Kontroverse Debatte um Datenschutz

19.03.2009 - Die Zukunft des Listenprivilegs und der Opt-in-Regelung ist auch nach der Bundestagsdebatte am Donnerstagsabend ungewiss.

Der Bundestag war am Abend zusammengetreten, um die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes in erster Lesung zu beraten. Am Ende der Aussprache wurde der Gesetzentwurf dann an die Ausschüsse überwiesen. Im Kern bedeutet dies: Wahrscheinlich kann nicht mehr grundsätzlich an der Abschaffung des Listenprivilegs und der Einführung der Opt-in-Regelung gerüttelt werden. Nachgebessert wird der Entwurf der Bundesregierung aber sicherlich noch.

Interessanterweise wurde die Debatte von der Unionsabgeordneten Beatrix Philipp eröffnet, die den Gesetzentwurf unter Federführung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Bausch und Bogen zerriss. "Wir schießen über das eigentliche Ziel des Datenschutzes hinaus", sagte Philipp. Würde der Entwurf in der jetzigen Fassung Gesetz werden, würden die Verbraucher Opfer flächendeckender Werbung; es würden vermehrt Drückerkolonnen auftauchen; und die Telefonwerbung würde extrem zunehmen. Zudem seien zahlreiche Unternehmen in ihrer Existenz bedroht, besonders der Versandhandel und die Verlage. Philipp: "Das ist in der derzeitigen Wirtschaftslage kaum zu verantworten." Die Abschaffung des Listenprivilegs müsse überdacht werden; und die Opt-in-Regelung sei rechtlich nicht abgesichert.

Weniger eindeutig äußerte sich die Abgeordnete Gisela Piltz von der FDP. Sie warf der großen Koalition vor, nicht schon längst gegen Datenmissbrauch vorgegangen zu sein. Den Entwurf für das Auditgesetz bezeichnete sie als "bürokratisches Monstrum". Die Opt-in-Regelung befürwortete sie aber indirekt.

Die Grünen-Abgeordnete Silke Stokar von Neuforn lobte im Gegensatz zu ihrer Unionskollegin Minister Wolfgang Schäuble mit den Worten: "Der Bundesinnenminister hat ein ambitioniertes Bundesdatenschutzgesetz vorgelegt." Sie verlangte lediglich Verbesserungen beim Datenschutzsiegel. Die Opt-in-Regelung begrüßte von Neuforn. Ihre Begründung: "Meine persönlichen Daten sind doch keine Ein-Euro-Ware."

Eindeutig verteidigt wurde die geplante Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes lediglich von der SPD-Fraktion im Bundestag. Von den Sozialdemokraten ist offenbar keine Unterstützung für die Dialogmarketingbranche zu erwarten. "Das Listenprivileg muss modifiziert werden", forderte etwa Manfred Zöllmer (SPD). Er sah aber auch ein, dass ein funktionierender Wettbewerb Werbung brauche. Werbung auch von kleineren Unternehmen, die auf gezielte Kundenansprache angwiesen seien. Den Gesetzesentwurf hält er aber für ein "gutes Gesetz". Zöllmer forderte zusätzlich eine Erweiterung des Verbandsklagerechts für Verbraucherschützer. Sein Fraktionskollege Dr. Michael Bürsch brachte schließlich auf den Punkt, wie es mit der Gesetzesnovelle weiter gehen könnte. Genau wie die CDU-Abgeordnete Philipp verwies Bürsch auf das Strucksche Gesetz: Kein Gesetz kommt aus diesem Bundestag so raus, wie es hereingekommen ist. Anders ausgedrückt: Jetzt haben wieder die Ausschüsse das Wort. Und zwar ziemlich bald.

Regelungen zum Datenschutz stehen auch im Mittelpunkt einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am Montag, dem 23. März. Neben dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Datenschutzaudits und zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften stehen zwei Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie ein Antrag der FDP-Fraktion zur Diskussion. Als Sachverständige sind geladen: Professor Hans Peter Bull von der Universität Hamburg, Christoph Fiedler vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, Professor Peter Gola von der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, Rolf Schäfer vom Bundesverband des Deutschen Versandhandels, Hartmut Scheffler vom Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute, Karin Schuler von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, Cornelia Tausch von der Verbraucherzentrale Bundesverband, Volker Ulbricht vom Verband der Vereine Creditreform und Thilo Weichert vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein. (te)

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