21.09.2012 - Die relaunchte Kongressmesse Neocom will mit innovativen Veranstaltungskonzepten traditionelle und digitale Zielgruppen überzeugen. Dabei ist der Distanzhandel derzeit in Bewegung wie kaum eine andere Branche. Kann die Neocom in dieser Zeit den Händlern Lösungsansätze und Perspektiven bieten? ONEtoONE hat in einem Special zur Neocom die wichtigsten Informationen zum Event zusammen gestellt.
Dieses Jahr ist wohl eines der ereignisreichs-ten im Versand- und Online-Handel, vielleicht sogar für den gesamten Handel. Längst sind die verschiedenen Verkaufskanäle - ob Print, Online, Stationär oder Mobile - nicht mehr strikt voneinander trennbar. Ob Saturn und Media-Markt oder Karstadt - die Unternehmen sind gezwungen sich mit dem Einfluss verschiedenster Vertriebs- und Kommunikationswege auseinanderzusetzen. 2011 betrug der Anteil des "Interaktiven Handels" (Versand- und Online-Handel) laut dem Versandhandelsverband (BVH) am Einzelhandel 8,2 Prozent. In zwei bis drei Jahren werde die Zehn-Prozent-Marke durchbrochen, erwartet der Verband. Selbst in der Automobilbranche kommt es zunehmend zu einem Wandel im Verkauf. Die Entwicklung "digitaler City-Stores" von Audi wird beispielsweise zunehmend die klassischen Autohändlerstrukturen beeinflussen. Und bereits Ende 2011 brachte Peugeot einen "Online-Store" ins Netz, bei dem Kunden die bundesweiten Neuwagenangebote der Händler inklusive Fahrzeugdaten und Preise einsehen können.
Während sich der Automobilsektor jedoch noch am Anfang eines Multi-Channel-Vertriebssystems befindet, zeichnet sich insbesondere im Bereich der Textilien eine Konsolidierung im Markt ab. So steigt der Umsatz des Interaktiven Handels laut dem BVH stetig. Die Händler verzeichneten demnach im zweiten Quartal 2012 ein Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und erzielten von April bis Juni 2012 einen Umsatz mit Waren von 9,140 Milliarden Euro. Ein genauerer Blick auf die Zahlen verrät aber, dass die noch immer bei Weitem umsatzstärkste Kategorie - Bekleidung/Textilien/Schuhe - im Vergleich zu anderen Segmenten deutlich weniger Wachstum aufweist. Gerade einmal zwei Prozent plus zum Vorjahr sind es im zweiten Quartal gewesen. Denn neben den traditionellen Versendern sind immer mehr Teilnehmer im Markt, die um Kunden buhlen - ob dynamische Online-Pure-Player oder Markenartikler und Einzelhändler, die Strukturen ganz neu aufsetzen können und keine Altlasten aus Katalogzeiten berücksichtigen müssen. In anderen Warengruppen sind hingegen die Umsatzssteigerungen deutlich positiver und liegen beispielsweise bei Unterhaltungselektronik /Elektronikartikel sowie Computer und Zubehör bei über 40 Prozent. Produktkategorien, in denen der Konkurrenzkampf im Netz unter noch weniger Unternehmen ausgefochten wird, verzeichnen sogar extremes Wachstum: Drogerieartikel/Kosmetik/ Parfum plus 90 Prozent, DIY/Garten/Blumen plus 129 Prozent.
Bei der Masse von Konkurrenten im Textilhandel mag es nicht verwundern, dass die großen Versender mit klassischen Wurzeln ins Schlingern geraten. Bei Neckermann.de ist eine Abwendung der Insolvenz offenbar aussichtslos. Mitte September verkündete der vorläufige Insolvenzverwalter, dass mögliche Investoren "die Herausforderungen bei einer Übernahme von Neckermann" als zu komplex betrachten. Als letzte Option wurde zu Redaktionsschluss noch ein Investment von K-Mail Order (Klingel) gehandelt.
Die Hamburger Otto Group begegnet den Herausforderungen in der Branche mit dem Restrukturierungsprogramm "Fokus" sowie einem umgebauten Vorstand. Das operative Ergebnis des Konzerns ist im vergangenen Geschäftsjahr von 667 Millionen Euro auf 539 Millionen Euro gesunken, das Umsatzwachstum verlangsamte sich. "Wir erleben eine Konjunkturschwäche in vielen europäischen Ländern und einen sehr harten, teilweise aggressiven Wettbewerb, insbesondere im Online-Handel", sagte Vorstandsvorsitzender Hans-Otto Schrader bei der Bilanz der Otto Group im Sommer. Die E-Commerce-Erlöse des Unternehmens stiegen zwar im letzten Geschäftsjahr um 9,2 Prozent. Die gesamte Versandhandelsbranche verzeichnete laut dem BVH im Jahr 2011 demgegenüber jedoch ein E-Commerce-Wachstum von 18,5 Prozent (Otto Group auf der Neocom, s. Kongressprogramm).
