29.08.2011 - Vor rund einem Jahr hat der Web-Konzern United Internet seine Dialogmarketing-Angebote in der neuen Tochter United Internet Dialog (UID) gebündelt. Das Unternehmen hat sich hohe Ziele gesetzt: ein Zehntel bis ein Neuntel des gesamten digitalisierten Dialogmarktes soll an UID gehen. ONEtoONE fragte nun die Geschäftsführer Matthias Ehrlich und Jürgen Seitz wann die De-Mail startet, wie viele Abonnenten das digitale Kiosksystem Free Reader verzeichnet und wie UID den eigenen Anspruch, sich ein Zehntel bis Neuntel des gesamten Dialogmarktes zu sichern, verwirklichen will.
ONEtoONE: Sind Sie zufrieden mit dem bisherigen Geschäftsverlauf von UID?
Matthias Ehrlich: Ja. Das erste Jahr ist sehr positiv verlaufen. Wir werden in diesem Jahr wie vorgegeben einen deutlich zweistelligen Millionenumsatz erzielen. Zudem haben wir wichtige Kooperationen geschlossen wie etwa mit der Deutschen Telekom. Und drittens erleben wir immer wieder, dass unsere UID-Produkte auch von den Kollegen aus dem Advertising-Bereich, also von United Internet Media, als interessant für ihre Kunden erachtet werden.
ONEtoONE: Im März sagten Sie, dass Sie bis Ende des Jahres auf über 60 Mitarbeiter wachsen und Gewinne einfahren wollen - gilt das noch?
Ehrlich: Ja. Letzteres bezieht sich natürlich auf den operativen Gewinn vor Abschreibungen. Wir investieren ja gerade sehr viel. Gerade stehen wir etwa vor einer weiteren Welle an Produktlaunches. Beim Aufbau der Organisation hängen wir zurzeit noch etwas hinterher. An unseren Plänen, bis zum Ende des Jahres auf mehr als 60 Mitarbeiter zu wachsen, halten wir aber fest.
ONEtoONE: Wie sollen sich bei United Internet langfristig gesehen die Umsatzanteile zwischen klassischer Online-Werbung (United Internet Media) und Dialogmarketing aufteilen?
Ehrlich: Wenn UID weiterhin so erfolgreich ist, werden wir mittelfristig einer Umsatzverteilung von einem Drittel UID und zwei Dritteln UIM sehr nahe kommen. Ersteres mag zunächst ein wenig hoch erscheinen, allerdings darf man nicht vergessen, dass wir mit unseren Lösungen zur Ansprache von Bestandskunden etwas anbieten, was die klassische Werbung kaum bis gar nicht abdeckt. Wir erschließen uns hier also einen zusätzlichen Markt. Es gibt außerdem überall im Markt eine Rückbesinnung auf Bestandskundenkommunikation, weil diese kostengünstiger ist als die Akquise eines Neukunden, den man mühsam und mit teuren Zusatzversprechen einem Mitbewerber abwerben muss.
ONEtoONE: Haben Sie mit UID mehr Direktkunden oder wenden Sie sich stärker an Agenturen?
Ehrlich: Anders als in der klassischen Werbung übernehmen Agenturen im Dialogmarketingmarkt nur selten die Komplettverwaltung eines Budgets sondern sind eher kreative Dienstleister. Wir haben deswegen mit UID sehr starke Direktkontakte zu Unternehmen. Oft ziehen diese dann Agenturen hinzu.
ONEtoONE: Kernelement ihres Angebots sind ja die 30 Millionen Postfächer von GMX und WEB.DE - wie entwickeln sich hier die Nutzerzahlen?
Ehrlich: Wir wachsen mit dem Markt. Gut ist, dass wir unter den E-Mail-Anbietern die größte Marktdurchdringung bei den Unter-20-Jährigen haben. Die von manchen propagierte Bedrohung durch Social Media sehen wir in den Zahlen nicht.
ONEtoONE: Wann wird Ihr De-Mail-Dienst starten?
Jürgen Seitz: Gemäß dem De-Mail-Gesetz müssen sich alle Anbieter zertifizieren lassen. Deswegen müssen wir die De-Mail auch vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) prüfen lassen. Dabei sind wir natürlich auf die Geschwindigkeit des BSI angewiesen. Nach aktuellem Stand schätzen wir, dass die Zertifizierung Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein wird.
ONEtoONE: Die De-Mail wird also erst danach nutzbar sein?
Seitz: Ich gehe davon aus, dass wir im zweiten Quartal 2012 starten können, allerdings sind wir hier von der Zertifizierung durch das BSI abhängig.
ONEtoONE: Wie viele Unternehmen nutzen derzeit ihr E-Mail-Siegel Trusted Dialog?
Seitz: Zurzeit sind das in etwa 25 Marken. Wir schalten im Moment pro Monat circa drei bis vier neue Kunden bei Trusted Dialog frei. Ich gehe davon aus, dass sich das Kundenwachstum in den nächsten Monaten noch einmal beschleunigen wird.
ONEtoONE: Sie wollen die "Hochglanzmail" etablieren, unter anderem durch die Einbindung von Videos in E-Mails. Funktionieren Produkte wie Play-Up-Videomail auch in den Posteinängen ihrer Partner wie der Deutschen Telekom?
Ehrlich: Unser Ziel ist, nicht nur die Play-Up-Videomail, sondern auch alle Folgeprodukte an unsere Partner weiterzugeben. Aktuell läuft die PlayUp!-Videomail nur bei GMX und WEB.DE. Das liegt aber daran, dass der Eingriff in Mail-Systeme sehr komplex ist. Wir haben keine Produktdiskussionen im Hause, die schwieriger sind als jene, bei denen wir direkt am Herzen der Mail-Maschine operieren. Deswegen kommen neue E-Mail-Produkte typischerweise mit einer Verzögerung von einem bis zweieinhalb Quartalen bei den Partnern an.
