26.03.2012 - Das Geheimnis guter Werbung besteht immer noch darin, den Kunden anzusprechen, ihn zu fesseln, in den Kommunikationsprozess einzubinden und ihn im besten Fall an die Marke zu binden. Für Klassische Werbung oder ein gutes Marketingkonzept, das seine Werbebotschaft nur über einen Sinn, meist den visuellen, kommuniziert, reicht das laut dem dänischen Marketingexperten und Buchautor Martin Lindstrom jedoch nicht aus. Je mehr Emotionsfelder durch sensorische Reize positiv von der Marke besetzt werden würden, desto höher könne der Markenwert oder gar die Markenloyalität steigen.
Die Sinne des Kunden anzusprechen sei wichtig, um Aufmerksamkeit zu schaffen, aber auch, um eine spätere Kaufentscheidung anzuregen. Innerhalb seines Forschungsprojekts "Brand Sense" interviewte und testete Lindstrom neurowissenschaftliche Forscher und Verbraucher auf verschiedenen Kontinenten zum Thema "Sensorisches Branding". Ziel war es herauszufinden, welche Komponenten einer Marke es sind, die einen Kunden langfristig binden. Lindstroms Ergebnis: Marken müssen sich in sensorische Erfahrungen verwandeln, die über das visuelle Erleben hinausgehen. Sensorische Komponenten wie Gerüche, Haptik oder Akustik würden mitentscheiden was später gekauft wird und was nicht. Man muss laut Lindstrom eine Marke neben dem Visuellen auch hören, schmecken, riechen und fühlen können. Durch Multisensorik sei besonders erfolgreiche Kundenbindung möglich.
Marken-Mehrwert durch Multisensorik
"Multisensorisches Marketing ist inzwischen kein Trendthema mehr, sondern Pflichtwissen und -beschäftigung für alle Marketer", sagt Olaf Hartmann, Gründer und Geschäftsführer des Dienstleisters Touchmore, der sich auf haptische Markenführung spezialisiert hat. Auch Hartmann verweist auf Studien, die belegen, dass der Mensch primär von seinen sinnlichen Wahrnehmungen beeinflusst wird. Haptische Codes können laut Hartmann beispielsweise unbewusst mentale Konzepte aktivieren, die neben der Wahrnehmung auch Werturteile und Kaufbereitschaft nachhaltig beeinflussen können. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Millward Brown bestätigte zudem, dass multisensorisch wiedererkennbare Marken auf doppelt so hohe Wiederkaufsraten kamen wie normale Marken.
In Bezug auf die Werbemaßnahmen und Produktdesigns der Unternehmen und ihrer Kommunikationspartner in den Agenturen sind dies wichtige Anknüpfungspunkte. "Der Mensch besitzt fünf Sinne. Es wäre doch schade, diese nicht anzusprechen", sagt René Eugster, Creative Director der Schweizer Agentur am Flughafen. Die Auswahl der Materialien und multisensorisch erlebbaren Techniken sei dabei von zentraler Bedeutung. "Wenn ein Unternehmen einer Mitteilung einen gewissen Wert zuordnet, dann sollte es sich auch über die Form Gedanken machen", so Eugster. Ein Mailing für eine Probefahrt im Aston Martin auf billigem Papier zu drucken wäre zum Beispiel wenig zielführend. Die Werber der Agentur am Flughafen setzen für ihre Mailings auf besondere Techniken. Passend zur Bewerbung der Trocknungsanlagen für das Schweizer Unternehmen Krüger wurde jüngst ein "kondensierendes Mailing" umgesetzt. Dafür wurde der Werbetext auf wasserfestes Papier geschrieben und in eine Kunststofftasche gesteckt, die innen mit kondensierten Wassertropfen versehen wurde. So war das Problem von auftretendem Kondenswasser visuell, aber auch haptisch für den potenziellen Kunden erlebbar.
"Mailings haben neben den klassischen und digitalen Werbeformen nach wie vor ihre Stärken. Sie schaffen Nähe durch Personalisierung und Haptik", sagt Michael Koch, Kreativchef der GKK Dialog Group. Ein besonderes Beispiel dafür ist das "Stühle-Mailing", mit dem die GKK-Werber für das Stalburg Theater in Frankfurt nach potenziellen Geldgebern suchten. Inspiriert durch das Eugène Ionesco-Theaterstück "Die Stühle", verpackten die Kreativen einen Stuhl mit Luftpolsterfolie und fügten ein personalisiertes Anschreiben inklusive Besetzungsliste, Szenenfoto und Reclam-Heft bei. 96 einflussreiche Persönlichkeiten aus Frankfurter Unternehmen bekamen daraufhin überraschend Post, die garantiert durch keinen Briefschlitz passte. Sinnbildlich sollten die Empfänger durch das Mailing einen Platz im Stalburg Theater besetzen und dort quasi als Sponsor auftauchen. Parallel dazu wurde eine Website geschaltet, auf der alle angeschriebenen Personen in einer anonymisierten Besetzungsliste auftauchten. Wer im Zuge der "Stühle-Aktion" spendete, wurde auch namentlich genannt. Das ungewöhnliche Mailing zeigte Wirkung: Der Response lag bei 30,2 Prozent.
[f1]Die Aktion unterstützt auch die Aussage von Alexander Windhorst, Geschäftsführer von Serviceplan One, nach der Mailings oder Packages nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch und fühlbar gut ankommen müssen. Beim Einsatz der Werbemittel und spezieller Materialien gehe man deshalb bei Serviceplan mit viel Aufmerksamkeit an die Kreation. Die ausgewählten Materialien sollten zum Werbekonzept und dem Kunden passen: Karbon passe zum Beispiel zu einem BMW-Mailing, Bambuspapier zum Mailing eines Asien-Reiseveranstalters. "Die Bindung an die Marke und die Produkte wird durch passendes Material und konzeptadäquate Umsetzungen stark erhöht", ist sich Windhorst sicher. Gerade im One-to-One-Bereich gehe es oft weniger um den Kauf an sich als um "Awareness" für einen direkten Kontakt, so Windhorst.
In einigen Fällen würden bei hochwertigen Konzepten, Mailings im Rahmen eines Pilotprojekts zunächst an einen ausgewählten Kundenkreis gesendet, um zu testen, ob sich eine Fortsetzung überhaupt lohne. Über die Wertigkeit eines Kontaktes werde bei Serviceplan One immer sehr bewusst entschieden. In der Regel erhielten besondere Zielgruppen noch "anfassbare" Mailings. Ein Beispiel dafür ist das hochwertige "Golf-Mailing" für die Deka Bank. Das Mailing wurde im vergangenen Jahr von fast allen Sparkassen bundesweit an ausgewählte Bestandskunden der Zielgruppe Golfspieler versendet. Neben dem Anschreiben wurde eine aufstellbare Scheibe aus Plexiglas versand. In den Aussparungen der Scheibe befand sich Schokolade in Form und Verpackung von Golfbällen. Das Mailing sei laut Agentur für die Kundenbindung und als Gesprächsanlass sehr erfolgreich gewesen.
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