Auch Schuhhändler Görtz musste feststellen, dass ein Familienunternehmen schnell ins Hintertreffen gelangen kann, wenn ein junger Mitbewerber einfach schneller, innovativer handelt. Das Hamburger Traditionsunternehmen kündigte ein Restrukturierungsprogramm an und stellt Vertriebskonzepte, Filialnetz sowie Verwaltung und Logistik auf den Prüfstand, um "in die Gewinnzone zurückzukehren". Zalando hingegen ist offenbar weiterhin auf der Erfolgsspur. Erstmals gab die Geschäftsleitung in diesem Sommer bekannt, dass Zalando im Geschäftsjahr 2011 mehr als eine halbe Milliarde Euro Umsatz erzielte. Das Unternehmen macht selbst keine Gewinnangaben, hat Brancheninsidern zufolge jedoch noch keine schwarzen Zahlen erreicht. Der Erfolg von Zalando wird unterstützt durch massives TV-Werbevolumen. Doch das vier Jahre alte Unternehmen der Samwer-Brüder stößt derzeit auch in die Ecken vor, die eigentlich Domäne der Ottos und Neckermanns waren: mit einem Katalog im Gewand eines Print-Magazins ("Zalando Magazin No. 1/2012 nominiert für "Katalog des Jahres B-to-C 2012", s. Seite 47) sowie mit Eigenmarken, die hohe Margen versprechen, und ausgeklügelten Kundenbindungsmaßnahmen. Und während Otto für Quelle.de (Details zu den aktuellen Neuerungen im Otto-Konzern und bei Quelle.de lesen Sie hier) einen digitalen Outlet-Store eröffnet, schafft Zalando selbst ein erstes stationäres Outlet, für das Kunden exklusiv eingeladen werden (Zalando-Keynote auf der Neocom, s. Kongressprogramm.
Dass Online allein kein Garant für Erfolg ist, spüren aktuell auch die Lebensmittelhändler, die ihre frischen Waren übers Internet an den Mann bringen wollen. Die Verbandsgründung des Bundesverbandes Lebensmittel-Onlinehandel (BVLO) muss die Insolvenz des Gründungsmitglieds und ehemaligen Vorzeige-Start-ups Froodies hinnehmen (Thema Lebensmittel-Online-Handel auf der Neocom, s. Kongressprogramm).
Händler aller Warengruppen sind auf der Suche nach der richtigen Strategie, um alte Konzepte aufzufrischen und Trendthemen wie Mobile und Social Media effizient zu nutzen. Folglich sind in diesem Jahr besonders viele Veranstaltungen auf den E-Commerce-Zug aufgesprungen, um den Unternehmen die jeweils besten Informations-, Lösungs- und Wissensplattformen zu bieten - und die selbst von der sich wandelnden Branche profitieren wollen. Dabei steht verstärkt die Frage nach den richtigen Event-Formaten zur Diskussion. Aber auch die Ausrichtung der Veranstaltung selbst - Multi-Channel oder Online-Handel oder beides zusammen? - führt derzeit zu reichlich Auseinandersetzungen.
Die Veranstalter des Deutschen Versandhandelskongresses und der Fachmesse Mail Order World sind seit Jahren das Management Forum der Verlagsgruppe Handelsblatt, der FID Verlag als Herausgeber des "Versandhausberaters" sowie der BVH. Ab 2013 geht der Verband nun eigene Wege (unter anderem mit The Conference Group). Zuvor haben die Noch-Partner für dieses Jahr jedoch gemeinsam eine Überarbeitung für den Branchen-Treff in Wiesbaden beschlossen. Der neue Name Neocom soll gemeinsam mit anderen Programmformaten die traditionellen Händler an die Veranstaltung binden und zugleich neue Zielgruppen anziehen. "Neocom steht für Neo Commerce - neuer Handel. Auf der Neocom vernetzen sich die klassischen Distanzhändler mit den neuen und innovativen Marktplayern", sagt Sandra Zerback, Senior Projektleiterin beim Management Forum. "Die Neocom spricht Versandhändler, Multi-Channel-Handler, Pure-Player an. Der Austausch zwischen den Händlern und allen weiteren Playern im E-Commerce ist der Auftrag der Veranstaltung."
Dass das Management Forum und der "Versandhausberater" auch ohne BVH an der Neocom festhalten, ist beschlossen. Der Termin für nächstes Jahr in Wiesbaden wurde schon festgesetzt (25. und 26. September 2013). "Es wird 2014 neue Partner geben", kündigt Zerback gegenüber ONEtoONE an. "Und 2014 wird die Neocom definitiv an einem neuen Standort stattfinden." (Kristin Robatteux)
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