Datenschutzdebatte heute live im Web

19.03.2009 - Bekanntlich will der Deutsche Bundestag heute, 19. März, die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes in erster Lesung beraten. Die Debatte soll ab 18.30 Uhr live unter Bundestag.de übertragen werden. Für die Aussprache sind gerade einmal gut 30 Minuten eingeplant.

Wie berichtet, geht es bei der Entscheidung des Bundestages für die Dialogmarketingbranche um sehr viel. Setzt sich die Politik durch, wird das Listenprivileg gestrichen und eine Opt-in-Regelung zur Neukundenansprache eingeführt. Allein der Versandhandel fürchtet ein Umsatzminus von 20 Prozent. Dabei kann der DDV mit einem wissenschaftlichen Gutachten des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster belegen, dass der Regierungsentwurf zur Bundesdatenschutznovelle (BDSG) europarechtswidrig ist. ONEtoONE hatte darüber bereits vor Wochen berichtet.

Die Kanzlei Lovells rät den betroffenen Anwendern und Dienstleistern dennoch, sich möglichst rasch auf die neue Situation einzustellen. Das Gesetz soll im Juli 2009 in Kraft treten und wird in seiner jetzigen Form weitreichende Einschränkungen bei der wirtschaftlichen Nutzung personenbezogener Daten zur Folge haben. Unternehmen sollten daher schon jetzt erste Maßnahmen ergreifen, so die Kanzlei, um die Folgen der geplanten Neuregelung abzumildern.

Sollte die Datenschutznovelle unverändert in Kraft treten, wird sie für viele Unternehmen gravierende Nachteile mit sich bringen. Der Austausch wichtiger Marketingdaten, die zielgenaue Ansprache von Kunden, die Ansprache von Neukunden überhaupt und selbst die Weitergabe von Daten innerhalb von Unternehmensgruppen oder im Konzern wären erheblich erschwert oder gar ausgeschlossen. Postalische Neukundenwerbung wird damit nahezu unmöglich gemacht, selbst im B-to-B-Bereich, meinen die Juristen von Lovells.

Kernpunkt der Datenschutznovelle sei die Einführung eines generellen Einwilligungsvorbehalts für jegliche Datenverarbeitung im Bereich Werbung, Markt- und Meinungsforschung. Gleichzeitig solle das Listenprivileg, wonach Unternehmen bislang ohne Einwilligung der Betroffenen auf bestimmte listenmäßig zusammengefasste personenbezogene Daten für Werbung und Marktforschung zurückgreifen können, fast vollständig entfallen. Von wenigen Spezialfällen abgesehen, würde selbst postalische Werbung daher zukünftig nur noch möglich sein, wenn die Adressaten vorab eingewilligt haben. Ausnahmen soll es nur geben bei Eigenwerbung von Unternehmen, also der Werbung für eigene Produkte gegenüber Verbrauchern, zu denen schon Kundenbeziehungen bestehen, außerdem bei der Ansprache von Selbständigen und im Bereich Spendenwerbung.

Zwar bleibe Unternehmen dank einer Übergangsfrist (geplant derzeit: bis 1. Juli 2012) Zeit, die erforderliche Neuausrichtung ihrer Datenschutzkonzepte sicherzustellen. Da sich die Übergangsregelung aber nur auf Daten beziehe, die vor dem 1. Juli 2009 erhoben wurden, werde diese bald nur noch für veraltete Datenbestände gelten, die aus Marketing-Gesichtspunkten kaum mehr attraktiv sind.

Verena Grentzenberg, Rechtsanwältin und Datenschutzexpertin bei Lovells LLP in Hamburg, rät Unternehmen daher dringend, die Grundlagen ihrer für Werbung genutzten Adressbestände und bisher verwendeten Einwilligungserklärungen zu prüfen. "Wurde bislang ohne Einwilligung gearbeitet, müssen Unternehmen schon jetzt planen, wie zukünftig erforderliche Einwilligungen eingeholt werden können. Dies kann etwa durch die Anpassung bzw. Schaffung neuer Kundenbindungssystemen geschehen: Kunden werden Vorteile gewährt, wenn Sie eine Einwilligung in die Nutzung bestimmter persönlicher Daten erteilen. Auch die Verlagerung von Verantwortlichkeiten innerhalb eines Konzerns kann im Einzelfall eine Lösung darstellen, um die Ausnahmeregelung zur Eigenwerbung nutzen zu können. Und wer bisher Adressdaten für die Neukundenwerbung eingekauft hat, wird sich neue Quellen erschließen müssen."

Gleichzeitig ist geplant, die Anforderungen an die Einwilligung zu verschärfen. Ist es bislang noch ausreichend, den Einwilligungstext innerhalb eines Vertragstextes besonders hervorzuheben, etwa durch Fettdruck oder eine prominente Position, wird der Betroffene nach Analyse von Lovells künftig die Einwilligung nur noch durch Ankreuzen, eine gesonderte Unterschrift oder anderes aktives Handeln erteilen können. Mündliche Einwilligungen zur Datennutzung müssen schriftlich bestätigt und Kunden bei schon bei Vertragsschluss auf ihr Widerspruchsrecht bezüglich der Datennutzung für Werbezwecke hingewiesen werden.

Künftig soll das Kopplungsverbot, das bislang schon im Internetbereich existiert, auch auf "Offline"-Geschäfte erstreckt werden: Danach dürfen Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung den Abschluss eines Vertrages nicht davon abhängig machen dürfen, dass der Kunde in die Nutzung seiner Daten zu Werbezwecken einwilligt. Außerdem soll - und dies gab es so bisher selbst im Internetbereich nicht - das Kopplungsverbot schon dann greifen, wenn in einer Branche Kopplungen üblich sind, so die Juristen.

Schließlich will die Bundesregierung auch das seit vielen Jahren geplante Datenschutzauditgesetz endlich verabschieden. Danach können Unternehmen ihr Datenschutzkonzept, ihre datenverarbeitende IT-Anlage oder ihre Software evaluieren lassen und nach erfolgreicher Prüfung ein Datenschutzsiegel erwerben."Insbesondere Unternehmen mit Verbrauchern als Endkunden empfehlen wir, sich schon jetzt auf das Datenschutzauditverfahren vorzubereiten. Seine Verabschiedung sehen wir als nahezu sicher an. Und wer das Siegel als Erster erwirb, wird auch als Erster damit werben können", so Datenschutzexpertin Grentzenberg. (te)

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