"Wir machen nicht nur ein Spaßprojekt"

17.06.2001 - Avatare erzeugen Sympathie und reduzieren Service-Kosten.

Sie heißt Nomi, ist Fachberaterin für die Produkte von Novomind und arbeitet 24 Stunden täglich. Nomi ist halb Mensch, halb Maschine, ein so genannter Avatar, der es dem User ermöglichen soll, schnell die gewünschten Informationen zu finden - und dabei für einen gewissen menschlichen Touch sorgt. Ziel ihres Einsatzes: Förderung von Sympathie und Bekanntheit, geringere Abbruchraten auf den Websites, Förderung von E-Commerce und Reduzierung der Service-Kosten.

Die 1999 in Hamburg gegründete Novomind AG hat sich auf die Herstellung intelligenter Web-basierter Softwarelösungen spezialisiert, auf deren Grundlage die virtuellen Berater "zum Leben erweckt" werden. Dabei ist Novomind für die Entwicklung und Lizensierung des entsprechenden Tools zuständig, anschließend werden Multimedia-Agenturen mit der Gestaltung der Figuren betraut. Zu den Kunden der Hamburger gehören Bertelsmann, bol.de, Gruner + Jahr, Otto Versand sowie der Heinrich Bauer Verlag.
Zum einen haben die Avatare eine schlichte Suchfunktion, ersparen dem User das umständliche Anklicken sämtlicher Links auf der Site - das ist an sich nichts Besonderes. Zum anderen übernehmen sie auch Beratungsdienstleistungen, geben Auskünfte über Produkte oder Services des Unternehmens. Und wer im Internetzeitalter manchmal den persönlichen Kontakt und privaten Small Talk vermisst, der kann in den sprechenden Avataren eine ganz passable Ersatzbefriedigung finden.
So berichtet etwa Pia, die Einkaufsberaterin auf der Bertelsmann-Site derclub.de freimütig von ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern - wenn man sie denn danach fragt.
Mit der Novomind-Software werden alle Informationen, die man im Laufe des Dialogs über den Kunden erhält, gespeichert. Schon beim zweiten Besuch der Site wird man namentlich angesprochen und die Angebotspalette ist an den Interessen des letzten Besuchs orientiert. Der gewünschte Effekt liegt auf der Hand: Der Kunde soll zum Kauf motiviert werden.
Doch auch Service-Dienste können mit den Avataren automatisiert werden. "Ein Großteil der Anrufer eines Call Center stellt doch Standardfragen", erklärt Marco Busacker, Chief Marketing Officer bei Novomind. Deshalb seien die virtuellen Berater so programmiert, dass sie diese Standardfragen direkt und in Echtzeit beantworten können, was zu "einer drastischen Reduzierung der Customer-Service-Kosten" führe. Busacker ist davon überzeugt, dass künftig immer mehr Unternehmen auf diese Technologie setzen werden.
Zwar sind die Entwicklung und Lizensierung des Tools nicht ganz günstig - ein Projekt für einen Novomind-Agenten kostet mindestens 100.000 Mark -, lohne sich finanziell für die Unternehmen jedoch allemal, so Busacker. Eine Studie in den USA habe gezeigt, dass der Einsatz virtueller Einkaufsberater zu einer Verkaufssteigerung von bis zu 20 Prozent führen könne. Ein Avatar ist demnach also mehr als nur ein nettes Unterhaltungselement. Busacker: "Wichtig ist, dass der Kunde kauft. Wir machen nicht nur ein Spaßprojekt!"
Für den Fall, dass der User diffizilere Informationen benötigt, die über die Standardprogrammierung hinausgehen, bietet Novomind ein Tool namens Truetalk an. Das stellt eine Schnittstelle zu einem Communication Center her und ermöglicht einen Live-Chat mit einem Agenten. Dafür hat Novomind eine Partnerschaft mit dem zum Bauer Verlag gehörenden Communication Center Convidis geschlossen.
Über konkrete Umsatzzahlen von Novomind wollte sich Busacker zwar nicht äußern, blickt aber äußerst optimistisch in die Zukunft - und beruft sich dabei auf eine Forrester-Studie, der zufolge die Avatar-Technologie andere Kundenbindungsinstrumente schon im Jahr 2002 weit überragen wird.
Auch die Kölner Charamel GmbH hat sich seit 1999 der Entwicklung virtueller Figuren - man nennt sie sogar Charaktere - verschrieben. Allerdings wird hier Fullservice angeboten, das Unternehmen übernimmt sowohl Programmierung als auch Konzeption und Gestaltung der sprechenden Figuren.
Bei Charamel legt man Wert auf die charismatische Komponente, die Charaktere sollen möglichst vielschichtig und authentisch sein. Sie sind nicht nur aufs Internet beschränkt, sondern crossmedial einsetzbar. Und die Charaktere sind intelligent: Auch sie sind auf Standardfragen programmiert, speichern die Informationen über den Kunden und lernen permanent dazu. Für die Sprachtechnologie lassen sich die Kölner von der Hamburger Software-Schmiede Kiwilogic unterstützen.
Unter Marketinggesichtspunkten eignen sich die Charamel-Charaktere insbesondere fürs Branding, sie sollen Sympathie für die Marke erzeugen und Identifikationsmöglichkeiten bieten. "Der Charakter und die Marke gehören zusammen", so Alexander Stricker, CEO von Charamel. Von dem crossmedialen Angebot macht bislang noch kein Kunde Gebrauch, man befindet sich derzeit in Pitches, berichtet Stricker. Bislang liegt der Schwerpunkt auf Messepräsenzen und Events, hier hat sich u.a. Esprit mit einem virtuellen 3D-Charakter unterstützen lassen. Weitere Kunden sind Aventis, Kaufhof Galeria und Sit & Watch. Zum Umsatz will man sich auch bei Charamel nicht äußern. So viel stehe jedoch fest: Der Break-even ist für Ende 2001 oder Anfang 2002 geplant. sam

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