08.09.2010 - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute in einem Urteil das staatliche Glücksspiel-Monopol in Deutschland gekippt: Es sei nicht mit dem europäischen Recht vereinbar. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) und der Hightech-Verband Bitkom begrüßen das Urteil.
Der deutsche so genannte Glücksspielvertrag habe nicht effektiv dazu beigetragen, "die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen", so der EuGH in der Begründung des Urteils. Die deutsche Regelung lasse sich deswegen nicht mit der Motivation rechtfertigen, "Anreize zu überhöhten Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen". Sie dürfe, so bestimmte das Gericht, auch während der Zeit, die erforderlich ist, um sie mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen, nicht weiter angewandt werden.
Wegen des Monopols durften bisher nur staatliche Anbieter in Deutschland Sportwetten anbieten und bewerben. Teilweise vermittelten private Unternehmen in Folge Sportwetten aus dem Ausland. Andere Online-Glücksspielanbieter wie Tipp 24 mussten ihr Deutschlandgeschäft stark zurück fahren und strichen demzufolge auch einen Großteil ihrer hiesigen Werbebudgets.
Kein Wunder also, dass Vertreter von Werbewirtschaft und von Dienstleisterseite das Urteil begrüßten. Der ZAW sieht nun die Möglichkeit für einen "lauteren und fairen Wettbewerb" im Glücksspielsektor. Der Verband habe sich immer für eine kontrollierte Marktöffnung des Glücksspielwesens mit einer wettbewerbsorientierten Werberegulierung eingesetzt. Den Bürgern müssten legale und sichere Spielmöglichkeiten angeboten werden, um ihnen die Motivation zu nehmen, am illegalen Markt wie für Sportwetten teilzunehmen. "Mit einer kontrollierten Marktöffnung kann das Glücksspielwesen mithilfe der gesamten Bandbreite existierender Regulierungsmechanismen einschließlich selbstdisziplinärer Initiativen der Werbewirtschaft in geregelte Bahnen gelenkt werden", so ein ZAW-Sprecher.
Auch der Bitkom begrüßte das Urteil und bezeichnete die bisherige Regelung als widersprüchlich: "So dürfen deutsche Firmen zwar stationäre Automatenspiele oder Online-Pferdewetten anbieten, aber keine anderen Internet-Sportwetten." Gerade für die hiesige Internet-Wirtschaft und ihre Dienstleister habe dies Folgen: "Wenn wir solchen Anbietern in Deutschland den Strom abdrehen, spielt die Musik eben im Ausland", so Bitkom-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer. Andere EU-Länder wie Frankreich, Italien und Dänemark hätten bereits entschieden, den Markt für private Anbieter zu öffnen. Scheer: "Statt die Kunden de facto zu ausländischen Anbietern zu treiben, sollten die Länder endlich vernünftige und praxisnahe Regeln für den deutschen Markt aufstellen." In diesem Rahmen sei auch die Prävention gegen Spielsucht bedeutend leichter zu bewerkstelligen. "In der digitalen Welt hat das Glücksspiel-Monopol ausgedient", meint Scheer. "Wir sollten uns nicht an verstaubte Gesetze aus der Vorkriegszeit klammern, sondern dafür sorgen, dass sich junge Internet-Firmen in Deutschland ansiedeln."
Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) hieß das Urteil ebenfalls willkommen. "Die bloße Fortentwicklung des bestehenden Glücksstaatsvertrages für die staatlichen Angebote wäre schon angesichts der bisherigen Erfahrungen bei Lotto eine Sackgasse - die Länder sollten vielmehr die Möglichkeit ergreifen, in ein reguliertes und kohärentes System mit privaten Anbietern zu wechseln", sagte Thomas Deissenberger, Sprecher des VPRT-Arbeitskreises Wetten. "Bislang werden den Medienunternehmen in einem ohnehin schwierigen Werbemarkt erhebliche Einnahmen entzogen, während internationale Sportwettenanbieter im Rahmen ihrer Marketingbudgets ihre Werbung ausschließlich bei ausländischen Medienunternehmen einbuchen."
Jörg Wacker, Direktor des Sportwettenanbieters Bwin, sieht die Entscheidung des Gerichts "als historische Chance, Glücksspiel in Deutschland unter Berücksichtigung aller Vertriebskanäle zeitgemäß und richtungsweisend zu regulieren."
Die Tipp 24 hat unterdes angekündigt, das Deutschlandgeschäft wieder aufzunehmen. "Wir gehen davon aus, dass wir unser Geschäft der Vermittlung staatlicher Lotterien in Deutschland, wie wir es erfolgreich bis Ende 2008 betrieben haben, in naher Zukunft wieder aufnehmen können", sagte Dr. Hans Cornehl, Vorstand der Tipp24 SE. (re)
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