Keine Chance für Pay-TV?

29.04.2002 - "Premiere muss stärker als Vertriebsprodukt vermarktet werden"

Die Kirch-Krise zieht weite Kreise: Der einst als Premium-Produkt geplante Bezahlsender Premiere muss laut Unternehmenssprecherin Katrin Gogl insgesamt 800 Stellen abbauen. Allein im Customer-Care-Bereich fallen rund 30 Prozent der Arbeitsplätze weg. Düstere Prognosen, wonach das Pay-TV in Deutschland ohnehin dem Untergang geweiht sei, machen die Runde. Auch einige Kreativ-Agenturen dürften nichts zu lachen haben, droht ihnen doch nun der Verlust eines einst renommierten DM-Vorzeigekunden.



Insbesondere auf dem DRTV-Sektor galt Premiere bislang als wichtiger Kunde, der mit seinen Spots Standards setzte. Ist es damit nun vorbei? Gogl: "Wir fahren jetzt einen rigorosen Sparkurs, der sich durch alle Bereiche zieht. Auch das Marketing ist davon betroffen." Was das konkret für die DM-Aktivitäten des Pay-TV-Senders bedeutet, ist noch unklar. "Zurzeit wird das Produkt neu ausgerichtet, und daran wird sich letztlich auch die Marketingstrategie orientieren", so Gogl.

Nur so viel stehe fest: Man will trotz gekürzten Marketing-Budgets künftig wieder verstärkt auf DRTV setzen. Genaueres ist auch von der Münchner D-1-2-1, die derzeit den Dialog-Etat von Premiere betreut, nicht zu hören. Über die Konsequenzen, die die Premiere-Probleme für das Agenturgeschäft haben, mag sich D-1-2-1-Geschäftsführer Gerhard Fleischer nicht äußern. Schade.

Zwar wird in Krisenzeiten bekanntlich gern bei Werbeausgaben gespart - doch das ist nicht immer ratsam. Und gerade im Fall von Premiere könnte eine intelligente DM-Strategie vielleicht dazu beitragen, das Produkt besser am Markt zu etablieren.

"Das Marketing von Premiere hat die Aufgabe, die Differenzierung zum Free-TV und den Premium-Charakter der Marke herauszustellen", meint Siegfried Daut, Geschäftsführer der Hamburger DMC und ehemals Leiter Direktmarketing bei Premiere. Dafür müsse man sich zunächst fragen, wie das Produkt überhaupt positioniert sein soll. Handele es sich um eine Marke, um einen Fernsehsender oder ein Vertriebsprodukt? Daut: "In den Jahren, in denen Premiere erfolgreich war, wurde es zu 20 Prozent als Marke und zu 80 Prozent als Vertriebsprodukt verstanden. Und ein Vertriebsprodukt benötigt natürlich Dialogmarketing. Momentan fehlt aber die richtige Gewichtung zwischen Klassik und DM." Zu Ungunsten des Dialogmarketings.

Auch DetterbeckWider-Chef Martin Wider, der sowohl in seiner jetzigen Position als auch seinerzeit als Kreativer bei Premiere-Altbetreuer Graffiti Mailings und DRTV-Spots für den Bezahlsender konzipierte, moniert, dass es dem Pay-TV-Sender nicht gelungen sei, den Nutzen eines Premiere-Abos deutlich zu machen. "Bisher hat doch noch niemand so richtig verstanden, wo die Benefits von Premiere liegen!" Erschwerend komme hinzu, dass der Free-TV-Markt in Deutschland mit seinen über 30 Programmen ohnehin schon ziemlich gesättigt sei.

Hat das Produkt Premiere also per se keine Chance, wie die Unternehmensberatung Mummert + Partner meint? Die Hamburger prophezeien lediglich dem interaktiven TV eine große Zukunft, für Pay-TV gebe es hier zu Lande keinen Markt. Daut sieht das anders. "Der deutsche Pay-TV-Markt hat sehr wohl ein interessantes Potenzial und somit eine erfolgreiche Zukunft. Insofern ist es wichtig, den Verbraucher durch einen intelligenten Marketingmix abzuholen."

Gerade hier liegt die große Chance für die Agenturen. Und dennoch: Mit Dialogmarketing allein kann man kein Produkt retten. Wider: "Insgesamt sind gute Marketing- und Vertriebskanäle wichtig, aber DM ist eben nur ein Kanal von vielen. Premiere retten kann nur jemand, der Geld hat." sam

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