30.12.2010 - Wer im Internet erfolgreich sein will, Reichweite aufbauen und User erreichen möchte - der darf auf keinen Fall vernünftiges Deutsch schreiben. Suchmaschinen hassen vernünftiges Deutsch. Google und Bing werden gute Texte auf die hintersten Ränge ihrer Suchergebnislisten verbannen. Keine Chance, User zu erreichen; gutes Schreiben schadet im Netz. Die Lösung ist naheliegend: Schreiben Sie schlecht!
Damit Suchmaschinen Ihre Web-Seite mögen, müssen Sie langweilige Texte schreiben. Sie müssen kurze Texte schreiben. Wenn Sie das getan haben, kürzen Sie nochmals um die Hälfte. Kein Satz mit mehr als sieben Wörtern, höchstens neun. Nebensätze? Geht gar nicht! Zusammengesetzte Wörter? Typischer Anfängerfehler. Bei Suchmaschinen heißt es nicht Karnevalskostüm, sondern Karnevals Kostüm. Nicht Butterbrotpapier, sondern Butter Brot Papier. Ob uns Deutschen das passt oder nicht, so sind nun mal die Internet-Regeln.
Vor allem aber müssen Sie Suchmaschinen andauernd signalisieren, worum es in Ihrem Text eigentlich geht. Das Keyword ist entscheidend. So entscheidend, dass es möglichst oft in Ihrem Text vorkommen muss. Zwei Prozent Keyword-Dichte ist die Untergrenze. Besser noch fünf Prozent, am besten sieben. Am Textanfang gerne noch ein bisschen mehr. Etwa jedes fünfzehnte Wort Ihres Textes muss das entscheidende Keyword sein, sonst sind Sie verloren. Das kann zwar kein Mensch vernünftig lesen, beim Vorlesen gibt´s sogar Knoten in der Zunge - aber es nützt nichts, nur schlechtes Deutsch hat online eine Chance.
All das ist himmelschreiender Unsinn. Humbug, noch immer von vielen selbst ernannten Experten für Search Engine Optimization (SEO) verbreitet. Es ist unverändert eine Herausforderung, eine Web-Seite optimal auf die wichtigen Suchmaschinen zuzuschneiden, um auch deren User zu erreichen. Doch diese Herausforderung ist eine Frage der Technologie, der Struktur von Inhalten, des Aufbaus der Seite und der Vernetzung mit anderen Online-Angeboten. Wenn es darum geht, wie ein guter und reichweitenstarker Online-Text auszusehen hat, sollten Sprachquacksalber den Mund halten.
Schreiben Sie gut: verständlich und aktiv. Befolgen Sie Regeln, die schon immer für gutes Schreiben galten. Schreiben Sie korrekt. Ein Adventskalender ist kein Advents Kalender. Beginnen Sie Texte mit einem Einstieg, der zum Weiterlesen animiert. Schwafeln Sie nicht. Informieren Sie den Leser, nehmen Sie ihn an die Hand, unterhalten Sie ihn. Fangen Sie gar nicht erst an, Prozentzahlen von Keywords zu erfassen. Lesen Sie sich den Text selbst laut vor. Klingt gut? Gut. Klingt nicht gut? Verbessern! Langweilen Sie Ihre Leser nicht. Niemals.
Suchmaschinen sind viel schlauer als noch vor fünf Jahren. Sie erkennen Rechtschreib- und Grammatikfehler, haben semantisches Verständnis entwickelt. Es ist unnötig, in einem Text 30-mal das wichtige Keyword zu erwähnen. Google ist nicht doof. Suchmaschinen messen auch, wie lange User auf einer Web-Seite verweilen. Ein Besucher, der durch schlechte Texte vergrault wird? Minuspunkt.
Suchmaschinen sind zudem nicht alles. Das Netz wird sozial. Facebook und Twitter werden wichtiger für die Verbreitung von Inhalten. Was glauben Sie: Wie viele Menschen empfehlen Freunden oder Kollegen einen richtig schlechten Text oder auch nur einen mittelmäßigen? Genau.
Schreiben Sie einfach einen guten Text über Ihr Thema. Einen sehr guten Text. Vielleicht sogar den besten, den es online gibt.
P.S. Das Wort Google kommt im obigen Text zweimal vor. Dies entspricht einer Keyword-Dichte von 0,3 Prozent.
Dirk Westphal ist Chefredakteur des Autorennetzwerks Suite 101.
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