EU-Kommission will ungerechtfertigtes Geoblocking verbieten

29.06.2015 - Die EU-Kommission hat ihre Strategien für einen digitalen europäischen Binnenmarkt präsentiert. Unter anderem will sie "ungerechtfertigtes Geoblocking" verhindern. Ein Verbot hätte aber weniger Einfluss auf Youtube, als auf Online-Shops.

Ein digitaler Binnenmarkt soll her in Europa. Dass dieser eines der größten Ziele der Juncker-Kommission ist, ist nicht neu. Neu sind aber die Strategien, die ihn ermöglichen sollen. Für die digitale Welt würden die Freiheiten, die europäische Bürger sonst haben, nicht gelten, sagte Kommissions-Vize Andrus Ansip beim European Digital Forum. Würden wir keinen digitalen EU-Binnenmarkt schaffen, würden uns zahlreiche Möglichkeiten verloren gehen.

Denn gewinnen soll jeder: der Verbraucher durch besseren Schutz im Netz, mehr Transparenz, bessere Netzleistung, mehr Auswahl und neue innovative Produkte, KMUs und Start-ups durch niedrigere Kosten bei der europaweiten Expansion und beim grenzübergreifenden Handel, weniger Bürokratie und einheitliche Regeln. Der kreative Bereich soll von einem EU-Urheberrecht und die Industrie von gesteigerter globaler Wettbewerbsfähigkeit profitieren, wenn Europa endlich ein paar Schritte näher an die im digitalen Bereich davoneilenden Länder USA und China herankommt. Außerdem prognostiziert die Kommission bis zu 415 Milliarden Euro an zusätzlichem Wachstum und hunderttausende neue Jobs.

Die vorgestellten Strategien beinhalten Maßnahmen von Breitbandausbau, einfacheren Mehrwertsteuerregeln, neuem Copyright bis hin zu einem Verbot von Geoblocking. Denn Geoblocking passe nicht zu einem digitalen europäischen Binnenmarkt. Die EU will "Zäune und Mauern" einreißen, "die uns im Internet den Weg versperren", so Ansip. Menschen müssten sich im Netz ebenso frei über Grenzen hinweg bewegen können wie in der Wirklichkeit. Es sei ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem digitalen Binnenmarkt in Europa.

Die EU-Kommission spricht davon, "nicht-gerechtfertigtes Geo-Blocking zu verhindern". Sie meint damit aber nur am Rande das, was die Mehrheit unter Geoblocking versteht, nämlich die Sperrung von Inhalten in bestimmten Ländern. Das liegt hauptsächlich an komplizierten Urheberrechten der 28 Mitgliedsstaaten - die Problematik mit Youtube und der GEMA hierzulande ist ein Beispiel dafür. In erster Linie will die EU-Kommission gegen "Praktiken aus kommerziellen Gründen" vorgehen, wenn Online-Händler einem Verbraucher aufgrund seines Aufenthaltsorts entweder Zugang zu einer Website verweigern, ihn zu einem lokalen Shop umleiten, der andere Preise hat, oder andere Preise anwenden, basierend auf dem Aufenthaltsort des Users. Als Beispiel führt die Kommission Mietwagen an, die je nach Ort, von dem die Buchung erfolgt, mal teurer und mal billiger sind, obwohl es sich um die gleiche Verbindung handelt. Laut EU würden 52 Prozent der Versuche von grenzübergreifenden Bestellungen daran scheitern, dass der Händler das Land des Bestellers nicht bedient.

Geoblocking führt zu Zersplitterung des Marktes

Diese Praktik schränke die Möglichkeiten und die Wahlfreiheit der Verbraucher ein und würde zu Unzufriedenheit und sogar zu einer Zersplitterung des Marktes führen. Und es ist eine Praktik, die man nicht nur aus dem grenzübergreifenden Handel kennt. Dynamische Preisanpassung heißt das Zauberwort, das schon vor einigen Jahren in die E-Commerce-Welt Einzug erhielt. Je nach Ort, Zeit, Wetter und Nachfrage werden Produkte mal teurer und mal billiger. Amazon macht das schon lange, auch deutsche Online-Händler passen ihre Preise an. Erklärt wird das in der Regel damit, dass die gleiche Milch im Edeka in Hamburg auch mehr kostet als im Edeka in Schwerin.

Allerdings soll Geoblocking dann erlaubt bleiben, wenn es "gerechtfertigt" ist, also wenn es zum Beispiel auf der Grundlage nationaler Rechte die Öffentlichkeit schützt. Gemeint ist damit zum Beispiel der Jugendschutz. In der größten Mehrheit der Fälle sei es aber nicht gerechtfertigt, so die Kommission und könnte in einigen Situationen auch gegen Wettbewerbsrecht verstoßen. Der Knackpunkt, und damit auch der künftige Spielraum für Unternehmen, wird also sein, wie genau die EU "ungerechtfertigt" und "gerechtfertigt" definiert. Vorschläge für die Umsetzung des Geoblocking-Verbots sind für die erste Jahreshälfte 2016 geplant. (ks)

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