Wie Versicherer ihre Kunden ansprechen

30.03.2009 - Mag sein, dass die Krise noch nicht im Konsumverhalten angekommen ist. Deutschlands Versicherer hingegen haben sie sehr wohl schon zu spüren bekommen, insbesondere, wenn es um langfristige Investitionen der Verbraucher in die Lebensversicherung und die Vermögensverwaltung geht.

Die Allianz hat die Branche erst vor Kurzem unter anderem wegen dieser schwierigen Geschäftsfelder mit einem Milliardenverlust in Unruhe versetzt.Ähnlich wie die Banken haben die Unternehmen mittlerweile das veränderte Kundenverhalten antizipiert und werben vor allem um Vertrauen und Zuverlässigkeit. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) plant sogar eine bundesweite Imagekampagne.

Die Versicherer selbst verstärken ebenfalls ihre Bemühungen ums Image - und haben erkannt, dass dabei dem Dialogmarketing eine immer größere Rolle zukommt. Laut Nielsen Media lag 2008 der Dialog-Anteil bei den Versicherern bei 22 Prozent der Media spendings (470 Millionen Euro). Das Potenzial ist enorm. Nach Angaben des GDV nahmen die Versicherungen 2008 gut 165 Milliarden Euro an Beiträgen ein. Auch beim Marketing geht es also um Milliarden. Die Versicherer nutzen die Dialogmöglichkeiten aber noch sehr unterschiedlich.

Die Intensität, mit der die Versicherer Dialogmarketing nutzen, reicht von annähernd null bis fast hundert Prozent. Es kommt offenbar darauf an, welch traditioneller Herkunft der jeweilige Konzern und - letztlich - wie beweglich er ist.

Die Ergo Gruppe, zu der unter anderen die Victoria, Hamburg-Mannheimer, DKV, DAS und Karstadt Quelle Versicherungen gehören, ist beispielhaft dafür, wie Dialog für ein besseres Image eingesetzt werden soll. "In der Ergo Versicherungsgruppe investieren wir zwischen 15 und 20 Prozent unseres Werbebudgets ins Dialogmarketing", sagt Dr. David Stachon, Leiter Strategisches Marketing. "Vor allem bei komplexen Produkten ist es uns wichtig, mit den Kunden in Dialog zu treten. 2008 haben wir mehr als 70 Millionen Mailings verschickt. Dieses Jahr werden wir diese Zahl deutlich erhöhen."

Ergo ist als Tochterunternehmen der Münchener Rück hinter der Allianz die Nummer zwei im deutschen Versicherungsmarkt. "Wir diskutieren gerade über Budget-Erhöhungen", sagt Stachon. "Als Tochter des sichersten Unternehmens der Welt möchten wir Sicherheit und Garantie in den Fokus rücken. Dazu ist der Dialog notwendig." Wachsende Bedeutung kommt auch bei Ergo dem Dialog im Internet zu. "Über die DKV generieren wir aktuell beispielsweise 1.000 Adressen - und zwar pro Woche. 2008 konnten wir annähernd 50.000 Adressen sammeln", sagt Stachon. Nun überlegt der Konzern, wie die Aktivitäten in diesem Bereich forciert werden können.

Auch HDI-Gerling ist in Sachen Internet vergleichsweise gut unterwegs, was die Microsite WasAuchKommt.de belegt. "Für die HDI Direkt gibt es die seit fünf Jahren laufende klassische Kampagne, die mit der Microsite in ein neues Format verlängert wurde", erläutert Olaf Rühmeier, Leiter Brand Management der HDI-Gerling Sach Serviceholding. Das geschah mit der Lead-Agentur Gudellabarche. Rühmeier: "Stichwort ist hier, Integrationswege gemeinsam mit den Vertriebswegen und dem operativen Marketing erproben und dabei den Charme einer klassischen Kampagne für verkäuferische Impulse nutzen."

"Generell werden hier viele Maßnahmen der Vergangenheit auf den Prüfstand gestellt", kündigt Dr. Ralph Elfgen an, Marketingleiter HDI-Gerling Firmen und Privat. Die bisherige Orientierung an der Klassik solle durch Maßnahmen ergänzt werden, die auch in Richtung Dialog gingen. Wachsen will das Unternehmen künftig bei Privatkunden und im kleingewerblichen Geschäft. Zu den Maßnahmenbündeln zählen auch Messen und Sponsoring.

