Neue Runde im Zoff um den Post-Mindestlohn

09.03.2008 - Die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts gegen den hohen Mindestlohn für Briefzusteller hat bei den alternativen Postdienstleistern erwartungsgemäß große Freude ausgelöst. Doch der Mindestlohn ist noch lange nicht vom Tisch. Es scheint, als hätte der Kampf um die Wettbewerbsbedingungen im Postmarkt gerade erst begonnen ...

Der Reihe nach: Seit Anfang des Jahres gilt für Briefzusteller ein Mindestlohn von 8 bis 9,80 Euro pro Stunde. Darauf hatten sich der von der Deutschen Post dominierte Arbeitgeberverband Postdienste und die Gewerkschaft Verdi geeinigt. Außerdem hatten SPD und Union nach langem Hin und Her diesen Mindestlohn für allgemeinverbindlich erklärt.

Auf den ersten Blick gilt dies nun alles nicht mehr. Das Verwaltungsgericht in Berlin entschied jetzt, dass die Anwendung des Post-Mindestlohns auf die gesamte Branche rechtswidrig ist. Begründung: Die Allgemeingültigkeits-Verordnung des Arbeitsministeriums sei nicht vom Entsendegesetz gedeckt. Das Entsendegesetz soll gleiche Lohn-, Arbeits- und Sozialbedingungen für alle Beschäftigten einer Branche sicherstellen. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) habe aber "die gesetzliche Ermächtigung überschritten, die nur Verordnungen erlaubt, die überhaupt nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer betreffen". Die Postkonkurrenten hätten jedoch mit der Gewerkschaft der neuen Brief- und Zustelldienste (GNBZ) einen Mindestlohn von 6,50 bis 7,50 Euro vereinbart. Eine klare Aussage gegen den vom Gesetzgeber verordneten Mindestlohn.

Entsprechend euphorisch reagierten die alternativen Postdienstleister. "Heute ist ein guter Tag für den Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte TNT-Post-CEO Mario Frusch nach der Urteilsverkündung. Und Bruno M. Kübler, der Insolvenzverwalter der Pin-Holding, frohlockte: "Wir führen zurzeit Gespräche mit drei Investoren, die ernsthaft an einer Übernahme der Pin-Gruppe interessiert sind. Das Urteil wird diesen Verhandlungen ohne Zweifel neuen Schub geben und dazu führen, die Pin-Gruppe für Investoren noch attraktiver zu machen."

Ob dies tatsächlich so ist, muss bezweifelt werden. Denn das Bundesarbeitsministerium hat unmittelbar nach Verkündung des Urteils Berufung angekündigt. Dieses Berufungsverfahren kann durchaus sechs Monate dauern. Und bis dahin gilt nach Meinung des SPD-Ministeriums weiterhin der Mindestlohn von bis zu 9,80 Euro. Die TNT Post hingegen will nach eigenen Angaben nach wie vor nur bis zu 7,50 Euro zahlen.

Der niederländische Postdienstleister verweist in diesem Zusammenhang auf einen weiteren offenen Streitpunkt. "Neben dem Post-Mindestlohn stellt die Umsatzsteuerbefreiung ein weiteres erhebliches Wettbewerbshindernis dar, das beseitigt werden muss", so der TNT-Post-Chef. Frusch droht auch immer mal wieder damit, den Standort Deutschland zu verlassen.

Unterstützung erhält der Niederländer von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Der ist nicht nur ein Gegner der einseitigen Umsatzsteuerbefreiung der Deutschen Post, er hält auch nichts vom Mindestlohn. Das Berliner Urteil kommentierte Glos mit den Worten: "Es zeigt, dass Mauscheleien vor Gericht keinen Bestand haben. Die Tatsache, dass das Arbeitsministerium reflexartig Berufung angekündigt hat, erinnert an die alte Volksweisheit: Ein getroffener Hund bellt."

Die Auseinandersetzung um den Mindestlohn und damit die gesamten Wettbewerbsbedingungen im offiziell liberalisierten Postmarkt ist also in die schwarz-rote Regierungskoalition zurückgekehrt. Ausgang offen. (te)

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