Ein gutes Jahr für Dialog-Agenturen?

27.01.2009 - Zwölf Agenturvertreter richten ihren Blick in die Zukunft und entwerfen ein detailliertes Bild vom Zustand und von den Herausforderungen der Branche.

Der erste Schock über die Finanzkrise ist mehr oder weniger verdaut. Die Konjunkturpakete der Bundesregierung sind geschnürt. Und Deutschlands Dialogmarketing-Agenturen gewinnen langsam ein Gefühl dafür, was dieses Jahr auf sie zukommen könnte. Für ONEtoONE wagen zwölf Agenturvertreter einen Ausblick auf das gerade begonnene Jahr. Das Ergebnis: Im Kern überwiegt Optimismus - zumindest im Vergleich zu anderen Branchen. Insgesamt ergibt sich ein detaillierter Blick auf den Zustand und die Herausforderungen des Dialogmarketings im Jahr 2009.

Peter Figge etwa, CEO von Tribal DDB Germany, mahnt: Schon was den Key Performance Indicator (KPI) für Marketingmaßnahmen angeht, "hinken Unternehmen wie Agenturen der Marketing-Realität mit ihrer wachsenden Vielfalt und den interdependenten Kanälen und Mechanismen in einem Maß hinterher, das uns alle erschrecken und aktivieren sollte. Nicht erst die Krise und der wachsende Wettbewerb zwischen den Spezialagenturen."

Neben Peter Figge äußern sich Thomas Aichelmann, Tanja Albert, Roland Bös, Ulrich Brüggemann, Oliver Hermes, Thomas Knauer, Stefan Knieß, Michael Schipper, Florian Schültke, Ricardo-José Vybiral und Michael Wolf.

Peter Figge, CEO von Tribal DDB: In den letzten Jahren hat sich der Druck auf Marketingverantwortliche erhöht, die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen nachzuweisen. Die Finanzkrise wird diese ohnehin bestehende Tendenz noch einmal deutlich forcieren. Ich persönlich hoffe, dass nicht irgendeine Disziplin "Gewinner der Krise" wird, sondern dass Marketingverantwortliche und Agenturen sich endlich daranmachen, Marketing-Controlling-Ansätze zu entwickeln, die es erlauben, die im Sinne der jeweiligen Zielsetzung wirksame Maßnahmen zu identifizieren. Denn ich bin sicher, dass das nicht immer und in jedem Fall eine Dialogmaßnahme ist."

Thomas Knauer, Managing Partner Saint Elmo`s Interaction: Die Unternehmen, die eine dialogische Akquisitionsstrategie haben, die funktioniert und sich rechnet, tun gut daran, diese noch zu verstärken. Von daher bin ich davon überzeugt, dass die Dialog-Agenturen, die on- wie offline gut aufgestellt sind, die Krise merken, aber diese mit einem blauen Auge überstehen werden.

Michael Wolf, Managing Director Red Urban: Wir Markendialog-Kreativagenturen profitieren nur dann von der aktuellen Wirtschaftslage, wenn wir Kunden einen erkennbaren Mehrwert, sprich höhere Effizienz bei passgenauer Botschaftenvermittlung, wirklich garantieren. Wem es gelingt, relevante Bedürfnisse zu identifizieren und über bemerkenswerte Kreation zu kommunizieren, wird 2009 im Bereich Markendialog punkten.

Oliver Hermes, Gesellschafter von Berger Baader Hermes: 2009 wird ein Jahr des Zählens, Messens, Wiegens. Es wird für Marken unvermeidlich, direkt mit ihren Konsumenten zu kommunizieren. Zunehmend wird die (Agentur-)Leadfunktion aus dem Online-Bereich heraus entwickelt. Insbesondere bei modernen Marken mit jungen oder mobilen Zielgruppen. Das ist neu! Und das gilt nicht für Dialogmarketing-Agenturen. Dazu braucht man Leute mit betriebswirtschaftlicher Erfahrung wie auch Leute mit Intuition und Gespür für gesellschaftliche Befindlichkeiten.

Thomas Aichelmann, Geschäftsführer Conteam Dialog: Grundsätzlich gilt es in der aktuellen Situation, einen kühlen Kopf zu bewahren. Da der Marketingmix keinen effizienteren Weg als zielgerichtetes Dialogmarketing bietet, bin ich zuversichtlich, dass die Branche profitieren wird. Marketingverantwortliche auf Kundenseite werden 2009 die Maßnahmen noch stärker auf vertriebliche Anforderungen ausrichten müssen als in der Vergangenheit. Klare Argumente, einen größeren Budgetanteil ins Dialogmarketing zu shiften.