Ziemlich konservativ, aber ganz im Sinne des Direktmarketings agiert dagegen die Debeka-Gruppe. "Die Debeka ist ja dafür bekannt, dass sie nicht auf jeden Zug aufspringt", sagt Kommunikationschef Dr. Gerd Benner. Im klassischen Marketing macht die Versicherung so gut wie gar nichts. Sie verfügt nicht einmal über ein Marketingbudget. "Und wenn wir doch eine Kampagne starten, dann ausschließlich zur Unterstützung unserer 8.000 Vertriebsmitarbeiter. Externe Unterstützung, etwa von Werbeagenturen, benötigen wir nicht", so Benner. Folgerichtig verzichtet die Debeka komplett auf TV- und Printwerbung. Benner: "Wir versenden aber regelmäßig Mailings - mit steigender Tendenz." Im vergangenen Jahr sind neun Aktionen mit einer Auflage von insgesamt 2,1 Millionen verschickt worden. Bis Ende April dieses Jahres sind schon fünf Aktionen mit einer Auflage von insgesamt rund einer Million Mailings geplant.

Aber auch die Debeka setzt sich mit den neuen Medien auseinander. "Wir planen für das zweite Quartal, einen Newsletter herauszugeben", kündigt Benner an. "Und wir schließen nicht aus, bestimmte, wenig erklärungsbedürftige Produkte, wie etwa die Auslandsreise-Krankenversicherung, irgendwann einmal auch über das Internet anzubieten." Zudem setze die Debeka vereinzelt Suchmaschinenmarketing ein, schalte online aber keine Banner. Das wäre doch zuviel des Guten. Benner: "Und Mobile Marketing - das kann ich mir für die Debeka nicht vorstellen."

Die R+V Gruppe wiederum ist dafür bekannt, dass sie für Dialogmarketing relativ wenig Interesse aufbringt. Aber auch sie geht in der Krise in die Offensive. Die R+V Versicherung AG startet Ende März eine groß angelegte Kam-pagne mit dem Schwerpunktthema Vorsorge. Im Vordergrund dieser Kampagne stehen nach Auskunft von Dr. Peter von Koppenfels, Leiter Strategisches Marketing, Above-the-line Aktivitäten wie zum Beispiel TV-Werbung und Below-the-line Aktivitäten am PoS. Entwickelt wurde die Kampagne in Zusammenarbeit mit der Agentur Jung von Matt, die seit dem Wechsel von Hagström Werbeagentur die Lead-Agentur von R+V ist. "Das Dialogmarketing verzeichnet bei der R+V wachsende Bedeutung, insbesondere durch den Ausbau des Bestandskundengeschäfts", betont von Koppenfels. "Wichtigster Marketingkanal neben Media ist für die R+V aber der PoS." Dies sei im Wesentlichen begründet durch die Zusammenarbeit mit den Volks- und Raiff eisenbanken im genossenschaftlichen Finanzverbund.

Ganz andere Wege geht die Signal Iduna. Die Versicherung hat im vergangenen Jahr die Mailingplattform "Avus Dialog" eingeführt. Marketingschwerpunkt des Jahres 2009 ist hier laut Torsten Uhlig, Bereichsleiter Marketing, die Private Krankenversicherung/Pflegezusatzversicherung. Umrahmt von einer Radiokampagne mit Printstrecken in Publikums- und Zielgruppentiteln, finden zahlreiche ergänzende Marketingaktionen statt. "Von Kundenmailings zu diversen Themen über eine spezielle Kundenzeitschrift der Krankenversicherung bis hin zu Maßnahmen unseres Außendienstes - das Spektrum ist vielfältig", sagt Uhlig. Speziell dem Außendienst würden mit Großplakaten, Anzeigen-Adaptionen, regionaler Funk- und Kinowerbung sowie der Mailingplattform viele Angebote eröffnet. Uhlig: "Daneben führt Signal Iduna 2009 diverse Produkte ein, die durch weniger aufwendige Marketing-Aktionen, zumeist über die Mailingplattform, begleitet werden." Lead-Agentur ist P-Mod (ehemals BMZ).

Cosmos Direkt arbeitet in der Klassik mit Leagas Delaney und im Bereich Dialog bzw. Mailing mit Careforce zusammen. Aktuell läuft die Aktion "Deutschland spart", die über TV, Print, Postwurf, Mailing und Online beworben wird. "In der Kommunikation mit unseren Kunden setzen wir in erster Linie auf Dialogmarketingmaßnahmen sowie auf den persönlichen Kontakt am Telefon", sagt Marketingchef Andreas Fabry. Ein Beispiel hierfür ist das Kundenbegrüßungspaket, das an neue Kunden nach etwa einem Monat verschickt wird. Danach werden die Kunden telefonisch kontaktiert. Aber für den Direktversicherer gilt eben immer noch: "Um Cosmos Direkt beim Verbraucher zu positionieren, nutzen wir in erster Linie die klassischen Kanäle TV und Print."

(Martin Teschke)

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