24.08.2001 - Telemarketer setzen auf Customer-Relationship-Management und crossmedialen Dialog
Sie geben nicht mehr so viel Geld aus, sie rüsten eher bestehende Call Center auf als neue zu bauen. Und sie warten nur darauf, dass sich Voice-over-IP endlich durchsetzt. Die Rede ist von den amerikanischen Telemedien-Unternehmen. Call- und Communication-Center-Anbieter sind derzeit sowohl in den USA als auch in den europäischen Ländern gefangen zwischen Rezession, wenig investitionsfreudigen Klienten und der Diskrepanz zwischen grenzenloser Technik und noch erheblichen Mängeln in der Prozessorientierung. Daher sucht man Problemlösungen unter anderem im Customer-Relationship-Management.
Rainer Kolm, Solution Marketing Manager EMEA der Aspect Communications in Neu-Isenburg, glaubt, gerade zwischen Beziehungsmanagement-Theorie und -Praxis klaffe im Telemarketing ein riesiges Loch: "Es ist immer sehr schön, sich über CRM als Strategie zu unterhalten", so Kolm. Doch oft scheitere eine entsprechende Umstrukturierung daran, dass ein Business-Kunde allerhöchstens seine internen Unternehmensabläufe verbessern wolle, dabei bliebe aber der Kundennutzen häufig auf der Strecke.
Call- und Communication Center müssten von Unternehmen verstärkt eingesetzt werden, um Kundenbeziehungen zu intensivieren, sagt auch Matthias Vogel, Pressesprecher der Frankfurter SNT Deutschland AG, doch "CRM wird in den seltensten Fällen so realisiert, wie es eigentlich möglich wäre". Geht es doch darum, für eine bessere Verzahnung der Kommunikationskanäle zu sorgen. Vogel: "Dazu gehört mehr als eine isolierte Telemarketing-Aktion" - etwa systematische E-Mail-Bearbeitung, SMS, Mailing-Aktionen und Co-Browsing. "Crossmediale Kampagne" lautet das entsprechende Zauberwort.
Von welcher Seite ein Dialog angestoßen wird, steht auf einem anderen Blatt - und zudem in jedem internationalen Gesetzbuch anders. In Deutschland jedenfalls ist das so genannte Cold Calling verboten; der Endverbraucher darf nicht ohne sein Einverständnis angerufen werden. Doch selbst wenn die Legislative grünes Licht gäbe, zweifelt Simone Nietgen, Sales & Marketing Assistant bei der Krefelder Sitel, ob die Endverbraucher angerufen werden wollen. "Ein gewisser Abstand zum Endkunden muss gehalten werden",
so Nietgen, die allerdings einräumt, dass Sitel mit Hauptsitz in Baltimore für Eventualitäten wie eine liberalere Gesetzeslage in Deutschland gewappnet sei. "Sollte sich in Deutschland etwas ändern, haben wir überhaupt kein Problem damit, aus Amerika die Systeme zu transferieren und hier einzuspielen", sagt Nietgen: "Wir sind darauf vorbereitet."
Aber man tut hierzulande nicht nur nichts Illegales, sondern meidet häufig auch Gebiete, die noch nicht von Pionieren erschlossen wurden. Zum Beispiel im Bereich Voice-over-IP. Zwar seien die Klienten davon "begeistert und überzeugt", glaubt Sitel-Frau Nietgen, doch "sie warten alle darauf, dass einer als erstes VoIP realisiert".
In den Vereinigten Staaten bestehen in dieser Hinsicht weniger Skrupel. Offensive Unternehmen gehen dort so weit, Endverbraucher gezielt von der Website des Konkurrenten abzuschöpfen und sie per Link auf die eigene Page zu katapultieren und ihnen Angebote zu unterbreiten - crossmedial, versteht sich.
Dass die Uhren in den USA anders gehen, liegt an der Mentalität.
Aspect-Mann Kolm jedenfalls glaubt, dass der kulturelle Unterschied "tief in uns gesät" ist. "Wir sichern uns in alle Richtungen ab", sagt Kolm. "Die Amerikaner sind wesentlich anspruchsvoller und Chancen-orientierter." Doch was Services nicht nur im Telemarketing angehe, so hole Deutschland auf. Qualitätsmaßstäbe wüchsen. "Und je mehr Alternativen es gibt, desto wechselbereiter sind die Kunden", so Kolm.
Auch in den USA wächst derzeit der Überdruss der Endverbraucher angesichts der drohenden Informations- und Werbeflut, wie Charles Prescott, DMA-Vice President International Business Development & Government Affairs in New York City, berichtet: "Der Trend in vielen Staaten geht dahin, dass Telemarketer Verzeichnisse benutzen müssen, in denen Haushalte aufgelistet sind, die keine Anrufe zu Werbezwecken erhalten möchten. Dieses System verleiht Konsumenten mehr Gewicht." Und wird doch einmal gespammt, so trägt sich der Verbraucher eben in eine Do-not-call-Liste ein.
Es bleibt zu spekulieren, ob sich langfristig amerikanische Werbe-Werte und Gewohnheiten auf die europäische Haltung und Gesetzgebung übertragen. Fest steht, dass noch viel Bewegung in die globale Telemarketing-Branche kommen wird. Denn Call Center werden in der Telefonie zum einen mit Life-Agents hohe Ansprüche befriedigen müssen. Zum anderen müssen sie sich mit Internet- und E-Commerce-Diensten zu Com- munication Centern mausern. Inwieweit virtuelle Berater die Jobs der Life-Agents übernehmen, hängt vom Niveau der Aufgabe ab. Wenn sie nicht gleich wegrationalisiert werden, können sich die Agents damit trösten, dass sie nur ihre Effizienz steigern müssen - mit Chat-Sessions in Echtzeit statt langwieriger E-Mail-Korrespondenzen.
Der Spartrend in den USA geht im Augenblick laut Prescott dahin, dass Call- und Communication Center in Entwicklungsländer wie Jamaika, die Philippinen oder Indien ausgelagert werden, um die Lohnkosten zu senken. Diesen Trend können die Europäer angesichts ihrer Sprachenvielfalt jedenfalls nicht adaptieren. ks
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