ONEtoONE: Können Sie schon etwas zu den Folgeprodukten sagen?
Seitz: Wir planen weitere interaktive Möglichkeiten in der Mail, durch die Nutzung von Technologien wie Flash und HTML5. Und wir wollen die kreativen Möglichkeiten erweitern. Dazu werden wir auf der DMEXCO einen Case präsentieren und ein neues Produkt ankündigen.
ONEtoONE: Sie haben vor Kurzem den Free Reader gestartet, über den die GMX- und WEB.DE-Kunden in ihrem Post-Eingang Prospekte, Kataloge und Zeitschrifen digital lesen können. Wie ist da das Geschäftsmodell?
Seitz: Wir glauben fest an das Freemium-Modell, also eine Mischung aus Gratis- und Bezahlangeboten. Wir bieten bei Zeitschriften werbefinanzierte Gratisausgaben oder Gratis-Leseproben sowie die Möglichkeit, bei den Verlagen ein bezahltes Premium- Abo abzuschließen. So wollen wir den Leuten Appetit auf digitales Lesen machen. Mit unseren Partnern schließen wir Hybrid-Deals aus einer fixen und einer variablen Komponente ab. Das wird individuell aufgeteilt. Bei den Prospekten wird die Distribution abgerechnet.
ONEtoONE: Das heißt die Unternehmen zahlen für den Klick auf den Prospekt?
Seitz: Auch hier gibt es Hybrid-Deals mit leistungsabhängigen Komponenten. Das genaue Modell ist individuell. Der Markt ist zurzeit aber noch klein und steht noch am Anfang. Das Thema hat ja erst im letzten Jahr an Momentum gewonnen. Da werden sich die finalen Geschäftsmodelle noch herausbilden.
ONEtoONE: Können Sie Auskunft zur Zahl der Nutzer und abgeschlossener Abos im Freereader machen?
Seitz: Der Free Reader ist gerade erst gestartet, deswegen ist es noch zu früh für konkrete Zahlen. Nur so viel: Der gesamte E-Reading-Markt ist noch auf geringem Niveau, wir liegen aber im Plan. Wir haben uns ein großes Wachstum vorgenommen und sind sehr zuversichtlich. Wir haben beispielsweise gerade die neue Funktion freigeschaltet, die Sie informiert, sobald neue Prospekte eingestellt werden. Da ist noch einiges in der Pipeline, von dem wir glauben, dass das bei den Nutzern gut ankommen wird.
ONEtoONE: Sie haben im März außerdem eine "Dialog Relevance Platform" (DRP) angekündigt - was verbirgt sich dahinter?
Ehrlich: Mit der DRP verknüpfen wir Targeting und CRM. Die Plattform soll es möglich machen, die Insights aus beiden Welten zu nutzen und den Dialog gemeinsam mit den Kunden relevanter zu gestalten. Ein Beispiel: Mit Targeting können wir unterscheiden, ob ein User sich potenziell eher für BMW, Audi oder Mercedes interessiert. BMW selbst weiß dann beispielsweise, ob der Kunde eher an einem Dreier- oder einen Fünfer-BMW interessiert ist, oder auch wer eher einen Aufpreis für eine Klimaanlage statt für eine Sportausstattung zahlt. Wir können also innerhalb einer Kampagne entsprechend verschiedene Werbemittel schalten, die jeweils die unterschiedlichen Interessen der Verbraucher ansprechen.
ONEtoONE: Ist das nicht datenschutzrechtlich heikel?
Ehrlich: Absolut nicht. Alles, was wir tun, ist datenschutzrechtlich konform. Wir führen ja keine Daten zusammen, sondern kombinieren nur Insights. Und wohlgemerkt: Unsere Targeting-Technologie TGP basiert zu einem großen Teil auf Hochrechnungen und ist datenschutzrechtlich zertifiziert. Selbiges ist auch bei DRP in Arbeit.
ONEtoONE: Welche Rolle spielt die neue Plattform für UID?
Ehrlich: Dieses System ist für uns sehr wichtig, weil mit diesem Pfeiler die drei Bestandteile unseres Dialog-Ökosystems - Vertrauen und Sicherheit, ein hochwertigeres Nutzungserlebnis und Relevanz - komplett sind. Es geht bei uns nicht um ein einzelnes Produkt, sondern um einen ganzheitlichen Ansatz der Optimierung des Dialogmarketings in diesen drei qualitativen Wirkungsfeldern. Natürlich hat jede dieser Säulen auch für sich genommen eine Funktion. Wenn man aber alle drei Felder gleichzeitig bearbeitet, erzielt man jene Quantensprünge in der Leistungs- und Wirkungsoptimierung, die wir uns und dem Markt versprechen. Auf diese Weise wollen wir uns ein Neuntel oder Zehntel des gesamten Dialogmarketingmarktes sichern. Wir glauben, dass unser System qualitätsfördernd für den ganzen Markt sein wird. Wir haben um dieses Ökosystem intern in langen Gesprächen massiv gerungen und mehrfach verschiedene Modelle verworfen. Es ging uns nicht einfach darum, etwas Vorhandenes effizienter zu machen, und die massive Geldvernichtung, die durch die Digitalisierung droht, anzufachen. Wir weisen die Kollegen, denen das vielleicht noch gar nicht bewusst war, darauf hin, dass man die momentanen Ausgaben für Dialogmarketing nur halten kann, indem man mehr Leistung bringt und damit mehr Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit erzielt. Wir wollten hier ein Modell finden, das wirklich einen neuen Start ermöglicht.
[k](Das Gespräch führte Roland Eisenbrand)[/k]
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