscom plane, weiterhin in Betty TV Deutschland zu investieren. "Wir haben die Erwartungen nicht erfüllt. Und natürlich sagt Swisscom: Wenn das Konzept auf dem Heimmarkt schon nicht wie gewünscht funktioniert hat, warum soll es dann in Deutschland klappen?"

Schnell installiert und kostengünstig"Die teure Fernbedienung ist definitiv das größte Problem von Betty TV", behauptet Sascha Müller, Geschäftsführer des Kölner Mobile-Marketing-Dienstleisters Interactiv. Interactiv ist der Betreiber des Portals Joca, eines Dienstes, der via Mobiltelefon medienübergreifend Interaktivität herstellt. So können Joca-User zeitgleich zum TV-Programm an Gewinnspielen oder Abstimmungen teilnehmen und zusätzliche Informationen wie Tipps zum Fernsehprogramm, Radio-Playlists und Verkehrsnachrichten abrufen.Zudem können Nutzer per SMS-Botschaft Hits aus dem Radio downloaden oder per Mobile-Kurzmitteilung auf Printanzeigen reagieren, um Warenproben zu bestellen. "User erwarten vom Mitmach-Fernsehen, dass sie schnell bei einem Format mitmischen können, das ihre Emotionen weckt." Wenn man erst zusätzliche, kostenintensive Gerätschaften bestellen müsse, sei die Euphorie schnell verflogen. Müller: "Mitmach-Fernsehen muss selbst aktiv sein."

Interaktives Fernsehen ist nur eines von mehreren Features, die Handybesitzer bei Joca nutzen können. "Wir sehen uns nicht direkt als TV-Mitmach-Dienstleister", sagt Müller. "Wir stellen vielmehr eine technische Plattform zur Verfügung, die bei Leuten auf Interesse stößt, die aktiv danach suchen, was sie eigentlich alles mit ihrem Handy machen können."

Die User hätten aber auch beim Thema I-TV ihre eigenen Kriterien: "Unser Angebot muss sich schnell und kostengünstig auf das kleine Format Handy übertragen lassen." Joca ist Mitte 2005 gestartet und verfügt inzwischen über eine Reichweite von etwa 300.000 Handys. Der Download der Joca-Software aufs Mobiltelefon dauert 30 Sekunden und kostet, so Müller, "je nach Vertrag nicht mehr als ein paar Cent". So günstig kann Joca diesen Dienst anbieten, weil man laut Müller Mitmach-TV "nur als die Spitze des Eisbergs" sieht und die Kooperationen mit anderen Unternehmen weitreichend gestreut hat. "User nutzen zwar die Möglichkeit, sich in Fernsehkanäle einzuschalten, erwarten aber gleichzeitig aktuelle Verkehrsinformationen und andere Recherche-Dienste. Beispielsweise hat Joca eine Partnerschaft mit Wikipedia."

Mitmachen - aber wie?[/b]Eine aktuelle Studie der Erlanger Agentur Defacto belegt, dass sich Marketing-Entscheider noch unsicher sind, wie I-TV funktioniert und wie dieses Format als Dialogmarketing-Instrument genutzt werden kann. "Etwa 60 Prozent von 100 befragten Marketing-Entscheidern im B-to-C-Bereich sind überhaupt nicht oder nur schlecht über I-TV informiert", sagt Jan Möllendorf, Chef von Defacto Kreativ. Wüssten Entscheider besser um die Möglichkeiten des I-TV, was etwa die Bereitstellung von Zusatzinformationen oder die regionale Differenzierung von Kommunikationsinhalten angeht, "wäre ihnen das Potenzial dieses Formats im Marketing-Mix bewusst", so Möllendorf. eaz

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