Thema des Monats

Smart-TV: Wenn aus Zuschauern User werden

05.09.2014 - Mit dem Smart-TV ist nach Smartphone und Tablet das nächste internetfähige Unterhaltungsgerät auf dem Vormarsch. Mittlerweile verfügt einer Studie von Tomorrow Focus Media zufolge mehr als ein Viertel der deutschen TV-Besitzer über ein solches Gerät, Tendenz steigend. Der Einsatz digitaler Technologien und die Vernetzung mit dem Web führen zu neuen Möglichkeiten und verändern das TV-Nutzungsverhalten. ONEtoONE sprach mit Branchenvertretern darüber, welches Potenzial sich aus der Symbiose zwischen TV und Internet ergibt und wie die Zukunft des Fernsehens aussieht.

[f1]"Viele Nutzer erschließen sich gerade das Potenzial von Smart-TVs und werden sich dessen bewusst, was ihr Fernsehgerät so alles kann", sagt Sven Eckoldt, Senior Product Manager beim Medien-Service-Provider Media Broadcast. Es brauche neben spannenden Inhalten auch einen einfachen Zugang, um dem User aufzuzeigen, dass Smart-TV "eine sinnvolle Bereicherung" sein kann. Media Broadcast wolle mit der Plattform multithek daher eine "nahtlose Brücke zwischen Broadcast und Broadband", also dem linearen und digitalen Fernsehen, schlagen und so die Hürde für die Benutzung verringern. Über die multithek habe der User die Möglichkeit, unterschiedliche Angebote von verschiedenen Anbietern zu nutzen. So solle der Eintritt in solche Dienste und Services leichter gemacht werden, denn Angebote von digitalen Content-Anbietern belegen, wie jeder klassische Sender auch, einen Programmplatz der Fernbedienung und sind somit auch in der Kanalliste auf gleicher Ebene integriert, so das Unternehmen. Dadurch werde TV hybrid, ohne dass der Zuschauer auf den ersten Blick einen Unterschied erkenne.

[hl]Verknüpfung von TV und Internet schafft Mehrwerte[/hl]"Der hybride Charakter liegt in der Verknüpfung von Content, aber auch in der Technologie. Klassischer Broadcast und Internetdienste koexistieren über ein Gerät. Eine klare Trennlinie gibt es nicht, die Grenzen verschwimmen, und es entsteht eine neue Produktgattung, die diesen Ansatz miteinander verzahnt", sagt Eckoldt. Für den User erschließe sich dadurch ein Mehrwert, denn er bekomme "mehr Fernsehen". Voraussetzung ist hierfür ein Hbb-TV-fähiges Gerät. Die Infrastruktur sei für den Nutzer hierbei zweitrangig, weil es sich für ihn wie "normales Fernsehen" anfühle. Trotz der fortschreitenden Verzahnung von TV und Internet glaubt Eckoldt, "dass der Fernseher seine Daseinsberechtigung noch für eine ganze Weile behalten wird".

[f3]"Lineares Fernsehverhalten ist ein Supertanker", sagt Lars Friedrichs, Leiter Teletext & Hybrid TV bei ProSieben-Sat1 Digital. "Die tägliche Nutzungsdauer ist in den letzten Jahren sogar noch mal angestiegen." Durch Smart-TVs werde jedoch zusätzlicher Nutzen abgebildet. Es zeichne sich ein ähnliches Nutzungsverhalten ab, wie es aus dem stationären Web bekannt sei. Zuschauer würden gesehene Formate am Smart-TV "nachbereiten" und nach Ende der Sendung Zusatzinformationen und Highlight Videos über das internetfähige TV-Gerät abrufen. Bei Pro-Sieben-Sat1 beobachte man dieses Verhalten beispielsweise bei Formaten wie "Germany`s next Topmodel" oder "The Voice of Germany", die die Red-Button-Funktion mit eigenen Anwendungen unterstützen würden. Diese "Nachbereitung" findet zunehmend mit dem Smart-TV statt, so Friedrichs.

[hl]Zuschauer zu Nutzern machen[/hl]Die Hbb-TV-Technologie, die auch dem Red Button zugrunde liegt, ermöglicht es dem User, während einer Sendung aktiv zu werden. So biete ProSieben-Sat1 dem Nutzer die Möglichkeit, über dieses Angebot andere Apps wie Games, Videotheken und andere Anwendungen aufzurufen. Bei Pro-Sieben Connect könne der User parallel zum laufenden Format beispielsweise an Umfragen, Votings und Quizzes teilnehmen. Dies werde laut Friedrichs genutzt, auch wenn der Großteil auf dem Second Screen stattfindet. "Hier braucht es sicherlich ein Stück weit Geduld. Der Fernseher ist ja ein ganz klassisches Gerät. Die Zuschauer müssen hier erst mal lernen, dass sie mehr als Zuschauer sein können", so Friedrichs. Zuschauer, die einmal zum Nutzer geworden seien, würden dann jedoch immer wiederkehren.