Tanja Albert, Geschäftsführerin von OgilvyOne Worldwide: Wir sehen zwei deutliche Entwicklungen: ein krisenbedingtes Kürzen von Marketingbudgets insgesamt und einen vor Jahren begonnenen, krisenunabhängigen Trend, stärker in Dialogmarketing zu investieren, oft zu Lasten klassischer Werbebudgets. Letzteres ist die Folge, wenn sich Zielsetzungen ändern; eine direkte Alternative zu Massenmedien kann personalisierte, individualisierte Kommunikation nie sein.

Stefan Knieß, Chief Executive Officer von Argonauten G2: Meiner Ansicht nach werden vor allem die Agenturen gewinnen, die den Werbungtreibenden strategische Chancen aufzeigen können, wie man mit kreativen Ideen in digitalen Kanälen den Vertrieb forcieren kann und dabei gleichzeitig das Markenkapital ausbaut. Wer innovative Ideen zudem mit so genannten klassischen Werbeformaten intelligent vernetzen kann, der muss sich aus meiner Sicht 2009 wenig Sorgen machen. Die Krise ist eine große Chance. Und wir sind bereit, diese Chance zu nutzen.

Ulrich Brüggemann, Geschäftsführer von Brüggemann & Freunde: Was nützt es den DM-Agenturen, wenn sie zwar einen höheren Anteil vom Gesamtbudget erhalten, dasselbe aber um 50 Prozent zusammengestrichen wurde. Mir sind jedenfalls 30 Prozent von 100 Prozent lieber, als 40 Prozent von 50 Prozent. Die kleine Chance, die ich in der Krise entdecken kann, ist die Hoffnung, dass die Unternehmen endlich erkennen, dass das Ende der Push-Kommunikation erreicht ist und nicht mehr die Klassiker die Marken führen, sondern die Verbraucher. Wenn wir in diesem Punkt von Lippenbekenntnissen zu Taten kommen, wird sich die Krise für Dialogspezialisten auszahlen, denn dass sind die Einzigen, die davon etwas verstehen.

Michael Schipper, Chief Executive Officer von Proximity Germany: In Krisenzeiten erinnern sich alle noch stärker an die Notwendigkeit von Effizienz und Effektivität im Marketing. Wir spüren die Entwicklung deutlich und haben sie auch erwartet. Dabei ist der Budget-Shift aber nur das eine. Noch wichtiger wird es sein, das Augenmerk auf die tatsächlichen Absatzziele zu schärfen und Kenngrößen wie Konvertierung und Lead-Generierung noch stärker in den Fokus zu nehmen. Mit einem Shift allein ist es eben nicht getan. Entscheidend ist, dass messbar der Absatz mindestens stabil bleibt und dass messbar Kunden den Marken treu bleiben. Wieder eine gute Zeit für Dialogexperten. Wenigstens eine Werbedienstleistung, die sich im Umfeld der schlechten Meldungen begründete Hoffnung auf Stabilität machen kann.

Roland Bös, Deputy Managing Director der Scholz & Friends Dialog Group: Gewinnen werden bei dieser Entwicklung sicherlich nicht per se alle Dienstleister mit dialogistischem Angebot. Denn vor der Umschichtung von Budgets steht natürlich zunächst die Beratungsleistung der Agentur bei dieser komplexen Aufgabenstellung. In der Tat können Multi-Channel-Konzepte einen Mehrwert für Kunden und Marke schaffen. Agenturen, die sich hier als Rat- und Ideengeber bei Kunden empfehlen, werden von der aktuellen Situation also überproportional profitieren.

Florian Schültke, Chief Marketing Officer Publicis Germany: Ich glaube, dass Agenturen mit starkem Online-Schwerpunkt und Planning-Know-how die Gewinner der Krise sein werden. Vor dem Hintergrund notwendiger Effizienzsteigerung in der Kommunikation sehe ich im Online-Bereich die beste Grundlage für größtmögliche Kosten/Nutzen-Fokussierung. Aber grundsätzlich sollten die werbungtreibenden Unternehmen die Definition von Kommunikationseffizienz gemeinsam mit ihren Agenturpartnern überdenken bzw. individuell definieren.

Ricardo-José Vybiral, Chief Operating Officer von Wunderman Deutschland: 2009 wird das Jahr der Dialogmarketing-Agenturen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Viele Unternehmen kürzen ihr Marketingbudget. Im Mittelpunkt steht die Effizienz der Kommunikation. Reduziert wird vor allem im klassischen Bereich - zugunsten des Dialogs, der ja auch eine Marke aufbauen kann. Zusätzlich gewinnt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Vertrieb an Einfluss, was ebenfalls dem Dialogmarketing zugute kommt. In Zeiten der Krise hat Dialogmarketing große Potenziale. Ich sehe die Dialogmarketing-Agenturen als Gewinner der Krise.

Martin Teschke

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