"Weit übers Ziel hinaus"

18.03.2009 - Einen Tag vor der Bundestagsberatung am 19. März zur umstrittenen Datenschutznovelle haben sich die konkurrierenden Interessenorganisationen noch einmal zu Wort gemeldet. Ergebnis: Die Positionen liegen meilenweit auseinander - nach all den Vermittlungsbemühungen.

"Ursprünglich wollte die Bundesregierung mit der Novelle illegalen Datenhandel bekämpfen. Der jetzt vorliegende Regierungsentwurf geht aber über dieses Ziel weit hinaus", teilten der Versandhandelsverband (BVH) und der Deutsche Dialogmarketing Verband (DDV) in einer gemeinsamen Erklärung mit. Nach Verabschiedung des Gesetzes könnten nur noch rund 20 Prozent der existierenden Postadressen für Werbezwecke genutzt werden. Die gezielte Ansprache von Neukunden wäre größtenteils nicht mehr möglich, so die Verbände. Breit streuende Werbung wie zum Beispiel Zeitungsbeilagen seien aber als Alternative besonders für den Mittelstand wirtschaftlich nicht realisierbar. Aus diesem Grund rechnen allein die Versandhändler mit Umsatzverlusten von 20 Prozent und mehr.

In letzter Minute haben der DDV und der BVH aber auch noch einige Kompromissvorschläge auf den Tisch gelegt. Der geplante Einwilligungsvorbehalt soll nach den Vorschlägen von BVH und DDV allein für die "Übermittlung" und damit für den Datenhandel gelten. Wenn Daten für Werbung genutzt, aber dazu nicht an Dritte übermittelt würden, seien die Interessen der Bürger gewahrt. In der Datenschutznovelle müsse deshalb zwischen der "Nutzung" und der "Übermittlung" so unterschieden werden, dass die Kooperation von Unternehmen bei der Neukundenwerbung über das so genannte Lettershop-Verfahren möglich bleibt. Dabei würden "Fremdadressen" durch einen neutralen Dritten - einen Letter-Shop - auf die Kataloge und Briefe eines Versenders aufgebracht. Eine Neukundenadresse erhält das Unternehmen bei diesem Verfahren erst dann, wenn ein Verbraucher auf die Werbung mit einer Bestellung reagiert, betonten die Verbände. Darüber hinaus seien Lösungen denkbar, die dem Bürger dienten und gleichzeitig die Neukundenwerbung nicht im beschriebenen Maße einschränkten. BVH und DDV fordern den verpflichtenden Einsatz der Robinsonliste, um das Recht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung zu stärken. Jeder Bürger soll über die Robinsonliste informiert werden.

Auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) appellieren an die Mitglieder des Deutschen Bundestags, die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes in der vorliegenden Form nicht zu verabschieden und das so ge nannte Listenprivileg zu erhalten. "Die Wirtschaft braucht den Weg zum Verbraucher. Das geplante Bundesdatenschutzgesetz unterbindet jedoch mögliche Schritte zum potenziellen neuen Leser und Abonnenten", erklärten die Verleger. Hier werde das operative Geschäft per Gesetz geblockt. Konjunkturprogramme würden auf diese Weise konterkariert.

Bislang ermöglicht es das Listenprivileg den Verlagen, per Brief an potenzielle Neuleser heranzutreten und so dem Rückgang von Abonnenten entgegen zu wirken. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation träfen die Einschränkungen bei der Gewinnung neuer Abonnenten die Verlage hart und drohten in der Folge, die Pressevielfalt in Deutschland zu gefährden, warnten BDZV und VDZ.

Ganz anders argumentieren nach wie vor die Verbraucherschützer. Sie fordern Gesetzesverschärfungen, die noch deutlich über die Pläne der Bundesregierung hinaus gehen. Gerd Billen, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), will, dass "gerade bei der Datensicherheit und einem effizienten Vollzug" noch nachgelegt wird. Er bezieht dies auch auf Telefonwerbung. Billen verweist dabei gern auf Umfragen, wonach mehr als 80 Prozent der Verbraucher angeben, sich durch Werbeanrufe und -briefe belästigt zu fühlen.

Unlautere Telefonwerbung steht heute, am 18. März, auf der Tagesordnung mehrerer Ausschüsse des Bundestages. Am 19. März verhandelt der Bundestag in erster Lesung über den Entwurf zur Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes. Am 23. März findet eine Sachverständigenanhörung im Innenausschuss statt. (te)

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