Wichtig sei hierbei, den "Benutzer an die Hand zu nehmen, ihm Orientierung zu bieten und aufzuzeigen, das ist ein Inhalt, der dir gefallen könnte, und so kommst du daran", sagt Sven Eckoldt. "Hier müssen die Hürden niedrig gehalten werden. Der User soll schnell und einfach zum Ziel geleitet werden." Dabei sei die Usability enorm wichtig, damit "die Services akzeptiert werden und der User seine neue Rolle als Programmmitgestalter nicht als Last empfindet, sondern als etwas, wovon er profitiert", so Eckoldt.

[f2]Ralf Klassen, Gründer der Web-Video-Agentur OneTV, räumt dem Fernseher "momentan noch eine wichtige Stellung im Bereich Consumer Electronic" ein. Die Mediennutzungszeit auf diesem Gerät sei "noch überragend", aber es fange langsam an, "signifikant zu bröckeln". "Ich glaube, wir werden zusteuern auf die Lösung eines großen Bildschirms, über den die gesamte digitale Kommunikation laufen wird. Sicherlich wird es auch noch lineares Fernsehen geben, aber nur als eines von vielen Angeboten. Lineares Fernsehen hat weiterhin seine Daseinsberechtigung, aber in viel kleinerem Rahmen als bislang", meint Klassen.

[hl]Bedienung muss einfacher werden[/hl]"Das Fernsehen, wie wir es kennen, wird es in zehn Jahren nicht mehr geben. Das Thema Smart-TV spielt dabei eine untergeordnete Rolle", sagt der OneTV-Gründer. Die gesamte Entwicklung von Smart-TVs habe leider an Tempo und Dynamik verloren, weil sich die Hersteller nicht rechtzeitig auf einen gemeinsamen Standard geeinigt hätten. Dies sei das große Problem der Branche, meint Klassen. Inhalteanbieter seien seit Jahren mit "wahnsinnig unterschiedlichen Anforderungen", die von Hersteller zu Hersteller variieren, konfrontiert. Das habe die Dynamik des Marktes enorm gebremst.

"Vor wenigen Jahren konnten nur ganz wenige etwas mit dem Begriff Smart-TV anfangen", sagt Klassen. Dies habe sich inzwischen gebessert. Initiativen hätten das Thema bekannter gemacht. Allerdings sei die Vielzahl der Möglichkeiten, die die Technologie im Prinzip biete, noch nicht beim Nutzer angekommen. Dies liege laut Klassen vor allem an der Bedienbarkeit der Geräte. "Viele Smart-TV-Lösungen haben vonseiten der Hersteller nach wie vor noch große Probleme bei der Bedienbarkeit. Andere Systeme wie Set-top-Boxen, wie Apple-TV oder Xbox und Playstation sind da in der Bedienbarkeit viel freundlicher und einfacher."

Die Deutsche TV-Plattform unterstützte im vergangenen Jahr die Hersteller-Handels-Kampagne "Smarter Fernsehen" sowie die Initiative "Auf ROT geht`s los - meine Taste für smartes Fernsehen" der deutschen Programmveranstalter, die das Thema in der Bevölkerung bekannter machen sollte. Die Maßnahmen haben offenbar Früchte getragen. Laut einer Studie der gfu -Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik wissen 42 Prozent der Deutschen, wofür Smart-TV stehe. Im Vorjahr waren es nur 24 Prozent. Nur 15 Prozent ist der Begriff unbekannt (Vorjahr 34 Prozent). Auch bei den Hauptgründen für eine TV-Neuanschaffung kann der Trend zu smarten TV-Funktionen zulegen. So nannten 2013 noch 39 Prozent dieses Kriterium, in diesem Jahr waren es bereits mehr als die Hälfte (63 Prozent).

[f4]"Neben allgemeinen Berührungsängsten mit dem Thema, der mangelnden Kenntnis über die Vorteile von Smart-TV und der Nichtverfügbarkeit geeigneter Internetanschlüsse sehen wir aktuell zwei Hauptgründe als ,Bremse` für smartes Fernsehen", sagt Carine Léa Chardon, Geschäftsführerin der Deutschen TV-Plattform. "Das sind zum einen die noch nicht ausreichend einfache, intuitive Bedienbarkeit und zum anderen Fragen der Sicherheit beziehungsweise des Datenschutzes." Hier setze der Verein mit seinen Aktivitäten insbesondere mit seiner Arbeitsgemeinschaft Smart-TV an. Ziel sei die Aufklärung durch Experten, heißt es.

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