10.04.2008 - Nun also doch: Die Deutsche Post will in den Markt mit Anzeigenblättern einsteigen. Die Verlage reagieren verärgert.
Geplant sei zunächst ein Wochenblatt in Millionenauflage, das über die Themen Internet, Telekommunikation und Computer berichten werde, sagte Post-Vorstand Jürgen Gerdes der Financial Times Deutschland (FTD). "Die Eroberung von Werbegeldern steht für uns ganz weit oben", so Gerdes. Dabei habe man auch die Erlöse aus der "TV-Reklame" und dem Online-Bereich im Visier.
Gerdes, der im Konzernvorstand der Deutschen Post für das deutsche und internationale Briefgeschäft sowie das deutsche Paketgeschäft verantwortlich ist, hat weitreichende Pläne. "Es gibt zahlreiche Felder, die attraktiv für uns sind", sagte er. "Auf den Automobilsektor haben wir intensiv ein Auge geworfen." Die Pläne werden offenbar schon seit einiger Zeit vorbereitet. Im Sommer vergangenen hatte die Deutsche Post eine groß angelegte Konsumentenbefragung zum Autokauf gestartet (ONEtoONE 06/2007).
Anzeigenzeitungen für die IT- und die Autobranche sind aber noch längst nicht alles. Laut Gerdes könnten Branchen, denen etwa im Fernsehen ein Werbeverbot droht, attraktiv für weitere Blätter der Deutschen Post sein. Als Beispiel nannte er die Alkoholindustrie. "Die Unternehmen wollen ja weiterhin ihre Zielgruppen mit Werbung erreichen", so Gerdes. Die Briefzusteller der Post hätten schließlich Zugang zu jedem Haushalt in Deutschland.
Vorbild für die Zeitungsprojekte ist die Beilagen-Sammlung "Einkauf Aktuell". Anders als "Einkauf Aktuell" sollen die neuen Zeitungen allerdings auch redaktionelle Inhalte aufweisen. Laut Gerdes werde der Konzern in diesem Jahr mit "Einkauf Aktuell" Erlöse von gut 100 Millionen Euro erzielen. Das kostenlose Blatt erscheint wöchentlich in einer Auflage von bis zu 17 Millionen Exemplaren. Bislang hatte die Deutsche Post immer bestritten, ihre Pläne für Anzeigenblätter umsetzen zu wollen - allein schon, um den mächtigen deutschen Verlagen nicht in die Quere zu kommen (ONEtoONE 10/2007).
Den deutschen Zeitungsverlagen macht die Deutsche Post mit ihren Plänen zwar Konkurrenz, Gerdes weiß aber sehr wohl, dass er mit den Verlagen zusammenarbeiten muss. Er suche die enge Zusammenarbeit mit den Verlegern, sagte der Postvorstand - etwa beim Druck oder beim Zukauf von redaktionellen Inhalten. Gerdes: "Schließlich sind wir keine Verleger und wollen es auch keinesfalls werden." So kooperiert die Deutsche Post beispielsweise mit der WAZ-Gruppe. Zeitungszusteller, die übrigens nicht an den Postmindestlohn gebunden sind, verteilen in einem Pilotprojekt unadressierte Werbung. Im Herbst vergangenen Jahres hatten sich die deutschen Verlage, allen voran der Springer Verlag, einen heftigen Schlagabtausch mit der Deutschen Post geliefert. Hauptgrund war der Mindestlohn (ONEtoONE 11/2007).
Auch jetzt reagieren die Verlage äußerst verärgert. Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), sprach gegenüber dem Medienblog "Turi2.de" von einem "ordnungspolitischem GAU". "Es ist wie beim ZDF: halbstaatliche Unternehmen attackieren die Privatwirtschaft", so Fürstner. Der Verband werde dagegen "mit allen rechtlichen und politischen Mitteln" vorgehen - bis hin zu einer Klage auf EU-Ebene. Die Verleger würden außerdem erwägen, der Post ihre Aufträge zu entziehen.
Laut FTD will die Deutsche Post zudem vor allem ihre Geschäftskunden mit weiteren Services ansprechen. Die Post teste, ihre Briefträger etwa für die Abholung von Briefen und Paketen oder den Verkauf von Briefmarken einzusetzen. Sollten die Kunden bereit sein, für ein ganzes Dienstleistungsbündel eine Servicegebühr von monatlich fünf oder zehn Euro zu zahlen, dann könne dies bald bundesweit angeboten werden, sagte Gerdes der Zeitung. (te)
Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling
Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de