Wirtschaftlicher Vorteil?

Deutsche Post wehrt sich gegen EU-Beihilfe-Entscheidung

03.02.2012 - Die Deutsche Post will innerhalb der kommenden zwei Monate gegen die Beihilfe-Entscheidung der Europäischen Kommission klagen. Der Konzern hatte Subventionen für Pensionskosten vom Staat erhalten. Nach Ansicht der EU sind diese Zahlungen teilweise nicht berechtigt gewesen. Jetzt soll die Post bis zu eine Milliarde Euro zurückzahlen.

"Die Rückzahlungsentscheidung der EU-Kommission ist nicht nachvollziehbar und entbehrt jeglicher Grundlage", sagte Frank Appel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post DHL. "Sie steht im klaren Widerspruch zu einer früheren EU-Entscheidung und dem Ergebnis ähnlicher Verfahren. Wenn man die Beihilfeentscheidungen zu anderen europäischen Postunternehmen betrachtet, hat die Kommission hier offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen. Wir sind daher überaus zuversichtlich, dass diese Entscheidung vor Gericht keinen Bestand haben wird und gehen von einer Rückzahlung des Betrags inklusive Zinsen aus."

Bei der Beihilfeentscheidung geht es um Pensionssubventionen, die die Post ab 1995 als Entlastung für unverhältnismäßige Pensionskosten für ihre Beamten erhalten hatte. Die Höhe der Zahlungen beläuft sich laut der EU auf insgesamt rund 37 Milliarden Euro - dies habe dem Konzern einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft. "Die Kommission hat die Rückforderung der nicht mit dem Binnenmarkt vereinbarten Beihilfe im Rahmen von 500 Millionen bis eine Milliarde Euro für den Zeitraum ab 2003 angeordnet", gab die Kommission bekannt.

Die Deutsche Post kündigte an, in Abstimmung mit der Bundesregierung, vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung zu klagen. "Wir prüfen derzeit die Begründung zur Entscheidung und werden innerhalb der möglichen Frist von zwei Monaten Klage einreichen", kündigte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber ONEtoONE an.

Bisher habe man noch keine Zahlungen geleistet, da der exakte Betrag der Rückzahlungen erst festgestellt werden müsse. Dies geschehe in Verhandlungen bzw. Abstimmungen mit der EU-Kommission und der Bundesregierung in den kommenden Wochen. Es sei eine Umsetzungsfrist von vier Monaten vorgesehen, diese könne sich aber im Zuge der Verhandlungen noch ändern, so der Deutsche-Post-Sprecher.

Konzern verweist auf vorherige Entscheidungen


Die Deutsche Post ist zuversichtlich, dass sich die Forderung der EU-Kommission als nicht rechtmäßig erweisen wird. Zum einen sei bereits ein ähnliches Verfahren positiv für den Konzern ausgegangen. So hatte die Kommission 2007 wegen vermeintlich unzulässiger staatlicher Beihilfen zugunsten der Deutschen Post AG ein Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet. "In dem Verfahren wurden von der Kommission schon früher geprüfte Sachverhalte erneut aufgegriffen, mit denen sie zuvor in einem vergleichbaren Beihilfeverfahren aus dem Jahr 2002 aufgrund einer Klage des Unternehmens in letzter Instanz im September 2010 bereits unterlegen war", heißt es von der Post.

Zum anderen habe es bereits vergleichbare Entscheidungen in europäischen Nachbarländern gegeben, die anders ausgefallen seien. Konkret bezieht sich die Post auf eine Beihilfeentscheidung der Kommission aus dem Oktober 2007. "Damals hatte die Kommission über eine Beihilfe des französischen Staates zu entscheiden, durch die die französische La Poste teilweise von ihren Pensionszahlungen für ihre Beamten entlastet wurde. Diese Beihilfe wurde damals genehmigt, ohne dass die Brüsseler Behörde auch das französische Genehmigungsverfahren der Preisfestlegung für Postprodukte in ihre Prüfung einbezogen hatte", erläutert der Unternehmenssprecher. Im aktuellen Beihilfeverfahren gegen die Deutsche Post sei jedoch das deutsche Verfahren der Preisregulierung umfänglich untersucht und in die Entscheidungsfindung einbezogen worden.

In der Begründung des EU heißt es dazu konkret: "Im Einklang mit früheren Beihilfesachen (Entlastung der französischen Post um Pensionskosten für Beamte, vgl. IP/07/1465) hat die Kommission geprüft, ob die von der Deutschen Post getragenen Sozialbeiträge der Höhe nach denen privater Wettbewerber entsprachen. Neben diesen Subventionen kamen der Deutschen Post in demselben Zeitraum erhöhte Portoentgelte zugute, die der Finanzierung eines weiteren Teils der Pensionskosten für ihre Beamten dienten. Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Entlastung hat die Deutsche Post im Bereich der dem Wettbewerb unterliegenden Dienste (z. B. Paketdienste und Privatkunden-bankgeschäft) tatsächlich erheblich geringere Sozialbeiträge getragen als ihre privaten Wettbewerber."

HintergrundDie Kommission hatte das 1999 eröffnete beihilferechtliche Prüfverfahren im September 2007 auf Grund von Beschwerden von Wettbewerbern ausgeweitet (IP/07/1312). Am 11. Mai 2011 hat die Kommission den Umfang ihrer Prüfung ein weiteres Mal ausgedehnt, um auch die Pensionssubventionen eingehender zu untersuchen (IP/11/554). Die Deutsche Post hat gegen beide Ausweitungen Einspruch eingelegt. Das Gericht der Europäischen Union hat den Umfang des heute abgeschlossen Verfahrens dazu in seinem Urteil vom 8. Dezember 2011 in der Sache T?421/07 Deutsche Post/Kommission jedoch bestätigt. (kr)

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