29.08.2011 - Wenn die Preise für klassische, breit verteilte Prospekte noch weiter runtergehen, ist eine qualitative Arbeit kaum mehr möglich. Die reine Zustellung wird eindeutig unter Wert bezahlt", sagt Markus Engel, Gründer und Vorstandsvorsitzender des Haushaltswerbung-Dienstleisters Engel AG. Denn auch wenn die Zahlen, die der Werbe-Vertriebs-Organisationen Verbund (WVO) für 2010 erhoben hat, zeigen, dass immerhin 42,1 Prozent der Mitgliedsunternehmen gestiegene Umsätze verzeichnen konnten, geben die privaten Zusteller von unadressierter Werbung gegenüber ONEtoONE an, dass ihnen der Preisverfall zu schaffen mache.
"In Deutschland haben wir deutlich mehr Wettbewerb als in anderen europäischen Ländern", sagt Walter-Werbung-Geschäftsführer Sven Walter. "Dadurch verfallen die Preise, und eine seriöse Verteilung ist nur noch schwer darstellbar."
Der Preisverfall sorge jedoch auch für eine Marktbereinigung. "Der bestehenden hohen Marktmacht bei den Einkäufern steht eine zunehmende Konzentration unter den Dienstleistern entgegen. Am Beispiel der Insolvenz der PNP zeigt sich eine beginnende Tendenz zur Marktbereinigung", sagt Sebastian Mitter, Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung bei Prospega. TNT Direktwerbung firmierte nach einem Management-Buy-out im Januar 2010 in PNP um. Im Februar 2011 musste PNP Insolvenz anmelden.
Doch auch wenn die Preise wieder anziehen würden, sei es damit nicht getan. Die Verteiler von unadressierter Werbung profitieren zwar von der Bundesdatenschutznovelle, deretwegen neue Unternehmen von adressierter auf unadressierte Werbung umsteigen. Doch diese Unternehmen haben auch höhere Ansprüche. Dazu kommen Online-Dienstleister wie Kaufda, Groupon und Co., deren Geschäftsmodelle die klassischen gedruckten Werbemittel ins Internet übertragen.
"Die Dienstleister für unadressierte Werbung müssen sich neu positionieren", fordert daher Martin Jacobi, Vorsitzender des Councils Zustellung beim DDV (Deutscher Dialogmarketing Verband) und Geschäftsführer bei Egro Direktwerbung. "Die klassischen Zusteller müssen die Situation als Chance begreifen, verstärkt beraten und zum Lösungsanbieter werden", so Jacobi weiter. Dabei würden von den Kunden zukünftig nicht nur qualitativ hochwertige und aufmerksamkeitsstarke Werbemaßnahmen gefordert, sondern auch die Verknüpfung von Kanälen hin zu crossmedialen Kampagnen sowie die Klassifizierung von Zielgruppen, um Streuverluste zu minimieren. "Denn die Kunden honorieren strategische Leistungen", so Jacobi.
Dass nicht nur im Online-Marketing Targeting ein Erfolgsmodell ist, hat mittlerweile die gesamte Branche erkannt. Die Dienstleister versuchen sich durch zielgruppengenaue Zustellung auf Basis von mikrogeografischen Daten voneinander zu differenzieren (s. Seite 12). "Es gibt eine Verlagerung von der breiten, flächendeckenden Zustellung hin zur Planung und Verteilung selektierter Zielgruppen und damit zur Verringerung der Streuverluste", sagt Norbert Gurklies, Geschäftsführer von TD Teamdirekt. "Es gilt Klasse statt Masse."
Auch Markus Engel hat die Hoffnung, dass selektive Produkte und Qualität in der Kombination mit Geomarketing der Branche neue Wachstumschancen eröffnen. "Beim Targeting kommt es sehr auf die Qualität des Dienstleisters an", sagt Engel. Bei der Interpretation, was Geomarketing sei, gingen die Ansichten teils auseinander. "Bei uns im Unternehmen hat sich die Mitarbeiterstruktur in den vergangenen fünf Jahren sehr verändert." So seien deutlich mehr Spezialisten wie Geografen und Analysten im Unternehmen beschäftigt.
Der Geomarketing- und Adress-dienstleister Deutsche Post Direkt, Tochter der Deutschen Post, setzt ebenfalls ganz auf seine Kompetenzen im Targeting. "Unsere Beratungsleis-tung nimmt zu, da der Trend immer mehr hin zu spezifischer Segmentierung und dezidierten Zielgruppen geht. Dementsprechend verbessern wir ständig unsere Analysemethoden, versuchen die Daten weiter anzureichern und optimieren die Verteilung", sagt Geschäftsführer Oliver Reinke. Für die Targeting-Maßnahmen würden die Werbetreibenden auch mehr Geld ausgeben. "Denn durch die Optimierung können sie Streuverluste vermeiden und Budgets zielgenauer einsetzen." Um den Kunden neben den Basisdaten auch ungewöhnlichere Segmentierungsmerkmale zu bieten, experimentiert die Deutsche Post Direkt aktuell mit neuen Produkten. "Eine Entwicklung, die den Trend zu spezifischen Segmentierungen bedienen soll, ist der so genannte "Social Graph". Er macht es möglich, Kundendaten mit Informationen über Social-Media-Aktivitäten anzureichern", erläutert Reinke. "Hier sind wir allerdings noch in der Testphase."
Wer sich im Preiskampf neue Umsatzquellen verschaffen will, muss nach Aussage von Jacobi in mehreren Segmenten nachrüsten und den Betrieb umstellen. Allein mit verbessertem Targeting sei es nicht getan. Um der Werbung eine höhere Aufmerksamkeit im Briefkasten zu verschaffen, bietet die Engel AG den Werbetreibenden zum Beispiel Ausweichtage für die Zustellung an. So können die Kunden gegen einen Aufpreis sogar exklusiv im Briefkasten der Zielgruppe landen. Auch Sonderformate wie der klassische Türhänger erleben nach der Meinung vieler Haushaltswerber eine Renaissance, haben aber nach wie vor mit Vorurteilen zu kämpfen.
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