Preisparität

Amazon wegen Preisgestaltung unter Beschuss

05.05.2010 - Amazon gerät wegen der Verkaufsbedingungen für externe Händler immer stärker unter Schuss. Seit dem 31. März fordert der Online-Marktplatz die Einhaltung einer so genannten Preisparität: Händler, die ihre Produkte im Amazon Marketplace zum Kauf einstellen, dürfen diese Artikel nicht an anderer Stelle günstiger anbieten. Das Bundeskartellamt prüft zurzeit, ob sie ein förmliches Verfahren deswegen eröffnet. Mediantis, der Betreiberfirma von ZVAB, einer Online-Handelsplattform für gebrauchte Bücher, ging das scheinbar nicht schnell genug: Sie erließ eine einstweilige Verfügung.

Durch die von Amazon vorgeschriebene Preisparität dürfen Online-Verkäufer auch in ihrem eigenen Webshop Produkte nicht günstiger anbieten als auf der Plattform von Amazon, obwohl sie bei einem Verkauf dort eine Provisionszahlung abtreten müssen, behauptet Mediantis. "Verkäufer, die nicht bereit sind, Preisparität zu bieten, sollten ihre Angebote entfernen, da Verkäufer, die unsere Geschäftsbedingungen nicht einhalten, das Recht auf Amazon.de zu verkaufen verlieren werden", heißt es in den Informationen zur Preisgestaltung auf der deutschen Amazon-Website.

Amazon: "Kunden vertrauen unserer Preisgestaltung"

"Diese Bedingung für Angebote auf Amazon Marketplace existierte bereits bei vielen unserer europäischen Anbieter sowie allen Anbietern in den USA; wir führen diese Bedingung nun lediglich als Standard für alle Anbieter in Europa ein", so Amazon in einem offiziellen Statement, das ONEtoONE vorliegt. Preise seien ein wichtiger Faktor, den Kunden berücksichtigen, wenn sie Kaufentscheidungen treffen und Amazon arbeite kontinuierlich daran, Kunden durchweg niedrige Preise bieten zu können. "Kunden vertrauen darauf, dass die Preise, die sie bei Amazon finden, konkurrenzfähig zu den Preisen sind, die sie für dieselben Produkte anderweitig bekommen. Verkäufer auf Amazon Marketplace, die Kunden bei Amazon höhere Preise berechnen, missbrauchen dieses Vertrauen und veranlassen Kunden in irreführender Weise, höhere Preise für Produkte zu zahlen, als es erforderlich wäre", so das Unternehmen. Selbstverständlich stehe es Verkäufern völlig frei, Verkaufspreise für ein bestimmtes Produkt festzusetzen und das Produkt zu diesem Preis anzubieten, entweder über die Amazon-Marketplace-Plattform oder einen anderen Vertriebskanal, online oder offline. "Nur für den Fall, dass ein bestimmtes Produkt gleichzeitig auf der Online-Verkaufsplattform eines Dritten angeboten wird, ist der Verkäufer verpflichtet, das Produkt bei Amazon.de nicht gleichzeitig teurer anzubieten."

Dieses Preisdiktat stößt Mediantis sauer auf. Die Firma betreibt online das Zentrale Verzeichnis antiquarischer Bücher (ZVAB), über das nach eigenen Angaben über 4.100 professionelle Antiquariate aus 27 Ländern rund 30 Millionen Bücher sowie Noten, Postkarten und Schallplatten zum Kauf anbieten. Viele dieser Händler seien auch Marketplace-Anbieter, so Mediantis in einer Pressemitteilung. Nun müssen sie ihre Preise anpassen und dafür sorgen, dass der Gesamtpreis eines Buches einschließlich Versandkosten auf ZVAB.com nicht unter dem Preis in Amazons Marketplace liegt. Dies stelle einen massiven Eingriff in die Rechte der Händler dar, so Mediantis.

Gericht: "Wettbewerbsbeschränkung"

Das Landgericht München I habe dem Antrag des ZVAB auf eine einstweilige Verfügung gegen die Forderung nach Preisparität stattgegeben (Az 37 0 7636/10) und dieses Preisdiktat untersagt, erklärte Mediantis in einer Pressemitteilung. In der Preisparitäts-Klausel sehe das Gericht eine wettbewerbsbeschränkende Meistbegünstigungsklausel, die gemäß § 1GWB unzulässig sei.

"Die Preisparität stellt im Grunde eine Buchpreisbindung für den Gebrauchtbuchmarkt dar, jedoch nicht zugunsten der Kunden und der Vielfalt, sondern zu Bedingungen, die von einem marktbeherrschenden Konzern diktiert werden. Als Plattform für antiquarische, vergriffene und gebrauchte Bücher halten wir solche restriktiven Vorschriften für wettbewerbswidrig und lehnen diese ab", sagte Thorsten Wufka, Leiter des Mitgliederservices des ZVAB. "Es ist skandalös, dass ein Unternehmen regulierend in das freie Spiel von Angebot und Nachfrage eingreifen möchte und dies als Dienst am Kunden verkauft, während es gleichzeitig selbst durch hohe Provisionen die Preise nach oben treibt."

Das ZVAB erwartet nach eigenen Angaben in den kommenden Monaten eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung zum Sachverhalt und hofft auf eine Entscheidung, "um Klarheit und Sicherheit für die Mitgliedsantiquariate des ZVAB zu erlangen". Die Plattformbetreiber rechnen außerdem damit, dass Vertreter aus anderen Produktbereichen ebenfalls gerichtlich gegen Amazons Bedingungen vorgehen werden.

Zuvor hatte bereits die "Wirtschaftswoche" berichtet, dass das Bundeskartellamt momentan prüft, ob es ein Verfahren gegen Amazon einleitet. Es ist nach Beschwerden über Ebay die zweite Prüfung der Verkaufsbedingungen eines Online-Marktplatzes innerhalb kurzer Zeit. Im Fall von Ebay hatte die Behörde nach Abwägen aller Argumente letztlich darauf verzichtet, ein Verfahren zu eröffnen. (re)

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