Smarte Karte statt schöner Schein?

31.10.2003 - Value Link expandiert nach Deutschland

Geschenke sind schon lange out und Geschenkgutscheine in. Nun sollen auch diese vom Markt verschwinden und ersetzt werden durch Geschenkkarten - zumindest, wenn es nach dem US-amerikanischen Karten-Hersteller Value Link geht. In den USA vertreibt Value Link seit Mitte der 90er Jahre wiederaufladbare Prepaid-Karten, die der Besitzer bei bestimmten Händlern zum Bezahlen verwenden kann. Vom Erfolg ermutigt versucht Value Link International seit zwei Jahren sein Glück in Großbritannien und wagte nun den Sprung in den deutschen Markt. Mit dem wird es Value Link nicht leicht haben.

Die handliche Plastikkarte mit Magnetstreifen können Händler jetzt an ihre Kunden oder verdiente Mitarbeiter verschenken - und mit ihr einen gutgeschriebenen Geldbetrag. Der Vorteil gegenüber Papier: Der Kunde kann die Summe gestückelt einlösen. "Das ist bei Gutscheinen oft ein Riesenproblem", sagt Alexander Schulz-Margeth, Geschäftsführer des Hamburger CRM-Beraters Loyalty. "Denn: Was macht man mit dem Rest?" Zudem ist das Bezahlen völlig frei von Risiken, und die Prozess- kosten beim Handling sollen sogar unter denen von Papiergutscheinen liegen. Ein weiteres Plus: 58 Prozent der Inhaber lassen nach Angaben des Herstellers mit der Karte mehr Geld im Laden, als darauf gutgeschrieben war. Value Link zufolge hat das Tool auf dem US-Markt eingeschlagen wie eine Bombe. 80 Prozent aller US-Händler setzen bereits Geschenkkarten ein. Das Marktforschungsunternehmen IDC schätzt den Markt für Geschenkkarten zurzeit auf 36 Milliarden US-Dollar. Das Marktvolumen papierner Gutscheine sank seit 1998 von zwölf auf nur mehr drei Milliarden Dollar.

Doch die Erfolgsgeschichte muss sich in Deutschland nicht wiederholen. Schulz-Margeth: "Der deutsche Markt ist ein dramatischer Hasser des Prepaid-Gedankens. Für ein Gratis-Handy schlucken einige Teenies diese Kröte, aber ansonsten ist die Geldkarte der sensationellste Flop der letzten Jahre." Seines Wissens sind die Investitionen noch heute nicht einmal durch die Umsätze gedeckt.

Bei den Briten, wo der gesamte Markt 2002 mit 1,03 Milliarden britischen Pfund beziffert wurde, konnten seit Markteintritt lediglich die Wal-Mart-Tochter Asda und der Buchhändler Borders gewonnen werden. Auffällig: Während der Anteil der Karten im amerikanischen B-to-B-Bereich nur 20 Prozent beträgt und 80 Prozent der Karten in Konsumentenhänden liegen, ist das Verhältnis auf der britischen Insel fast ausgewogen: 46 Prozent der Karten kursieren unter Geschäftspartnern. "Wenn 80 Prozent der Händler die Karte ein-setzen, können die Umsätze trotzdem minimal sein", sagt Schulz-Margeth: "Die Frage ist, ob das System gelebt wird, und in Deutschland spielen da eigentlich nur Rabatte und Coupons eine Rolle."

Value Link International, eine Tochter des CRM-Spezialisten First Data mit Sitz in Denver, Colorado, entwickelt und vertreibt die Geschenkkarten in den USA seit Mitte der 90er Jahre. Nun will sie den europäischen Kontinent von Paris aus erobern. Die Unit verwaltet nach eigenen Angaben weltweit Geschenk- und Einkaufskarten-Programme von rund 130 Händlern verschiedener Größe - darunter Toys´R-Us, Ikea, Starbucks und Food Locker.

Der deutsche Handel habe darauf nicht gerade gewartet, meint Schulz-Margeth. "Zur Gewinnung von Neukunden mag es Sinn machen, die relativ hohen Stückkosten für die Karte auf sich zu nehmen." Und als Incentive für Mitarbeiter? "Da gibt es schon andere Systeme wie Mitarbeiterkarten, die Rabatte und Guthaben verarbeiten können." Mit diesen ließe sich das Prepaid-Projekt nicht problemlos kombinieren. "Generell werden sich die großen Häuser schwer tun. Wer Kundenkarten in Umlauf hat, wird sich dafür kaum interessieren", so Schulz-Margeths Prognose.

Dabei scheint die Geschenkkarte sogar ein gewisses crossmediales Potenzial zu bergen: Rein technisch kann das Tool auch zum virtuellen Einsatz oder auch am POS genutzt werden. Internet-Nutzer stehen dem Instrument deutlich aufgeschlossener gegenüber als Nicht-User. Karteninhaber können ihr Guthaben am Computer einsehen, die Karte aufladen, weitere Karten kaufen oder mit ihr online shoppen. Am Point-of-Sale muss das Kassensystem allerdings an die Software angepasst werden. Wenn Händler bereit sind, in die zusätzliche Technik zu investieren, wird aus der Schenk- auch leicht eine Smart Card. Schulz-Margeth: "Bei solchen Aktionen muss der Händler immer sehr gut auf sich selbst und seine Margen achten, sonst ist er schnell weg vom Fenster."

Seit einigen Monaten sondieren so genannte Country-Manager den deutschen Markt. Immerhin konnte man sich Ende 2002 mit Walmart einigen. Eine Unternehmenssprecherin von Value Link sagte, man sei mit der deutschen Verbreitung der Shop & Schenk Card "mehr als zufrieden". Rund eine Million Exemplare seien bereits im Umlauf. asc

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