20.08.2009 - Erst [l1]Murdoch[/l1], dann [l2]Burda[/l2], dann [l3]Döpfner[/l3] und nun auch noch der unvermeidbare [l4]Hombach[/l4]. Dabei wollen alle doch nur das, was ihnen zusteht: Geld für Leistung. Sollen sie auch bekommen. Die Frage aber bleibt ungelöst: Wie?
Burda fordert ein Leistungsschutzrecht für Verleger ein und will bei Google und all denjenigen abkassieren, die journalistische Traktate aus dem Hause Burda referenzieren. Die fehlende Logik in seiner Argumentation, die überdies auch noch in der FAZ
stehen durfte (ein Blatt, das ich auch in seiner digitalen Ausgabe bisher zu schätzen wusste), habe ich bereits angeprangert
. Etwas anders - und da widerspreche ich zumindest teilweise dem Kollegen Thomas Knüwer
- steht es mit der Beurteilung der aktuellen Ankündigungen oder Forderungen (je nach Perspektive) aus dem Springer- und WAZ-Verlagshaus.
Es geht um das vermeintliche Comeback des "Paid Content
" im Web. Fehlende oder unzureichende Werbeeinahmen sollen also via Micropayment oder Online-Abo kompensiert werden. Im Wesentlichen geht es den Verlagsmanagern dabei darum, dass hier alle Verleger an einem Strang ziehen und den Online-User schrittweise von seiner Gratiskultur, die er über einen Zeitraum von annähernd 15 Jahren gepflegt hat, zu entwöhnen. Man muss kein Prophet sein, um das Scheitern des Vorhabens, die Verlegerlandschaft in Deutschland in diesem Punkt zu einen, vorherzusagen. Die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen - da pflichte ich Thomas Knüwer
bei. Auch dürften allgemeine Nachrichten, denen ich mich ob der Vielstimmigkeit, in der diese an mich herangetragen werden, gar nicht entziehen kann, nicht ernsthaft zur Grundlage eines kostenpflichtigen Geschäfts werden. Deutschlands älteste Pay-TV-Sender ARD und ZDF einmal ausgenommen, wobei diese ja nicht nur aus generischen Nachrichteninhalten bestehen.
Nicht umsonst (welch passende Formulierung bei diesem Thema) hat Döpfner vor allem auf mobil verfügbare Inhalte verwiesen, die der Springerkonzern demnächst kostenpflichtig anbieten möchte. Mobilfunk, das weiß der rechnungsgeplagte Handybesitzer, ist bsiweilen eine teure Sache. Will sagen: Hier herrscht eine ganz andere Erwartungshaltung vor. Zwar hat O2 jüngst angekündigt
, Voice Over IP-Dienste (wie Skype
oder Google Voice
) in ihren Mobilfunknetzen zu ermöglichen, was bahnbrechende Auswirkungen für den gesamten Mobilfunkmarkt (Stichwort: Flatrate-Tarife) haben dürfte. Im Wesentlichen prägen aber immer noch überteuerte SMS-Dienste, Klingelton-Abzocker und proprietäre Angebote (das iPhone gibt es nur bei T-Mobile und ähnliche Wettbewerbsspielereien) das Bild beim Verbraucher. Warum also nicht kostenpflichtige iPhone-Applikationen oder Content-Angebote auf den Markt bringen? Dass in dieses Fahrwasser auch eine meiner Lieblingsanwendungen "Mein Klub
" von Bild.de
geraten wird, ist für mich so sicher wie das vielzitierte "Amen" in der Kirche.
Grundsätzlich wehre ich mich nicht gegen kostenpflichtigen Content. Allerdings muss dieser bestimmte Voraussetzungen erfüllen - er muss einzigartig oder zumindest gut sein. Allein: Mir mangelt es am Vertrauen in die Macher. Zu lange schon haben sie es versäumt, wirklich gute Angebote zu machen. Und damit zwangsläufig anderen das Feld überlassen. Ein schönes Beispiel hierfür ist etwa meinestadt.de
, das den für lokale Medien maßgeschneiderten Platz nahezulos konkurrenzlos eingenommen hat. Der Versuch (etwa des Südkuriers
) sie nun in Kombipakete einzubinden, um wenigstens ein bisschen vom Erfolg des Wettbewerbers zu profitieren, dürfte nicht wirklich zielführend sein und eher "lousy pennies
" (um den Burda-Duktus zu bemühen) in die Kasse tröpfeln lassen. Aber nochmal zurück zu dem, was wirklich guter Content ist.
Qualitativ hochwertiger Content muss nicht immer der "Scoop
" sein. Aber: Er muss unverwechselbar daherkommen. Dazu reicht es manchmal tatsächlich, dass ein gut ausgebildeter Journalist oder Autor Urheber ist. Gut ausgebildet allein aber reicht nicht. Digitaler Content muss heute auch medienadäquat und maßgeschneidert sein. Und hierfür sind Journalisten nicht allein verantwortlich. Die technischen Infrastrukturen, um gezielt die richtigen (und wichtigen) Informationen entsprechend der Nutzerbedürfnisse und der Ausgabeplattform (PC, Netbook, Smartphone, Widget, Handy...) auszuliefern, sind bei den meisten Verlegern immer noch nicht implementiert. Viel wichtiger aber scheint mir das immer noch dominierende Print-Abo, das nun krampfhaft auf die (für viele Verleger immer noch viel zu) "neuen" Medien übertragen werden soll. Proprietäre Systeme sind out. Das gilt nicht nur für den Einsatz von Software, der mehr und mehr von (nur scheinbar) kostenlosen Open Source Systemen geprägt ist, das gilt auch für die Verlagslandschaft in Deutschland. Mash-Up
und Kollaboration sind keine Modeworte. Beides beschreibt die grundlegende Veränderung der Mediennutzung. Auch Verleger müssen dieses Bedürfnis bedienen, wenn sie in Zukunft noch im Web mitspielen wollen. Wie sie es schaffen, daraus gemeinsam ein faires und für alle Seiten transparentes Tarifsystem zu basteln, spielt für den Nutzer keine Rolle. Ohne diese Kärrnerarbeit werden sie jedoch meiner Meinung nach nicht überlebensfähig sein. Ein solches Prinzip zwingt übrigens nicht nur das bisherige Abo-Modell in die Knie, sondern dürfte auch ein tragfähiger Versuch sein, sich gegen Google & Co. zu behaupten - behaupte ich.
Zugleich ist es an den Verlegern, das Ausbildungsspektrum der Journalisten zu erweitern, damit diese sich nicht nur auf die neuen Mediennutzungsmuster einstellen, sondern auch lernen, dass das Entstehen von Nachrichten, Berichtenswertem, Hintergründen und fachlich herausragendem Content heute anders abläuft, als es noch vor fünf oder zehn Jahren der Fall war.
Also, liebe Verleger: Bitte nicht einfach Bezahlwände vor dem real existierenden Content hochziehen. Erst Hausaufgaben machen, sonst werden diese Bezahlwände sehr schnell zu Klagemauern. Und dann hilft nur noch beten! (Christoph Salzig)
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