Neue E-Mail-Messung geplant

26.07.2004 - E-Mail-Measurement soll Vertrauen schaffen und Werbemedium bekannter machen

Die E-Mail-Marketing-Branche plant die Einführung eines einheitlichen Standards zur zertifizierten Messung ihrer Kampagnen. Initiatoren sind der Deutsche Direktmarketing Verband (DDV) und der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW, ehemals dmmv). Mögliche Messgrößen sind unter anderem die Anzahl versendeter E-Mails, die Anzahl der nicht zugestellten Mails (Bounce-Rate), die Öffnungsrate der Mails und die Kampagnenlaufzeit. Bis Jahresende wollen die Verbände die Standards festlegen. Danach sollen die technischen Tests beginnen. Die ersten Ergebnisse werden für Mitte 2005 erwartet. Als Dienstleister ist die IVW-Tochter InfOnline im Gespräch, die bereits die Abrufe von Websites (Page Impressions) misst.

Als Motivation für die Entwicklung dieses technisch recht anspruchsvollen und vermutlich auch sehr teuren Mess-Systems führen die Beteiligten unter anderem die in letzter Zeit verstärkte Nachfrage der Kunden nach klar definierten Messgrößen an, die mit denen anderer Medien vergleichbar sind. Zudem sei das so genannte E-Mail-Measurement ein willkommenes Mittel, um das Werbemedium E-Mail-Marketing bekannter zu machen, zum Beispiel durch die regelmäßige Veröffentlichung von Ranglisten, wie es bei Print, TV und Online bereits gang und gäbe ist. "Eine gewisse Markttransparenz ist wichtig, damit die Branche aus den Kinderschuhen kommt", erklärt Rolf Anweiler, stellvertretender Vorsitzender des DDV-Council Digitaler Dialog und Marketingchef des E-Mail-Marketers eCircle.

Ein weiteres Argument ist das der Vertrauensbildung, die gerade in Zeiten von Spam sehr wichtig sei. "Wir sollten zeigen, dass es einen sauberen Weg gibt, mit dem alle einverstanden sind", sagt Udo Riek, Geschäftsführer des Listbrokers Riek, direkt Marketing. Kopfzerbrechen bereitet den E-Mail-Marketern aber noch die Technik. Der Vorschlag, Kopien aller Mails an den technischen Dienstleister zu schicken, war beim ersten Roundtable von DDV und BVDW relativ schnell vom Tisch. "Dadurch würde sich das E-Mail-Aufkommen verdoppeln. Wer soll das denn händeln?", fragt sich Bettina Höfner, Leiterin Neue Medien beim DDV.

Dr. Bernd Henning, Referent Online-Vermarktung und Forschung beim BVDW, sieht das Verfahren ähnlich problematisch, weshalb es höchs- tens als Notlösung in Betracht komme. "Wir suchen nach eleganteren Lösungen, die technisch simpler sind und keine Datenschutzrisiken in sich bergen", erklärt Henning. Die Anwendungen müssten zudem in der Lage sein, die Öffnungsraten von Nur-Text-Mails und offline gelesene Werbesendungen zu messen, wofür es noch keine praktikable Lösung gebe.

Aus diesem Grund entschieden sich DDV und BVDW, die Öffnungsraten vorerst nicht zu messen und sich erst einmal dem Kernprojekt, der Messung der Gesamtmenge, zu widmen. In diesem Sinne seien auch Ranglisten und die Einführung von Kategorien zunächst nur von ungeordneter Bedeutung. "Es wäre ärgerlich, wenn man sich zu viel vornimmt und das Projekt daran scheitert", sagt Henning.

Der E-Mail-Marketing-Experte Dr. Torsten Schwarz vermutet dagegen ein ganz anderes Motiv für die Ablehnung der Messgröße "opened E-Mails": "Die Öffnungsrate verrät, wie aggressiv Sie Adressen sammeln. Je aggressiver und brutaler Sie sind, desto niedriger ist die Öffnungsrate." Diese zeige außerdem, wie gut der Newsletter ist. Kurzum: Die E-Mail-Marketer wollen sich trotz aller versprochenen Transparenz nicht zu sehr in die Karten schauen lassen - ein Verhalten, das auch bei Web.de-Pressesprecherin Nadja Elias Kritik hervorruft: "Wer sein Geld in dem Markt verdienen muss, muss sich solche Fragen gefallen lassen." Elias gibt aber zu, dass die Öffnungsraten allein nicht viel aussagen. Ratsam sei vielmehr eine Kombination aus verschiedenen Messgrößen. So sei für das Marketingziel Abverkauf zum Beispiel die Konversionsrate entscheidend.

Selbst wenn die Messung der Öffnungsrate möglich wäre, würden die meisten E-Mail-Marketer diese aber bei Stand-alone-Mails nicht anwenden wollen. Der Grund: Die Messung und Veröffentlichung von Stand-alone-Mails gehe zu sehr in Richtung Cost-per-Order- und Cost-per-Click-Diskussion, wodurch das Risiko komplett auf den Anbieter verschoben werde. "Das ist nicht fair", beklagt Anweiler. Schließlich sei diese Art von Performance-Messung bei anderen Medien auch nicht üblich. Riek hat dafür kein Verständnis: "Man muss sich nicht unbedingt nach den anderen richten, sondern positiv vorangehen." Allerdings hat Riek - so die Replik der E-Mail-Marketer - auch leicht reden. Schließlich müsste er als Listbroker die Kosten für die Messung auch nicht bezahlen. Anders die E-Mail-Marketer, die ihre Teilnahme an dem System folglich auch von der Höhe der Summen, die zurzeit nicht einmal annähernd feststehen, abhängig machen. "Wenn das System zu teuer ist, wird es keine Akzeptanz im Markt geben", sagt Höfner.

Um dies zu verhindern, kann sich die DDV-Mitarbeiterin aber auch vorstellen, dass zunächst nur abgespeckte Versionen gestartet werden. Oder die Branche folgt gleich dem deutlich preisgünstigeren Vorschlag des Absolit-Geschäftsführers Schwarz. Dieser favorisiert das Verfahren, Kontrolle durch Vertrauen zu ersetzen. Das würde seiner Meinung nach auch funktionieren. Der Grund: Der Aufwand, die Lügen, sprich gefälschte Zahlen, zu verwalten, sei deutlich höher, als ehrlich zu sein. Zumal die Unwahrheiten früher oder später ohnehin herauskämen, zum Beispiel durch ehemalige Mitarbeiter.

Außerdem sei es deutlich günstiger, die Websites - wie gehabt - mit Zählpixeln zu versehen. Dadurch können die Abrufe der Newsletter-Links recht zuverlässig gemessen werden. Laut InfOnline-Chef Dr. Wolfgang Neuber ist dies bislang das einzig funktionierende Mess-System. Wie viele Mails bei den Kunden ankommen, könne aber nicht genau gemessen werden. "Kein Mensch weiß, wo die E-Mails landen", sagt Neuber. Es sei lediglich möglich, Stichproben zu nehmen und diese dann hochzurechnen. Eine weitere - fast technikfreie Alternative - besteht für Schwarz darin, dass sich die Werbetreibenden zusammenschließen und die Erfahrungen austauschen, die sie mit E-Mail-Marketern und Dienstleistern gemacht haben. So könnten schwarze Schafe rechtzeitig isoliert und Schaden von der Branche abgewendet werden. brö

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